Lucio Fulci´s Das Haus an der Friedhofsmauer

Filmklassiker neu gesehen In seiner neuen Reihe "Disharmonie" zeigte das Frankfurter Stadtteilkino Harmonie letzte Woche einen besonderen Horrorfilmklassiker für ein besonderes Publikum.

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Der Italiener Lucio Fulci war ein Regisseur, der viele Jahre lang Auftragsarbeiten von Klamaukkomödien über Italowestern und Abenteuerfilmen ablieferte. Dazu gehörte u.A. auch die Fortsetzung der klassischen Pfarrer-Braun-Filme mit Heinz Rühmann als Gemeindepfarrer mit detektivischen Ambitionen; Pfarrer Braun war hier nun Kardinal und ermittelte in Rom und Umgebung. Seinen schöpferischen Höhepunkt erreichte Lucio Fulci mit einer Reihe von fünf Horrorfilmen, zu deren Stilelementen sehr exziplite, sehr detailreiche, sehr grausame und sehr eklige Splatterszenen gehören. Einer dieser Filme ist DAS HAUS AN DER FRIEDHOFSMAUER, der über 30 Jahre indiziert war und nun ungekürzt in einer restaurierten und sehr gut aussehenden Digitalprojektion wieder das Licht der Leinwand erblickte.

Eingebetteter MedieninhaltBevor es los ging, gab es einen sehr enthusiastischen und durchaus professionellen Vortrag über Leben und Werk des Siniore Fulci von Christoph Draxta, einem echten Genre-Kenner mit leichtem Lampenfieber.

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Gleich in der Eröffnungsszene sehen wir einen toten jungen Mann mit zermatschtem Gesicht, der seine panische Freundin verfolgt, sie mit einem Messerstich ins Genick bis zur Mundöffnung hinrichtet und die blutige Leiche fort schleift.
Es ist das ehemalige Haus des verrückten Doktor Freudstein, der hier zu Lebzeiten schreckliche Menschenexperimente durchführte. Hier soll ein New Yorker Forscher die Arbeit seines Vorgängers fortsetzen, der ebenfalls seine Frau und dann sich selbst umbrachte. Er zieht mit seiner Frau und seinem Sohn in das Haus. Der Sohn bekommt Warnungen von einem unbekannten Mädchen mit einer Puppe, mit dem er im weiteren Verlauf ab und zu spielt.
Im Haus hören wir und die Bewohner wiederholt ein mysteriöses Gewimmer wie von einem verängstigten Kind.
In der weiteren Handlung werden im Haus eine Immobilienmaklerin (die Deutsche Dagmar Lassander) und das sinistre Kindermädchen Ann auf sehr brutale Art ermordet. Dabei kommt es zu sehr unlogischen Handlungsverläufen, etwa wenn Kindermädchen Ann ohne erkennbaren Grund die Blutpfützen vom Mord der vorigen Nacht weg putzt und dann später im Gruselkeller enthauptet wird.
Die Effekte sind durchaus gelungen und sehr blutig. Wir sehen neben dem Messer im Kopf in der Eröffnungsszene mehrere Stichwunden mit einem Feuerhaken, u.A. in die pulsierend spritzende Halsschlagader sowie eine aufgeschnittene Kehle mit anschließender Enthauptung. Auch die Familie bleibt nicht verschont. Wie wir als Zuschauer/innen bereits ahnen können, ist der Mörder der Zombie des im Keller beerdigten Doktor Freudstein, der dem Vater zum Finale mit der Krallenhand die Halsschlagader aufreißt. Auch Mutter wird gemeuchelt und der Sohn Bob kommt als nicht näher definierte Gestalt in die Obhut des Nachbarmädchens und deren Mutter, die bereits vorher mit leichtem Hall in der Stimme sprachen und ihr früheres Leben als Familie des Doktor Freudstein als Geistererscheinungen fortsetzen.

Die Darsteller/innen:

Mir sind namentlich lediglich die Hauptdarstellerin Catriona McColl und Dagmar Lassander bekannt. Die Britin McColl war zu dieser Zeit die bevorzugte Hauptdarstellerin von Lucio Fulci und sie spielt ihre Rollen fast durchgehend mit dem mehr oder weniger gleichen kuhäugigen Gesichtsausdruck. Den Vaterdarsteller und den Sohndarsteller kenne ich aus gelegentlichen italienischen Genrefilmen vom Sehen. Gelegentlich wirken sie alle etwas orientierungslos, was daran liegen könnte, dass Lucio Fulci nicht unbedingt für präzise Regieanweisungen bekannt war.
Das große Plus sind Bildgestaltung, Ausstattung und Filmmusik. Hier hatte Fulcio glücklicherweise sehr fähige Leute um sich, die für eine sehr gelungene finstere Gruselstimmung sorgen konnten. Als ich den Film in den späten 80ern zum ersten mal auf VHS sah, musste ich die Vorführung abbrechen und am nächsten Tag fortsetzen, weil mir der Film zu gruselig war.

Fazit:

Man muss solche besonderen Genrefilme natürlich mögen. Es war eine echte Wiederentdeckung. Danke an die Veranstalter.

Das Haus an der Friedhofsmauer (Quella villa accanto al cimitero)
Italien 1981
von Lucio Fulci, mit Catriona MacColl, Paolo Malco, Giovanni Frezza, Ania Pieroni, Silvia Collatina und Dagmar Lassander

Bildquelle: Ausschnitt Filmplakat von Schnittberichte.com

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Geschrieben von

Martin Betzwieser

Personifizierter Ärger über Meinungsmanipulation, Kino- und Kabarattliebhaber

Martin Betzwieser

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