Über Sinn bzw. Unsinn von 3G-Prüfungen im Öffentlichen Nahverkehr

#COVID19 #Impfgegner Wer soll das bezahlen? Wer soll das kontrollieren? Wie soll das funktionieren. Wie kann das passieren? Und was passiert alles nebenbei, ohne kontrolliert zu werden ...

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Spoiler-Warnung:

Dieser Text enthält Sarkasmus und sehr respektlose Formulierungen – auch von mir selbst. Ursache ist das verantwortungslose und rücksichtslose Verhalten von Personen, für die ich dann auch keinen Respekt mehr habe. Manchmal machen Impfgegner*innen fast Spaß – z.B. beim Einkaufen, wo eine junge Frau am Telefon begründete, warum sie sich auf keinen Fall impfen lasse; die Impfung verursache Unfruchtbarkeit und Zeugunsunfähigkeit - über Generationen, sagte sie in einem Satz. Das Fahren in Öffentlichen Verkehrsmitteln hat wenig mit Spaß zu tun, was nicht nur mit Verspätungen, Zugausfällen, technischen Problemen oder zu kurzen Zügen im Berufsverkehr zu tun hat sondern mit dem Verhalten von Individuen, die sich weigern Masken zu tragen oder während der Fahrt dauerhaft fressen.

Mutationen der Dummheit

Die brilliante Kabarattistin Sahrah Bosetti stellte kürzlich fest, dass wir es nicht nur mit Mutationen des COVID19-Virus zu tun hätten sondern auch mit Mutationen der Dummheit. Sie hat leider recht und zu ergänzen wären noch Mutationen der Rücksichtslosigkeit und der Aggresivität, die sich vom Individuellen Straßenverkehr in den Öffentlichen Nahverkehr ausbreiten. Dadurch mutieren auch meine Ausrucksweise und meine Meinung gegenüber manchen Personen.
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Bedrohungen von Zugpersonal

Sehr oft wird Zugpersonal von Impfgegnern*innen, Maskenverweigerern*innen und Querdenkern*innen bedroht, beschimpft und sogar bespuckt. Die Beschäftigten der Odenwaldbahn beschwerten sich öffentlichkeitswirksam und darüber wurde im Hessischen Rundfunk berichtet. Bei einer Fahrt zum Abeitsplatz befrage ich einen Schaffner im Rahmen der zeitlichen Möglichkeiten. Was kann er unternehmen, um Maskenverweigerer*innen zum Maske-Tragen zu bewegen? Wie können Personen aus dem Zug entfernt werden? Welche Instrumente haben sie, um sich im Fall von Übergriffen zu wehren?
Sie können nur verbal auffordern. Sie haben keine Möglichkeiten, jemanden aus dem Zug zu werfen. Sie dürfen keinen Fahrgast anfassen. Sie haben nur die Möglichkeit, die Polizei zu rufen. In einem solchen Fall hält der Zug an der nächsten Haltestelle und es gibt die Gelegenheit, den Zug zu verlassen. Bei Weigerung wird die Fahrt bis zum Eintreffen der Polizei unterbrochen, die für das Verlassen des Zuges und für eine Anzeige sorgt. Mögliche Schadensersatzforderungen wegen z.B. verpasster Anschlusszüge sind an die Deutsche Bahn AG bzw. das Verkehrsunternehmen zu richten und werden an die verantwortliche Person weitergereicht; es kann also teuer werden. Instrumente bzw. leichte Waffen wie Elektroschocker wünschen sich die Angestellten sehr, bekommen sie aber nicht. Sie dürfen sich bei Übergriffen durch Fahrgäste nur mit Händen und Füßen wehren.

Vollidiot muss niesen

An einem sehr frühen Montagmorgen nimmt er dazu die Maske im S-Bahn-Waggon ab. Der Luftzug, mit dem er seine möglicherweise kontaminierten Aerosole verteilt, ist aus drei Metern Entfernung zu spüren. Einige Fahrgäste sind entsetzt, Andere finden es nicht so schlimm. Er verteidigt sich mit dem Argument, seine Maske solle sauber bleiben, damit er sie länger benutzen könne. Inspiriert durch eine Bahnansage, die ich im Internet las, frage ich ihn, ob er das auch mit dem Kondom mache, wenn es ihm da komme.
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Mann frißt Brötchen in Zug

Ich fordere ihn auf, die Maske richtig aufzusetzen. Er antwortet, ich könne ihn mal, und duzt mich. „Kennen wir uns?“ – Nein, wir kennen uns nicht, eben, also lass mich in Ruhe!“ – „Kennen wir uns doch irgendwoher? Teilten wir mal die Schulbank oder das Bett? Denn ich kann mich nicht erinnern, ihm das Du angeboten zu haben.“ – „Lass mich endlich in Ruhe, Du Spast!“ Der Schaffner kommt inzwischen, erlebt die Schlussphase des Menüs und der Beschimpfung mit und belehrt die Anwesenden, dass es untersagt ist, in Zügen zu essen oder zu trinken. Entweder setzt er bis zum Ende der Fahrt die Maske richtig auf oder die Fahrt ist bei der nächsten Station zu Ende. Das sind klare Worte, die wirken. Im anderen Fall würde gar nichts passieren, außer dass eben auf die Polizei gewartet wird.

Frühstück im Nahverkehrszug

Eine junge Frau muss im Zug ihre Brezel knuspern und Kaffee trinken. Mein Kopfschütteln und Kommentar ermuntert sie immerhin zu einem Mindestmaß an Rücksichtnahme und sie zieht die Maske nur kurz zum Abbeißen herunter. Nebenbei surft sie mit ihrem Telefon im Internet. Bei Untersuchungen wurde festgestellt, dass bei Mobiltelefonen, die nicht regelmäßig gereinigt werden, so viele Kolibakterien auf der Bedienungsoberfläche kleben, dass sie auch unter eine Klobrille greifen könnte, bevor sie von ihrer Brezel abbeißt. Guten Appetit und gute Besserung.

