Wer mehr Affären hat, gewinnt

Schurkenquartett Mit einem Online-Spielchen über CSU-Politiker wollen Bayerns Grüne kurz vor der Landtagswahl unentschlossene Bürger ansprechen. Selten war Schmuddel-Wahlkampf amüsanter
Zu Guttenberg punktet gegen Seehofer in der Kategorie "Doktortitel". Beim "Schmutzelfaktor" hat dagegen der Ministerpräsident die Nase vorn.
Zu Guttenberg punktet gegen Seehofer in der Kategorie "Doktortitel". Beim "Schmutzelfaktor" hat dagegen der Ministerpräsident die Nase vorn.

Screenshot: schurkenquartett.de

Wenn die erste Karte Ludwig Spaenle zeigt, geht es gleich schlecht los. Denn der bayrische Kultusminister ist nicht mehr als Durchschnitt unter den Skandalnudeln der CSU: nur eine Affäre und ein Pöstchen an Verwandte vergeben. Womit kann einer wie Spaenle im "Schurkenquartett" bloß punkten? Gegen Politiker vom Schlage Franz Josef Strauß' (Affären: 5, "mindestens") hat er jedenfalls keine Chance.

Mit einem kleinen Online-Spielchen wollen die bayrischen Grünen vor der Landtagswahl am kommenden Sonntag die netzaffinen Bürger ansprechen. Es ist weniger eine Wahlwerbung für die Grünen, sondern vielmehr eine gegen die CSU. Nach letzten Umfragen sind die Christsozialen auf dem besten Weg zu einer absoluten Mehrheit im Landesparlament.

Die Grünen haben für ihr Quartett 16 aktuelle und ehemalige CSU-Politiker in fünf Kategorien bewertet. Alter, angestellte Verwandte, "Schmutzelfaktor" (der Rest von Deutschland wurde wohl "Schmuddelfaktor" sagen), Doktortitel und Affären – für alle 16 taugt die Quartett- nicht gerade als Visitenkarte.

Wie die Grünen die Daten erhoben haben, macht die Partei auf der Internetseite des Spiels nicht öffentlich. Gerade der "Schmutzelfaktor"-Wert ist wohl über den Daumen gepeilt – mit 10 000 ist Supertrumpf Strauß in diesem Punkt eindeutiger Gewinner.

Auf der Karte des bayrischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer wird präzisiert, dass die Affäre "außerehelich" sei. Bayerns Finanzminister Markus Söder bringt es auf drei Affären – darunter sind mit der ZDF- und der BR-Affäre schon zwei, die sein zwielichtiges Verhalten zu den Medien widerspiegeln.

Was die Grünen mit dem Quartett beabsichten, ist offensichtlich: Sie wollen zeigen, dass die CSU ihr eigenes, konservatives Wahlprogramm nicht immer vorlebt. Wenn viele Bürger die politischen Inhalte der Parteien eben nicht interessieren, was bleibt dann übrig, als auf die Persönlichkeiten abzuheben? Auch die Grünen mischen so im Spiel der Boulevardisierung von Politik fleißig mit.

Immerhin: Nach der Quartett-Partie leitet ein Link den Interessierten zu den politischen Positionen der Grünen weiter. Man kann aber auch einfach noch mal spielen. Denn selten war Schmuddel-Wahlkampf amüsanter.

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Geschrieben von

Martin Schlak

Journalist und Physiker. Schreibt Geschichten über Wissenschaft. Beobachtet, wie Technologie unsere Gesellschaft verändert.

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