Anne Will: Mal wieder Bauchrednerpuppe der Versicherungswirtschaft

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"Kann ich von meiner Rente noch leben? Diese Sorge bleibt – obwohl im Juli nach jahrelangen Nullrunden wieder eine Erhöhung der Altersbezüge ins Haus steht. Denn tatsächlich ist die Kaufkraft der Renten in den vergangenen Jahren stetig gesunken. Angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise wächst die Sorge um die Sicherheit der Lebensversicherungen, das Vertrauen in die gesetzliche Rentenversicherung nimmt ebenfalls ab: Zwei von drei Bürgern rechnen nach einer neuen Studie damit, dass sie sich in ihren Rentenjahren einschränken müssen, der Deutsche Gewerkschaftsbund warnt gar vor einer "düsteren Zukunft", vor einer "Altersarmut ungeahnten Ausmaßes" und davor, dass künftig jeder dritte Rentner auf Sozialhilfeniveau leben werde. Ist die Armut im Alter schon jetzt Alltag in Deutschland? Wie dramatisch wird sie die zukünftigen Rentner-Generationen treffen? Ist das Festhalten am System der gesetzlichen Rentenversicherung deshalb noch zeitgemäß? Und müssten vielleicht reiche Rentner mehr zahlen, um armen Rentnern zu helfen?" Das ist der Einleitungstext zur Anne-Will-Sendung vom Sonntag, den 8. Februar 2009.
Quelle: ARD

http://daserste.ndr.de/annewill/aktuelle_sendung/erste316.html






http://daserste.ndr.de/annewill/archiv/gaesteliste224.html



Auf dem Sofa saßen Heiner Geißler, der im Rahmen seiner Möglichkeiten die gesetzliche Rente so gut zu verteidigen versuchte, wie es ging. So stellte er die Frühverrentungswelle der 80er und 90er Jahre als aus damaliger Sicht richtige Maßnahme dar, um die frei werdenden Stellen in den Betrieben mit Berufsanfängern zu besetzen; allerdings hätten die Arbeitgeber das Instrument zweckentfremdet, um Stellen abzubauen und sich zu diesem Zweck an Rentenversicherungsbeiträgen zu bereichern.

Heide Simonis Argumentationen gingen nur teilweise in die richtige Richtung. Sie plädiert für eine steuerfinanzierte Rente und bietet keine Antwort, wer für wen und wie viel die steuerfinanzierte Rente zahlen soll. Auch den leider nicht unberechtigten Vorwürfen, die rot-grüne Bundesregierung sei für die jetzige und kommende Altersarmut verantwortlich, kann sie nichts entgegnen.

Martin Lindner

http://www.martin-lindner.info/lindner/standpunkte

ist Fraktionsvorsitzender der FDP im Berliner Abgeordnetenhaus. Von seinem Stellvertreter kam vor einigen Wochen der Vorschlag

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,druck-596596,00.html

, Erwerbslose auf Rattenjagd zu schicken. Von ihm kommen die üblichen Textbausteine über demografischen Wandel und die Notwendigkeit privater sowie betrieblicher Altersvorsorge. Die Finanzkrise und vernichtetes Kapital im Pensionskassenbereich beeindrucken ihn nicht. Es kommt auch niemand auf die Idee, ihn konkret anzusprechen.

Die so genannte Schauspielerin Mariella Ahrens betreibt nicht nur einen Verein zur Unterstützung älterer pflegebedürftiger Menschen

http://www.lebensherbst.de/html/index.html

, sondern plädiert auch unbedingt für private Vorsorge sofort ab dem ersten Verdienst. Vor einigen Jahren wühlte sich Mariella Ahrens noch bei RTL durch den Dschungel und scheint seitdem für politische Diskussionen qualifiziert zu sein. Um ihre eigene Altersvorsorge braucht sich Frau Ahrens seit ihrer Hochzeit

http://www.spiegel.de/panorama/leute/0,1518,druck-493135,00.html

mit einem gräflichen Neffen aus der Schreibartikel-Dynastie Faber-Castell auf jeden Fall keine Sorgen zu machen.

Der Knüller war aber mal wieder der so genannte unabhängige Finanzberater Bernd Klöckner

http://www.berndwkloeckner.com/

, der sein Geld auch mit Büchern wie "Schafft die Rente ab!"

http://www.amazon.de/s/ref=nb_ss_w_0_9?__mk_de_DE=%C5M%C5Z%D5%D1&url=search-alias%3Daps&field-keywords=bernd+kl%F6ckner&sprefix=Bernd+Kl%F6

sowie Motivations-Voodoo

http://www.kloecknerinstitut.com/

für Versicherungsvertreter verdient. Bernd Klöckner ist ein klassischer Vertreter der Gattung Berater, die am Niedergang der gesetzlichen solidarischen Rentenversicherung besonders gut verdienen. Er argumentiert, die Rente sei wirklich sicher, allerdings nur in Höher einer Minimalversorgung auf Höhe des Existenzminimums. Warum die Rentenhöhe aus einem kapitalgedeckten Rentenmodell besser sein und vor Altersarmut schützen sollte, erklärt Klöckner nicht. Warum auch – niemand fragt ihn. Mal wieder liefert die ARD Volksverdummung anstatt Aufklärung, Einseitigkeit anstatt Ausgewogenheit und Verunsicherung anstatt Hintergrundberichterstattung.

Wofür zahlen wir Fernsehgebühren ?!? Die Versicherungs- und Finanzdienstleistungsbranche wird sich auf jeden Fall freuen.

Wer sich selbst ärgern möchte – das Video zur Sendung ist hier zu sehen:

http://daserste.ndr.de/annewill/videos/annewill656.html

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Geschrieben von

Martin Betzwieser

Personifizierter Ärger über Meinungsmanipulation, Kino- und Kabarattliebhaber

Martin Betzwieser

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