Klassiker des italienischen Genre-Schundfilms

Film + Kino Für Filmenthusiasten haben das 35mm-Bild mit allen Schrammen und Abnutzungen und das Rattern des Projektors einen besonderen Reiz.

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Die Bildqualität bei 35mm-Filmen ist trotz Filmrissen, Kratzern und anderen Abnutzungserscheinungen oft besser als bei digitaler Projektion. Die kurz eingeblendeten Zeichen zum Wechsel von Filmrolle und Filmprojektor sorgen für nostaltische Stimmung. Der Frankfurter Verein PUPILLE e.V. am Campus Frankfurt Bockenheim veranstaltet Filmvorführungen im dortigen Studierendenhaus. Aus Sammler- und Verleihbeständen kauft der Verein 35mm-Filmrollen auf und führt diese in Sondervorstellungen vor.

Am Mittwoch, den 22. März 2017 waren zwei italienische Genrefilme aus der untersten Schublade dran. Es waren höchstens 20 Zuschauer/innen da. An diesem Abend hatte Lukas Podolski sein letztes Länderspiel gegen England und war zum Abschied Libero; auch das Konkurrenzprogramm mit Rosamunde Pilcher im ZDF hatte sicher mehr Publikum.

Eingebetteter Medieninhalt

Die Ratten von Manhattan (Rats - Notti di terrore)

  • Italien; Frankreich, 1984, Farbe, 91 min, Sprache: deutsch, 35mm, FSK: ab 18 Jahren
  • Regie: Bruno Mattei
  • Buch: Claudio Fragasso, Bruno Mattei, Hervé Piccini
  • Kamera: Franco Delli Colli, Henry Frogers
  • Schnitt: Gilbert Kikoïne
  • Musik: Luigi Ceccarelli
  • Darsteller: Ottaviano Dell'Acqua, Geretta Geretta, Massimo Vanni, Gianni Franco, Ann-Gisel Glass, Jean-Christophe Brétigniere, Fausto Lombardi

Überlebende des apokalyptischen Krieges auf der Suche nach Nahrung durch die zerstörten Städte streifen. In den Ruinen warten seuchen-affine Psychopathen und Horden von fleischfressenden Ratten auf sie… Bruno Matteis Endzeit-Plagiat wurde für die deutsche Kinoauswertung als Fortsetzung der RIFFS-Reihe von Enzo Castellari betitelt, mit der es de facto nichts zu tun hat. Wir zeigen die deutsche Fassung auf 35 mm. (Text: PUPILLE)

Eingebetteter MedieninhaltDer Film beginnt mit einer Fahrt auf Motorrädern und selbst gebastelten futuristisch aussehenden Karren aus einem Steinbruch zu einem verlassenen Fabrikgelände, auf dem der Rest des Films spielt. Die MAD-MAX-Filme werden mehr schlecht als recht kopiert. Die Ausstattung ist gemessen am sehr niedrigen Budget des Films durchaus ordentlich. Die darstellerischen Leistungen sind teilweise unfähig bis unfreiwillig komisch, wobei der Anführer der Gruppe sichtbar auf Franco Nero gestylt wurde, ohne dessen Klasse zu erreichen. Nach und nach werden die Mitglieder der Gruppe von Ratten überfallen, angefressen und getötet; die Räume wechseln und die Szenarien bleiben sehr ähnlich. Das erste Opfer wird ausgerechnet vor Ratten gerettet, indem der Anführer den Strahl eines Flammenwerfers auf ihn richtet und ihn lebend abfackelt. Hierbei und in einer späteren Szene werden leider auch völlig unnötig echte Ratten lebend angezündet. Aufgrund der ständigen Wiederholungen dreht sich die Handlung sehr im Kreis und wird uninteressant. Schließlich werden die beiden letzten Übelebenden – Achtung, Spoileralarm! – von mutmaßlichen Menschen in ABC-Schutzanzügen gerettet, von denen einer in der Schlussszene seinen Helm abnimmt und einen Rattenkopf hat.

