Was willst du, Eva?

Garverfahren Einige Mutmaßungen über die Rolle Eva Hermans

Was, darf hier auch mal gefragt werden, will eigentlich Eva Herman? Versuchen wir es mit einer These: Eva Herman bemüht sich, die führende Rechtsintellektuelle Deutschlands zu werden.

Die These dürfte gewagt sein, denn einen sonderlich intellektuellen Eindruck hat Eva Herman bislang nicht hinterlassen. Nun muss man freilich zugeben, dass die Bereitschaft, an Stelle von Dummbatzen im rechten Milieu irgendwelche Denker wahrzunehmen, nicht allzu ausgeprägt ist. Das könnte an linker und liberaler Überheblichkeit liegen, zum Teil aber auch am Personal der Gegenseite: Carl Schmitt und Ernst Jünger waren als Gegner ernst zu nehmen, aber mit Arnulf Baring oder den Bischöfen Joachim Meisner und Walter Mixa ist nicht gerade Geist in den Konservativismus eingezogen.

Die Planstelle des führenden deutschen Rechtsintellektuellen ist gegenwärtig nicht besetzt, warum sollte sich nicht Eva Herman darauf bewerben? So etwas, Vordenker der deutschen Rechten, wird man allerdings nicht einfach so, man wird es in einem kontroversen Diskurs. In einem solchen ist Eva Herman zweifelsfrei gelandet.

In ihrem vorletzten Buch Das Eva-Prinzip setzte sich Herman mit dem NS-Erziehungssystem auseinander, was in den Debatten um ihr neuestes Buch Das Arche-Noah-Prinzip und ihren jüngsten Auftritt in der ZDF-Sendung "Kerner" untergegangen ist. Dort schreibt sie nicht nur, "dass der Hitler-Staat alles daran setzte, jeden gesellschaftlichen Bereich zu kontrollieren und jede private Nische zu vernichten", sondern sie fügt dem die Behauptung hinzu, dass es dem NS-System vor allem darum gegangen sei, "bindungslose Kinder" heranzuziehen, geprägt durch die "physische Trennung von Mutter und Kind". Das ist eine bemerkenswerte Verengung des Nationalsozialismus auf die Erziehung arischer Kinder.

Das Eva-Prinzip schließt an Hermans Buch Vom Glück des Stillens an, in dem sie über die "Zerstörung unserer Stillkultur" klagt: Schuld sei die "Emanzipation der Frau in den siebziger Jahren", nach dem Zweiten Weltkrieg habe sich in Deutschland eine "Stillunwilligkeit" durchgesetzt. Eva Herman hat also schon lange bevor es die Öffentlichkeit wahrnahm, für sich in Anspruch genommen, unbedarft und kenntnisfrei über den Nationalsozialismus schwadronieren zu dürfen.

Wer will, dass Deutschland aus dem, wie es dann immer heißt: Schatten der Vergangenheit hinaustritt, tut gut daran, so die Herman´sche Innovation im rechtsintellektuellen Diskurs, sich überhaupt nicht mit der NS-Zeit auseinanderzusetzen. Nicht umdeuten - besser dumm stellen. Als sie auf ihrer berühmten Pressekonferenz schnell sagen sollte, was schlimm war am Nationalsozialismus, fiel ihr nur ein, dass da "ein völlig durchgeknallter, hochgefährlicher Politiker" war, "der das deutsche Volk ins Verderben geführt hat, das wissen wir alle". Shoa, Weltkrieg - nie gehört.

Dabei ist die von vielen als dumm und naiv wahrgenommene Selbstinszenierung der Eva Herman das Klügste, was sie machen kann: Sie will nämlich mit allem aus ihrer Sicht Nichtweiblichen nichts zu tun haben, nichts mit den Nazis, nichts mit den 68ern, nichts mit irgendetwas Männlichem. Wenn die Männer (und mit ihnen die "Emanzen") über Politik sprechen, macht Herman die Küchentür zu und schreibt noch schnell ein Buch.

Im Eva-Prinzip fragt sie rhetorisch: "Haben berufstätige Frauen von heute - zu denen ich ja auch gehöre - wirklich das Recht auf unbegrenzte Selbstverwirklichung?" Nein, sagt sie, Frauen sollen ihren "Schöpfungsauftrag" wahrnehmen. Die "Bilanz nach fast einem halben Jahrhundert Feminismus und Frauenemanzipation" lautet nämlich: "In immer weniger Haushalten wird regelmäßig oder gar zeitaufwändig gesund gekocht." Damit wieder frische Kräuter und schonende Garverfahren in die deutsche Küche Einzug halten, sei der einzig wahre Platz einer Frau der zu Hause: "Denn eine Frau ist viel eher in der Lage, das Haus heimelig zu machen, schöne Kerzen zu platzieren, Blumen aufzustellen und Apfelkuchen zu backen."

Das soll nun rechtsintellektuell sein? Ja. Es ist das Programm des Antiintellektualismus, für das Herman in rechtskatholischen Zirkeln bejubelt wird. Es ist der, aus ihrer Sicht, originär weibliche Weg, die von Frank Schirrmacher und den übrigen männlichen Hermans beschworene demografische Katastrophe und andere völkische Probleme abzuwenden. Auf ihre Art ist Eva Herman sehr modern.


Nur für kurze Zeit!

12 Monate lesen, nur 9 bezahlen

Freitag-Abo mit dem neuen Roman von Jakob Augstein Jetzt Ihr handsigniertes Exemplar sichern

Print

Erhalten Sie die Printausgabe zum rabattierten Preis inkl. dem Roman „Die Farbe des Feuers“.

Zur Print-Aktion

Digital

Lesen Sie den digitalen Freitag zum Vorteilspreis und entdecken Sie „Die Farbe des Feuers“.

Zur Digital-Aktion

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden