Iran: Rohani-Besuch in Paris und die Proteste

Empörung Weil der Blick auf die Missbräuche des iranischen Regimes fehlt, wurde in Paris gegen die Verhandlungen mit Präsident Hassan Rohani protestiert

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In your face: Auf der Demonstration gegen die Todesstrafe und die Regierung Rohanis am 28. Januar in Paris
In your face: Auf der Demonstration gegen die Todesstrafe und die Regierung Rohanis am 28. Januar in Paris

Foto: DOMINIQUE FAGET/AFP/Getty Images

Im Anschluss an seinen Besuch in Italien ist der iranische Präsident Hassan Rohani zu Gesprächen mit der französischen Regierung nach Paris gereist. Nach der Aufhebung der Sanktionen soll es nun zu Wirtschaftsbeziehungen zwischen europäischen Ländern und dem Iran kommen. Die westlichen Regierungen empfangen den nach dem Obersten Führer Khamenei ersten Mann des iranischen Staatsapparats als angeblich vertrauenswürdigen Gesprächspartner.

Dagegen richtet sich der Protest, den der Nationale Widerstandsrat Iran mit Unterstützung vieler Anhänger europaweit auf Platz Denfert-Rochereau in Zentrum von Paris zum Ausdruck brachte. Es waren mehrere Tausend Demonstranten zu der Kundgebung gekommen. Zu ihnen sprachen u.a. die frühere französische Ministerin für Menschenrechte Rama Yade sowei der renommierte Menschenrechtler Gilbert Mitterrand, Präsident der France Liberté-Stiftung.

Die Rednerinnen und Redner gaben ihrem Erstaunen und Empörung darüber Ausdruck, dass die westlichen Regierungen an dem, was die Beziehungen unserer Demokratien zur Islamischen Republik entscheidend belasten müsste, offenbar nonchalant vorbeisehen. Durch unsere Verfassungen sind wir auf die Menschenrechte verpflichtet, und diese Verantwortung kann weder vor Nationalgrenzen noch etwa vor den Außengrenzen der Europäischen Union Halt machen. Sie ist universell, und so ist sie bekanntlich in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte kodifiziert. Die Menschenrechte müssen als Politikum oberster Priorität anerkannt werden; sonst wird die Welt sich des Terrors, der seinen Ursprung und seinen Hauptherd im Mittleren Osten hat und von dort aus bis nach Europa, bis in beide amerikanischen Subkontinente, bis weit nach Afrika greift, – dieser Verwüstungskraft werden wir uns nicht erwehren können.

Die stehende Rechtfertigung neuer beinahe freundschaftlicher Kontakte mit Hassan Rohani lautet: Dieser Präsident ist „gemäßigt“, er hat sich vorgenommen, die Härte des geistlichen Regimes zu mildern. Daran muss er gemessen werden. Auf der Pariser Kundgebung wurden dieser Absichtserklärung die harten Fakten gegenübergestellt: Zur „Milderung“ der gängigen iranischen Politik müsste eine Liberalisierung des Strafrechts gehören. Davon kann im Blick auf Rohanis Handeln aber bisher keine Rede sein. Im Gegenteil, in seiner Amtszeit sind mehr Häftlinge hingerichtet worden als je zuvor in gleichen Zeiträumen, wenn man vom Massaker des Jahres 1988 absieht. Die abstoßende Praxis öffentlicher Hinrichtung ist keineswegs abgeschafft: nach wie vor sieht man die Opfer dieses Sadismus mit dem Strang erwürgt an hohen Kränen schweben. Man würde von einem „gemäßigten“ Präsidenten die Initiative zu einer Liberalisierung des Strafrechts erwarten. Rohani ist noch weit entfernt von solchen Ansätzen: nach wie vor gilt die Scharia in ihrer ganzen Breite, mit ihrer ganzen Unmenschlichkeit. Wie eh und je sind die Frauen gezwungen, sich zu verhüllen und den Männern gegenüber schwer benachteiligt. Die Revolutionsgarden verüben täglich Übergriffe gegen Frauen auf offener Straße. Dafür bleiben sie nicht nur ungestraft, sondern ihnen kommt von seiten der Mullahs Anerkennung dafür zu! Die abscheuliche Praxis der Amputation von Gliedmaßen, des Augenausstechens wird mit anhaltendem Eifer beibehalten.

Es wurde klargestellt, dass Rohanis Ankündigungen von Anfang keinen Glauben verdienten. Dieser Mann hat seit Bestehen des fundamentalistischen Regimes hohe Ämter bekleidet. Er ist dem Obersten Führer Khamenei gegenüber absolut loyal und hat als Präsident im System der absoluten Herrschaft des höchsten Geistlichen nur begrenzten Handlungsspielraum. Hassan Rohani ist einer der Hauptverantwortlichen für die schwersten Verbrechen des ersten islamistischen Staates der Geschichte: Er erinnert in seinem vor einigen Jahren erschienenes Buch, wie er seinerzeit als Verhandlungsführer bei den Nukleargesprächen den Westen ausmanövriert habe; er war viele Jahre lang im Sicherheitssystem des Landes führend tätig; und wer wissen will, was „Sicherheit“ für das iranische Regime bedeutet, den kann man an die ungezählten Gräueltaten der Revolutionsgarden und ihrer ausländischen Ableger erinnern.

Der ehemalige Vizepräsident des Europäischen Parlaments Alejo Vidal-Quadras, langjähriger Begleiter und Freund des iranischen Widerstandes, und ein Redner auf der Pariser Kundgebung verlangte von den westlichen Regierungen wie überhaupt von unserer Öffentlichkeit nachdrücklich, dass diese Tatsachen bewusst gemacht, in ihrer Bedeutung ernst genommen und bei der Ausgestaltung unseres Verhältnisses zum iranischen Regime berücksichtigt werden, das heißt eben: kein Termin, keine Begegnung mit ihm darf ohne nachdrückliche Förderung nach Einhalten der elementarsten Menschenrechte bleiben.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Martin Patzelt

Martin Patzelt ist CDU-Bundestagsabgeordneter und Vorstandsmitglied im Deutschen Solidaritätskomitee für einen freien Iran (DSFI).

Martin Patzelt

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