War nett, ihn mal gesehen zu haben. In meiner DVD-Sammlung muss ich ihn nicht haben. Das Vergnügen des Trashs ist sehr begrenzt, da die Erzählweise und die Darsteller des Films einfach zu schlecht sind, um wirklich zu unterhalten.

Alien - Die Saat des Grauens kehrt zurück (Alien 2 - Sulla Terra)

  • Italien, 1980, Farbe, 85 min, Sprache: deutsch, 35mm, FSK: ab 18 Jahren
  • Buch & Regie: Ciro Ippolito
  • Kamera: Silvio Fraschetti
  • Schnitt: Carlo Broglio
  • Musik: Oliver Onions
  • Darsteller: Belinda Mayne, Mark Bodin, Roberto Barrese, Benedetta Fantoli, Michele Soavi, Judy Perrin

Ab 22:00 Uhr gibt es ALIEN – DIE SAAT DES GRAUENS KEHRT ZURÜCK zu sehen, der pünktlich in den Bahnhofskinos der Welt ankam, um auf der Erfolgswelle von Ridley Scott’s ALIEN für ein paar Wochen mit zu schwimmen. Die Sekundärliteratur bezeichnet Ciro Ippolitos einzigen Ausflug in das Science-Fiction/ Horror-Genre als „sehr seltsamen und sehr billigen Film mit einigen wirkungsvollen, schleimigen Gewaltszenen“ (Louis Paul in INFERNO ITALIA), was man durchaus so stehen lassen kann. Der deutsche Verleih, der sonst gerne mal Reihen aus eigenständigen Firmen kreiert, nahm von der in Italien vorgelebten Unverfrorenheit, den Film als ALIEN 2 zu vermarkten, vorsichtig Abstand und ließ die Saat des Grauens urheberrechtlich unverfänglicher zurückkehren. (Text: PUPILLE)

Eingebetteter MedieninhaltDer Film beginnt mit der missglückten Landung eines Space-Shuttels, bei dem die Besatzung fehlt. Danach folgt ein bisschen Fernsehreportage u.A. mit einer der später beteiligten Geologinnen und Höhlenforscherinnen, die danach zusammen mit dem Rest ihres Teams zur Erkundung einer riesigen Tropfsteinhöhle aufbricht; diese beiden Handlungselemente haben rein gar nichts miteinander zu tun, was sehr verwirrt. Der Film braucht über eine halbe Stunde, um in Fahrt zu kommen und dem Regisseur gelingt es nicht, Spannung aufzubauen. Diverse Szenen wie Highway-Autofahrten oder die die Kamerafahrt über ein Alien-Opfer in der Höhle dauern Minuten und scheinen den Hauptzweck zu haben, die Filmmusik von Guido und Maurizio de Angelis (alias Oliver Onions, Komponisten diverser Filmmusiken bei Bud Spencer & Terence Hill) abzuspielen. Durch das lahme Tempo kommt keine Spannung auf und mein Interesse lässt deutlich nach. Die meisten Mitglieder des Forscherteams werden durch Aliens in der Höhle dezimiert; hierbei sind drei, vier brauchbare Splatterszenen zu sehen, die wir allerdings bereits alle aus dem vorher gezeigte Trailer kennen. Die Aliens sind pulsierende rosafarbene Schaumgummiklumpen mit ausfahrbaren Tentakeln, die zubeißen können. Die beiden letzten Überlebenden verlassen die Höhle, finden zunächst einen verlassenen Polizeiwagen und durchqueren eine menschenleere, verlassene Stadt; übrig sind nur Aliens und die menschlichen Bewohner sind eliminiert.

Ziemlich dumm und stümperhaft gemacht und langweilig erzählt. Man kann ihn sehen, aber auch ihn muss ich nicht in meiner DVD-Sammlung haben. Der Enthusiasmus der Veranstalter entschädigt sehr.

Vielen Dank und einen virtuellen Applaus an die fleißigen und hingebungsvollen Macherinnen und Macher von PUPILLE e.V. und die Co-Veranstalter.

Bild: Veranstaltungshinweis von PUPILLE e.V.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Martin Betzwieser

Personifizierter Ärger über Meinungsmanipulation, Kino- und Kabarattliebhaber

Martin Betzwieser

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