Aus Mangel an Bedeutung

NPD Am 17. Januar entscheidet das Bundesverfassungsgericht erneut über ein Verbot der Partei. Auch dieses Mal droht eine Pleite
Ausgabe 01/2017
Auch bei diesem Verbotsverfahren geht es vor allem um Symbolpolitik
Auch bei diesem Verbotsverfahren geht es vor allem um Symbolpolitik

Foto: Poo/Getty Images

Beim zweiten Anlauf klappt alles besser? Zumindest sind die Erwartungen größer. Mitte Januar wird das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) seine Entscheidung zum NPD-Verbotsverfahren verkünden, von Optimismus kann zurzeit jedoch keine Rede sein. Nicht nur die Bundesregierung hat anscheinend kaum Hoffnung, dass die rechtsextreme Partei verboten wird, auch die Bundesländer rechnen mittlerweile mit einer Niederlage. Immerhin dürfte im Fall eines Scheiterns die Blamage für den Staat nicht so groß ausfallen wie beim ersten Versuch. Die Bundesregierung ist dieses Mal ohnehin nicht beteiligt, der Verbotsantrag wurde nur vom Bundesrat vorgelegt.

Vorausgegangen war dem ersten Versuch, die Partei zu verbieten, der „Aufstand der Anständigen“. Gerhard Schröder hatte ihn im Jahr 2000 nach einem Sprengstoffanschlag auf jüdische Kontingentflüchtlinge in Düsseldorf ausgerufen. Das Verbotsverfahren gegen die NPD sollte nicht nur ein Schlag gegen die größte politische Organisation der Neonaziszene sein, sondern vor allem die Entschlossenheit des Staates im Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus demonstrieren. Die Sache geriet zum Fiasko, im Zuge des Verfahrens wurde bekannt, dass sich in den NPD-Vorständen zahlreiche Spitzel des Verfassungsschutzes tummelten. Mit „fehlender Staatsferne“ bezeichnete das BVerfG das Problem damals treffend und stellte das Verbotsverfahren im März 2003 ein. Für die rot-grüne Bundesregierung und vor allem für ihren damaligen Innenminister Otto Schily war das ein politisches Desaster.

Die Entscheidung, erneut einen Versuch zu unternehmen, wurde im Zusammenhang mit der NSU-Mordserie getroffen. Auch dieses Mal geht es vor allem um Symbolpolitik. Zu den Angeklagten im Münchner Prozess gehört Ralf Wohlleben, er war stellvertretender Vorsitzender der Thüringer NPD. An den V-Leuten dürfte das aktuelle Verbotsverfahren nicht scheitern, zumindest haben die Innenminister der Länder 2012 bekanntgegeben, man habe, um die Chancen für ein Verbot zu erhöhen, alle Spitzel aus der NPD abgezogen. Stattdessen gibt es ein neues juristisches Problem: Es ist fraglich, ob ein Verbot der NPD auch vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte standhalten würde. Dort ist die konkrete Gefährdung für den Staat ein Verbotskriterium, Verfassungsfeindlichkeit alleine reicht nicht aus. Das BVerfG wird sich in seiner Rechtsprechung voraussichtlich daran orientieren.

Vor ein paar Jahren wären die Chancen für ein NPD-Verbot größer gewesen, die Partei zog in sämtliche ostdeutschen Landesparlamente ein. Damals galt sie als echte Bedrohung. Heute ist sie dafür viel zu unbedeutend. Dass man die NPD fast nur noch auf kommunaler Ebene antrifft, ist nicht mangelnder Wählerklientel geschuldet – ganz im Gegenteil: Sie hat mittlerweile einfach mehr Konkurrenz. Zurzeit wird nicht ohne Grund wieder ein „Aufstand der Anständigen“ gefordert.

Die NPD verliert Stimmen an die AfD, und für jene, denen Gauland, Höcke und Petry noch nicht radikal genug sind, stehen Parteien wie die „Die Rechte“ und „Der III. Weg“ zur Verfügung. Die potenziellen politischen Erben der NPD sind also längst etabliert. Wünschenswert wäre ein Verbot trotzdem, denn damit würde die NPD ihren Anspruch auf staatliche Gelder verlieren. Gegen Rassismus und Antisemitismus würde ein Verbot wenig ausrichten, gegen Wahlkampfplakate mit Slogans wie „Gas geben“ hingegen schon.

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