Flexibilität muss teurer werden

Arbeitskampf Mehr Geld macht die Leiharbeit kaum besser. In ihrer derzeitigen Form gehört sie abgeschafft
Ausgabe 37/2019

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit? Davon können die rund 900.000 Leiharbeiter in Deutschland nur träumen. Die am 17. September startenden Tarifverhandlungen werden daran nichts ändern. 8,5 Prozent mehr Geld für die Beschäftigten der Leiharbeitsbranche, das ist die Lohnforderung des DGB. Dazu kommen mehr Urlaubstage und mehr Weihnachtsgeld. Eine Gehaltserhöhung um 8,5 Prozent, das klingt nach viel. Ist es aber nicht, wenn man sich anschaut, wie wenig Leiharbeiter im Vergleich verdienen. Bei 1.928 Euro brutto lag ihr Monatslohn 2018 im Mittel. Das sind 1.367 Euro weniger als bei regulär Vollzeitbeschäftigten, die auf 3.304 Euro kamen. Und das liegt nicht daran, dass Leiharbeiter häufiger Tätigkeiten mit „geringer Qualifikation“ ausüben, wie so gerne suggeriert wird. Sie werden schlicht schlechter bezahlt.

8,5 Prozent mehr Geld, „völlig überzogen“ fanden das die Vertreter der Leiharbeitsbranche und erteilten dem DGB schon im Vorfeld eine Absage. „In der aktuellen Phase würden durch derartige Forderungen Arbeitsplätze gefährdet und Integrationschancen von Menschen in den Arbeitsmarkt behindert.“ Schlechte Konjunktur, gute Konjunktur, egal – sie beten stets das gleiche Mantra. Seit die Leiharbeit als Lohndumping im großen Stil etabliert wurde, wird sie politisch als Win-Win vermarktet. Eine Maßnahme, um kurzfristige Arbeitsspitzen aufzufangen mit tollen Einstiegschancen für Erwerbslose, aber in der Praxis profitiert fast nur die Unternehmerseite.

Eigentlich sollte mit der Reform der Leiharbeit vor zwei Jahren vieles besser werden. Eigentlich. Laut Gesetz sollen Leiharbeiter nach neun Monaten den gleichen Lohn wie die Stammbelegschaft erhalten.Aber die meisten von ihnen arbeiten nicht einmal ein halbes Jahr am Stück im Betrieb. Mit 8,5 Prozent mehr Gehalt kommt man aus dem Teufelskreis nicht raus, damit schafft man gerade mal einen kleinen Abstand zum Mindestlohn. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit? Das muss für Leiharbeiter vom ersten Arbeitstag an gelten. Für die Belastung, die mit der Flexibilität einhergeht, sollten Unternehmen zusätzlich zur Kasse gebeten werden. So wie sich die Leiharbeit präsentiert, als Lohndumping und Drohkulisse, gehört sie abgeschafft. Aber das geschieht erst, wenn Unternehmer feststellen: Leiharbeit lohnt sich für mich nicht.

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