Glasgow von unten

Schottland Angela geht anschaffen, um ihren dreijährigen Sohn durchzubringen. Beim Unabhängigkeitsvotum im September will sie mit Ja stimmen
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 26/2014
Die Ja-Kampagne wirbt, was das Zeug hält, ist aber noch nicht erfolgreich
Die Ja-Kampagne wirbt, was das Zeug hält, ist aber noch nicht erfolgreich

Foto: jeff j. mitchell/getty images

Dieser Tage lernte ich den unglücklichsten Menschen meines Lebens kennen. Ich ging durch das Glasgower Viertel, das gezeichnet ist von der vielleicht niedrigsten Lebenserwartung Europas – Männer sterben in Calton mit 54. Es war später Abend, das durchaus gepflegte Wohngebiet menschenleer. Zunächst hörte ich nur schleifende Schritte, einen flachen Husten. Dann sah ich es auf mich zukommen, ein leichenblasses Wesen mit vorgebeugtem Vogelkopf, trotz knielanger Weste in der kühlen schottischen Sommernacht frierend. Die Existenz dieses Aliens erschreckte mich. Die Frau trappte an mir vorbei, drehte sich danach um, würgte mit Mühe einen Satz hervor. Sie bot mir Sex an. Sie hieß Angela.

Ich war wegen des „Glasgow-Effekts“ ins East End