Die schlechtesten Filme des Jahrzehnts: Vol.1

Film und Kino Die Plätze 10 bis 6

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Das Jahrzehnt geht allmählich zu Ende und es gab leider jede Menge schlechte Filme zu sehen. Der erste Teil des Allerschlimmsten ist hier aufgeführt. Die Beurteilungen sind rein subjektiv und meine persönliche Meinung.

Schlecht ist nicht gleich schlecht. Auch hier gibt es Unterschiede. Manche schlechten Filme sind einfach doof und langweilig. Manche Filme sind inhaltlich, politisch und / oder gesellschaftlich sehr fragwürdig. Andere Filme sind so schlecht, dass sie zwar keinen Spaß machen aber immerhin die Zuschauerin / den Zuschauer zum Staunen über die unglaublich schlechten Ideen bringt. Von allen Kategorien gibt es hier etwas , wobei Überschneidungen nicht ausgeschlossen sind.

Und ich bin kein Til-Schweiger-Hasser. Ich halte Til Schweiger nur für einen fähigen Geschäftsmann mit guten Instinkten, für einen schlechten Schauspieler und einen miserablen Regisseur.

10. REVENGE

Frankreich 2017, von Coralie Fargeat, mit Matilda Lutz, Kevin Janssens, Vincent Colombe, Guillaume Bouchede

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Junge Frau macht Urlaub mit ihrem jungen und verheirateten Liebhaber in der Villa in der marrokanischen Wüste, führt sich selbst mit einem Blow-Job ein, wird am nächsten Tag von dessen Kumpel / Geschäftspartner vergewaltigt, dann fast ermordet und nimmt Rache. Unlogische Handlungsverläufe, nicht mehr zählbare Anschlussfehler und gigantische Blutspuren und Blutpfützen in Wüste und Villa, die eigentlich zum tödlichen Blutverlust hätten führen müssen, sorgen für unfreiwillige Komik. Aber das Filmdebut der Regisseurin ist ernst gemeint und wird bei Filmkritikern und Teilen des Filmpublikums als Signal neuen femininen Selbstbewusstseins gefeiert. Unglaublich. Zum Glück lief das Machwerk nicht regulär im deutschen Kino sondern nur beim Fantasy Filmfest und in vereinzelten Sondervorstellungen; so wurde kein sehenswerter Film aus dem Kino verdrängt.

9. THE WOMAN

USA 2011, von Lucky McKee, mit Pollyanna McIntosh, Sean Bridgers, Angela Bettis

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Vater ist mit Sohn auf der Jagd und sie stoßen auf eine verwilderte Frau, die dort im Wald lebt und eben im Fluss badet. Vater beschließt, sie einzufangen, um sie zu Hause zu studieren und zu zivilisieren. Im Keller wird sie an die Wand gekettet und übelst misshandelt. Leider ist der Film sehr schlecht geschrieben und gespielt, lahm inszeniert und hat nie das richtige Tempo. Den jugendlichen Darstellern von Tochter und Sohn kann man keine Vorwürfe machen sondern eher dem unfähigen Regisseur, der nicht in der Lage ist, seine Darsteller richtig zu motivieren und zu instruieren. In der einzigen interessanten Szene greift der Vater ihr in den Mund; sie beißt ihm den Finger ab und spuckt ihm seinen Ehering vor die Füße. Die Szene war allerdings schon aus dem damaligen Trailer bekannt und verpufft im Film. Zuzuschauen, wie Farbe an der Wand trocknet, könnte nicht uninteressanter sein. Auch das da lief nicht regulär in deutschen Kinos sondern auf dem Fantasy-Filmfest und kam hier direkt auf den Heimkinomarkt.

8. HIGH SOCIETY

Deutschland 2016, von Anika Decker, mit Emilia Schüle, Jannis Niewöhner, Caro Cult, Iris Berben, Katja Riemann, Jannik Schümann

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Die Industriellentochter Anabel von Schlacht führt ein Leben wie aus dem Bilderbuch: Der Alltag der verwöhnten High-Society-Göre besteht nur aus Luxus, Shopping und Party. Dann aber wird ihr Leben praktisch über Nacht vollkommen auf den Kopf gestellt, denn es stellt sich heraus, dass sie nach der Geburt in der Klinik vertauscht wurde. Und ehe Anabel sich versieht, muss sie bei der wenig begüterten Familie Schlonz einziehen, zu Mama Carmen, zwei Geschwistern und einem illegalen Untermieter. Auch sonst weht in der Plattenbauwohnung ein anderer Wind als in der Luxusvilla bei ihrer bisherigen Mutter Trixi. Als wäre das alles nicht Stress genug, gerät die zickige Anabel auch noch mit dem örtlichen Polizisten Yann in Konflikt – an dem sie in Wahrheit mehr Gefallen findet, als sie zugeben will. (Inhaltsangabe: Filmportal.de)

Soweit ich mich erinnere, gab es in den 80er Jahren einen Skandal in Frankreich, als eine Krankenschwester absichtlich zwei Säuglinge vertauschte, um sich an ihrem geliebten Chefarzt zu rächen, der ihre Liebe nicht erwidert hatte. Und das wurde 1987 schon in Frankreich wesentlich intelligenter, bissiger und sozialkritischer erzählt: DAS LEBEN IST EIN LANGER RUHIGER FLUSS

Hier feiern zwei Jung-Krankenschwestern ein Sektfrühstück in der Entbindungsstation, spielen mit den Säuglingen und verursachen aus Versehen einen Tausch. Das erfahren die beiden vertauschten Töchter und ihre Familien nach 18 Jahren aus der Zeitung. Einfach so. Wie das herausgefunden wurde, wird nicht erklärt. Die weiteren Entwicklungen werden äußerst einfallslos und dumm erzählt und auch rein filmisch wird äußerst schlampig gearbeitet. So will Anabel mit ihrem neuen Polizistenfreund Yann bizarre Fesselspielchen machen, verkleidet sich als Domina mit Latexkostüm und Reitgerte und fesselt sich mit einer Handschelle ans Bettgestell. Eigentlich kenne ich es aus besseren Filmen so, dass der Sklave gefesselt wird und nicht die Domina. In dieser Szene ist Anabel dann abwechselnd mit der linken und mit der rechten Hand an das Bettgestell gefesselt und hält in der jeweils anderen Hand die Reitgerte, bevor sie ihrem Freund Yann den Popo – angezogen und ganz jugendfrei - verhaut. Schlampiger geht es nicht.

7. HOT DOG

Deutschland 2016, von Thorsten Künstler, mit Til Schweiger, Matthias Schweighöfer, Anne Schäfer, Lisa Tomaschewsky, Tim Wilde, Samuel Finzi, und Heino Ferch

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Als in Deutschland die Tochter eines ausländischen Botschafters entführt wird, setzt das BKA ein Ermittler-Duo auf den Fall an, das ungleicher nicht sein könnte. Da ist auf der einen Seite der Supermacho Luke von der GSG-9, ein Typ, der lieber die Fäuste sprechen lässt, als Fragen zu stellen. Und dann ist da der schüchterne und linkische Schreibtischhengst Theo, der auf Köpfchen als auf Muskeln setzt. Notgedrungen müssen die zwei sich nun zusammenraufen. Bei ihrer Jagd auf die Entführer richten sie ein heilloses Chaos an. Mit Hilfe der Hackerin Nicki kommen sie aber bald einer groß angelegten Verschwörung auf die Spur. Denn in Wahrheit geht es bei der Entführung um viel größere Dinge als um Lösegeld. (Inhaltsangabe: Filmportal.de)

Regisseur Thorsten Künstler war bisher Co-Regisseur bzw. Regieassist und zwar überwiegend bei Filmen von Til Schweiger und Matthias Schweighöfer; ungünstiger könnten die Voraussetzungen nicht sein. In seinem offiziellen Regiedebut zeigt er uns phantasielose Variationen US-amerikanischer Buddy-Komödien aus dem Polizeidienst. Zur Ergänzung der Inhaltsangabe ist noch zu erwähnen, dass beide Beamte als Treppenhauswächter ins Schloss Bellevue strafversetzt werden, wo es diverse Zerstörungen gibt und die Diplomatentochter entführt wird. Vorher muss Luke (Schweiger) aber noch – Verzeihung, ich muss die Formulierung dem Gezeigten anpassen – k*cken gehen, wird dabei von seinem verhaltensoriginellen Kollegen bis in die Klokabine verfolgt, was in Bild und Dialog auf mehrere Minuten ausgedehnt wird. Von Tempo hat hier niemand Ahnung; Gags sind nur so lange lustig, so lange sie lustig sind und nicht mehrere Minuten lang. Später sehen wir dann die Computerexpertin Nicke, wie sie ein-einhalb Minuten lang in Porno-ähnlicher Manier an einem Wassereis lutscht – mit sehr auffälliger Produktplatzierung. Auch hier stelle ich wieder fest, dass man Tempo können muss; zehn Sekunden hätten gereicht, alles danach ist peinlich. Später wird in einem Musikclub recherchiert und Schreibtischtäter Theo möchte sich über eine Treppe mit viel zu kleinen Stufen, die nur für einen Zwerg geeignet sein können, beim Geschäftsführer beschweren. Als Geschäftsführer wird ihm ein Kleinwüchsiger vorgestellt, der ihn im Verlauf des Dialogs von hinten bespringt und schlägt. „Hilfe, ich habe da etwas im Rücken.“ Politische Unkorrektheiten können in der richtigen Dosierung sehr komisch sein, wenn sie gut geschrieben und inszeniert sind und das Tempo stimmt. Und hier stimmt einfach gar nichts. Auch die qualvolle Szene, in der Theo (Schweighöfer) ohne Handschuhe etwas im Enddarm einer Kuh suchen muss, lasse ich nicht unerwähnt. Daran, was in der Kuh gesucht wird, erinnere ich mich nicht mehr; mein Unterbewusstsein scheint mich schützen zu wollen. Allerdings bietet die Kuh die überzeugendste schauspielerische Leistung neben Anne Schäfer als Eis-lutschende Computerexpertin, bei der ich erst nach einer halben Stunde merke, dass sie nicht Nora Tschirner ist. Einen osteuropäischen Vebrecherdiplomaten spielt der unvermeidliche Schweiger-Kumpel Samuel Finzi, den ich fast ausschließlich aus Schweiger-Filmen kenne; wir werden ihn und seine beschädigte Intimzone in einem anderen Film noch näher kennen lernen.