Popeln in der S-Bahn

Ein unappetitliches Individuum (männlich, deutsch) hockt mit der Maske unter dem Kinn in der S-Bahn, fingert sich seine Nasenpopel heraus und krümelt sie auf den Boden. Diverse Fahrgäste einschließlich mir beschweren sich und werden beleidigt. Ich werde Fettsack genannt. Die Schaffnerin, die dazu kommt, bekommt als Antwort zu hören: „Von Dir F*tze lasse ich mir gar nichts sagen!“ Zu zwei jungen, sehr muskulösen Männern mit türkischem oder arabischen Aussehen, die sich ebenfalls beschweren, brüllt es: „Und Ihr Ka*acken kümmert Euch um Eure eigenen Angelegenheiten!“ Die Schimpfworte sind vom mir zensiert, aber der Sinn der Worte ist sicher zu erkennen. Nebenbei kann hier auch über den Zusammenhang von unzivilisiertem Verhalten in der „Querdenker*innen“-Szene und rechtsradikalem Gedankengut diskutiert werden. Einer der beiden jungen, muskulösen Männer trägt eine Jacke mit dem Logo eines Boxclubs. Die beiden so genannten Ka*acken schauen sich kurz an, beschließen, diese Angelegenheit zu ihrer Angelegenheit zu machen, packen das Individuum links und rechs und schieben es an der nächsten Haltestelle auf den Bahnsteig. Wir alle einschließlich der Schaffnerin sind sehr dankbar und ich wünsche mir die Begleitung solcher Fahrgäste öfter.

Mittwoch, den 24.. November: Die 3G-Pflicht in Öffentlichen Verkehrsmitteln tritt in Kraft.

Schon vor Einführung der Regelung wird klar, dass es kaum umsetzbar sein wird. Konkrete Einlassregelungen wie im Kino oder Theater sind nicht umsetzbar, würden Kontrollpersonal an jeder Tür erfordern und Minuten-lange Fahrtunterbrechungen an jeder Haltestelle bedeuten und normale Fahrpläne enorm verzögern.

Am Morgen auf der Fahrt zur Arbeit werden die Fahrscheine kontrolliert. Meinen Impfnachweis habe ich griffbereit. Der Kontrolleur geht aber weiter. „Kontrollieren Sie nicht die Impfnachweise?“ – „Nein, ich nicht.“ – „Und wer macht das?“ – Keine Ahnung.“ – „Wahrscheinlich niemand.“ – „Nein, wahrscheinlich nicht.“ Später melde ich mich beim Verkehrsdienstleister und bekomme die Antwort

„Guten Morgen, vielen Dank, dass Sie sich an die neuen Regeln halten. Kontrolliert wird -je nach Situation vor Ort- stichprobenartig. Weiterhin gute & sichere Fahrt! Viele Grüße“

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Auf dem Heimweg setzt sich eine primitive humanoide Lebensform (deutsch, männlch) mir gegenüber und hustet mit der Maske unter dem Kinn. Meine Bitte, die Maske richtig zu tragen, beantwortet es mit lautstarkem Gebrüll, ich hätte ihm gar nichts zu sagen und könne ja die Polizei rufen. Niemand reagiert bis auf eine Frau, die damit droht, die Notbremse zu ziehen. Es steht auf und entfernt sich mit den Worten mich beim nächsten mal abzustechen. Mein Elektroschocker, den ich bei Fahrten immer im Rucksack habe, ist danach griffbereit. Kurz bevor ich aussteige, werden wieder die Fahrkarten kontrolliert, aber keine 3G-Nachweise. Auf meine Nachfrage wird geantwortet: „Wir sind nicht der Deutsche Bundestag.“ Das ist auch eine Aussage.

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Warum passiert mir so etwas dauernd?

Das weiß ich nicht. Es ist einfach Zufall. Über die meisten Vorfälle berichtet niemand. Wenn ich so etwas mehrfach innerhalb von zwei Wochen erlebe, kann nur geahnt werden, wir hoch die Dunkelziffer ist.

Wer kontrolliert 3G?

Die Meinungen dazu, wer eigentlich stichprobenartig kontrolliert, gehen auseinander. Auf der Internetseite des Verkehrsbetriebes gibt es dazu keine Hinweise. Manche sind der Meinung, die Polizei werde kontrollieren. Das Zugpersonal selbst weiß es nicht. Ein zuständiger Abteilungsleiter des Rhein-Main-Verkehrsverbundes sagt im Fernsehen, dass er es nicht wisse. Das werde noch entschieden und um die Lösung davor heraus zu finden, habe er keine Glaskugel.

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Die Mutationen breiten sich aus.

In den Nachrichten wird über eine neue Virusmutation aus dem südlichen Afrika berichtet. Im Netz ist von Mutationen der Dummheit und Rücksichtslosigkeit zu lesen, die sich in Privatwohnungen und Arztpraxen ausbreiten. Ein Arzt eines mobilen Impfteams berichtet von einem tätlichen Angriff. Eine Dame berichtet über eine Möbellieferung, bei der ein ungeimpfter Mitarbeiter ausfallend wurde und die Wohnung verließ.

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Bleiben Sie gesund. Lassen Sie sich impfen, wenn Sie wollen. Und bleiben Sie bitte zu Hause, wenn Sie nicht wollen.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Martin Betzwieser

Personifizierter Ärger über Meinungsmanipulation, Kino- und Kabarattliebhaber

Martin Betzwieser

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