Uniformen, Waffen, Befehl und Gehorsam, nach einem Arbeitsumfeld, in dem sich zahlreiche Anhänger von Linkspartei und Grünen tummeln, klingt das nicht. Ist es auch nicht; wer sich für eine Laufbahn bei der Polizei entscheidet, sei eher wertkonservativ, sagen Kriminologen. Wertkonservativ ist allerdings ein dehnbarer Begriff. Friedrich Merz liegt nicht falsch, wenn er sich darum sorgt, dass Polizisten und Bundeswehrsoldaten als Wähler von CDU und CSU in Richtung AfD abwandern.
Fatal ist hingegen die politische Schlussfolgerung, die er kürzlich in seiner neuen Kolumne für die Welt am Sonntag zog. In den wenigsten Fällen gehe es um einen Rechtsruck, sondern um die Verzweiflung von Staatsdienern. Mehr Rückendeckung von der Politik für die Polizei, lautet seine simple Losung, die von Polizeigewerkschaften dankbar aufgegriffen wurde. Und das in einer Zeit, in der immer mehr über die rechtsextreme Prepper-Gruppe Nordkreuz bekannt wird: von Todeslisten über SEK-Beamte, die für den „Tag X“ Munition sammelten, bis zum Plan, Leichensäcke und Ätzkalk zu bestellen. Oder angesichts der 38 Polizisten, gegen die in Hessen wegen rechtsextremer Seilschaften und Verbindungen zu Drohbriefen des „NSU 2.0“ ermittelt wird. Da sollte man bei der Rückendeckung schon genauer hinschauen.
„Einzelfälle“, das ist der reflexhafte Befund, mit dem Vertreter von Innenbehörden gerne reagieren, wenn rechtsextreme Vorfälle innerhalb der Polizei bekannt werden. Das Problem ist, viele Bundesländer führen nicht einmal Statistiken, in denen solche Vorfälle erfasst werden. Wie genau kann man da eigentlich beurteilen, ob es sich ausschließlich um Einzelfälle handelt? Wenn es um das Thema Rechtsextremismus und Polizei geht, herrscht Nichtwissen oder Nichtwissenwollen. Die letzten umfangreichen wissenschaftlichen Studien zum Innenleben der Polizei gab es in den 90er Jahren, als Reaktion auf die damalige Welle rechtsextremer Gewalt.
Die Grünen haben nun die Innenminister von Bund und Ländern aufgefordert, Verstöße von Polizisten wie menschenfeindliche Äußerungen in Chatgruppen, das Tragen extremistischer Abzeichen oder Hetze gegen Geflüchtete zu dokumentieren. Die im DGB organisierte Gewerkschaft der Polizei reagierte aufgeschlossen, der Chef der Bundespolizeigewerkschaft befand hingegen, das sei „ehrabschneidend“. Er sprach von Überwachung, die an „düstere DDR-Zeiten“ erinnere. Die Polizei setzt das Gewaltmonopol des Staates durch, dabei schränken Polizisten auch Grundrechte von Bürgern ein. Selbst Beobachtung zu akzeptieren, müsste da eigentlich selbstverständlich sein.
Neben Statistiken sind hierzulande auch unabhängigeBeschwerdestellen, die die Linkspartei fordert, um Hinweise auf polizeiliches Fehlverhalten besser überprüfen zu können, Mangelware. Auch das stützt die Wagenburgmentalität und den Korpsgeist, die von der Polizei oft an den Tag gelegtwerden, wenn sie selbst in die Kritik gerät. Dieses Verhalten wirkt zunehmend riskant. Seit der Ermordung des CDU-Politikers Walter Lübcke sprechen Innenpolitiker von einer neuen Qualität des Rechtsterrorismus.
Eine erschreckend neue Qualität zeigen aber eben auch die Berichte über rechte Vorfälle bei Polizei und Militär. Sind KSK-Soldaten, SEK-Beamte und Mitarbeiter des LKA in Terrorvorbereitungen verstrickt, muss man alarmiert sein. Denn es handelt sich nicht um Dilettanten, die da zur Tat schreiten könnten.
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