Der titelgebende Hot Dog ist ist übrigens ein vereinbartes Kennwort für irgendeine Aktion sowie ein Mittagsimbiss, der mit aufdringlicher Mac-Donalds-Werbung kombiniert wird.

Während Til Schweiger im Rahmen seiner schauspielerischen Möglichkeiten Spurenelemente von Selbstironie einfließen lässt und natürlich eine seiner Töchter in einer kleinen Rolle unterbringt, ist Schweighöfer auf seine penetrante Art als autistischer Nerd mit photographischem Gedächtnis eine absolute Zumutung; er nervt mit jeder Bewegung, die er macht, und mit jeder Silbe, die er sagt; nur als bewegungslose Leiche kann ich ihn mir nicht-nervend vorstellen. Das tut alles weh und ist filmische Körperverletzung.

Das einzig Lustige – schon unfreiwillig komisch - ist die Ambition von Til Schweiger, in allen Filmen mit seiner Beteiligung einen internationalen Standard zu setzen, indem er die Start- und Endtitel komplett auf englisch einblenden lässt.

6. BRUDER VOR LUDER

Deutschland 2015, von Heiko & Roman Lochmann, mit Roman & Heiko Lochmann (Die Lochis), Milena Tscharnke, Tara Fischer und diversen YOUTUBE-Stars

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Kinospielfilm von und mit den Zwillingsbrüdern Heiko und Roman Lochmann, die durch ihre Youtube-Musikvideos zu Berühmtheit kamen. Im Film spielen sie sich selbst. Die Geschichte handelt davon, wie die "Lochis" ihr erstes richtiges Konzert planen und damit ihre Fans in euphorische Vorfreude versetzen. Während die stille Bella in heimlicher Liebe zu Roman entbrannt ist, lässt ihre zickige Schwester Jessy nichts unversucht, um den Brüdern näher zu kommen. Ihr geht es allerdings vor allem darum, sich in deren Ruhm zu sonnen. Zunächst scheint ihr Plan aufzugehen, durch einen hinterhältigen Trick kann sie Heikos Zuneigung gewinnen. Aber zum Glück durchschauen die Brüder mit Bellas Hilfe das falsche Spiel. (Inhaltsangabe: Filmportal.de)

Wäre zu ergänzen, dass die zickige Jessy ihre stille Schwester eine Schwerbehinderte im Rollstuhl spielen lässt, um den einen Bruder abzulenken und sich beim Anderen einzuschleimen. Die Planung des Konzerts und der Intrige sind eine knappe Rahmenhandlung für zahlreiche primitive Szenen, die auch als YOUTUBE-Videos hätten durchgehen können und ganz auf das Zielpublikum konzipiert sind, das mit einer komplexeren Handlung möglicherweise überfordert wäre. Der eine Bruder ist dann auf die Beziehung des Anderen eifersüchtig und sabotiert Romantikversuche durch die Verabreichung von Potenzmitteln im Schwimmbad, was eine Erektion in knapper Badehose verursacht (Gast Oliver Pocher als Schwimmbadanimator), sowie Abführmitteln im französischen Gourmetrestaurant, was zu einer vollen und danach angezündeter Hose führt (Gast Ludger Pistor als Oberkellner; er schaffte es ja sogar als Bankier in Daniel Craig´s 007-Debut und in Tarantino´s INGLOURIOUS BASTERDS). Als Assistentinnen diverser Sabotageakte einschließlich Entführung treten mehrere YOUTUBE-Stars- und Werbemaskottchen auf, die nichts können außer gut auszusehen.

Selbstverständlich haben auch YOUTUBE-Darsteller*innen das Recht, einen Kinofilm zu drehen, aber das sollten sie dann mit dem eigenen verdienten Geld aus ihrer YOUTUBE-Karriere tun. Es tut mir leid. Die Lochis können einfach gar nichts. Sie können nicht schreiben, sie können nicht inszenieren, sie können nicht schauspielern und sie können meiner Meinung nach auch nicht singen. So bleibt außer zwei skurillen Szenen und drei uncharismatischen Mädchen in kurzen Kleidchen nur Nichtskönnen in Erinnerung. Gedreht wurde u.A. mit Hessischer Filmförderung in Darmstadt und Frankfurt und dort in einem bekannten Spaßbad.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Martin Betzwieser

Personifizierter Ärger über Meinungsmanipulation, Kino- und Kabarattliebhaber

Martin Betzwieser

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