Neuverfilmungen, die niemand braucht: TOD AUF DEM NIL von Keneth Branagh

Kino + Film Gibt es etwas Einfallsloseres als Schwarz-Weiß-Rückblenden in einem Farbfilm? Nicht für Regisseur Keneth Branagh in "TOD AUF DEM NIL".

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Schon Action-Gülle-Regisseur Uwe Boll antwortete mir mal in den 90er Jahren bei einem Filmfestival - entweder bei den Hofer Filmtagen oder beim Wiesbadener EXGROUND-Festival - auf die Frage, warum er seine Rückblenden in schwarz-weiß drehe "Weil man das so macht."

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Schon in seiner Neuinterpretation von MORD IM ORIENT EXPRESS machte das Branagh so. Damals wie jetzt sind Kulissen und Kostüme hervorragend und die Bildgestaltung hat ihre Momente. Insgesamt sind beide Filme aber sehr einfallslos und konventionell inszeniert, lustlos gespielt und phasenweise uninteressant erzählt. Der Regisseur ist nicht in der Lage, die Romanvorlage und die prachtvollen Spielorte - Istanbul und Ägypten - zu etwas Interessantem zu kombinieren.

Der Vergleich mit den früheren Verfilmungen ist natürlich ungerecht. Aber die früheren Hercule-Poirot-Verfilmungen mit Albert Finney und Sir Peter Ustinov hatten Klasse, Stil, und diese mondäne Eleganz. Bereits die Filmmusik des italienischen Oscar-Preisträgers Nino Rota (Federico Fellini, KRIEG UND FRIEDEN, DER PATE) zu den Anfangstiteln ist so brilliant und edel.

Schon im ORIENT-EXPRESS meinte ich, im Hogwarts-Express mitzufahren und gleich müsste die Lakritze-Verkäuferin zu den jugendlichen Zauberschülern*innen kommen. Am Nil hätte es mich nicht gewundert, wenn Dwayne The Rock Johnson zur Tür herein gekommen und die Augenbraue hochgezogen hätte.

Hercule Poirot´s kleine Zwangsneurosen wie die Größe der Hühnereier oder die Manie der geraden Zahlen sind die wenigen wirklich unterhaltsamen Momente im Film.

Und ein Großteil der heutigen Besetzung hätte der Starriege von vor über 40 Jahren um Sir Peter Ustinov, David Niven, Betty Davis und Mia Farrow nicht die Koffer tragen dürfen.

Schade. Sparen Sie sich das Geld und warten Sie auf die TV-Ausstrahlung oder auf das NETFLIX-Zeitfenster.

Und eben fällt mir auf, dass jeder zweite Absatz mit "Schon" anfängt. Vielleicht wollte ich mir genau so wenig Mühe geben wie Regisseur Keneth Branagh.

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Geschrieben von

Martin Betzwieser

Personifizierter Ärger über Meinungsmanipulation, Kino- und Kabarattliebhaber

Martin Betzwieser

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