Beck

Linksbündig Was vom SPD-Chef bleibt: Letzte Worte und eine Frage

In der vergangenen Nacht" - der Nacht zum Sonntag, in der fast alle Deutschen schliefen - ist der Plan von Kurt Beck und Frank-Walter Steinmeier, "mit dessen Nominierung zum Kanzlerkandidaten der SPD durchzustarten und gemeinsam für einen Erfolg bei der Bundestagswahl 2009 zu sorgen, durchkreuzt worden." Der Satz ist von Kurt Beck: Letzte Worte.

Sie werfen zahlreiche Fragen auf. Zuerst natürlich die Frage, was "in der vergangenen Nacht" geschah. Dazu weiter unten. Was aber dem Leser des Zitats sofort und schmerzhaft ins Gebein fährt, ist die schreckliche Naivität, die aus dem Plan spricht, den die beiden hegten: Zwei reife Männer sitzen zusammen und beschließen "durchzustarten", handstreichartig alles Dumme, Falsche, Verlogene, Missglückte, das die SPD hinter sich her schleift, vergessen zu machen. Mehr noch: Das Tandaradei auf grünem Rasen vor blauem See im kindisch fröhlichen Parteiaktiv sollte der Impuls sein, auf dass die Stimmung in der Partei und bei den Wählern kippe, sollte nichts weniger sein, als die flottest mögliche Art, die Wahl 2009 zu gewinnen. Der Befreiungsschlag.

Da haben wir den halben Beck! Ein Mann, der an das Gute glaubt und glaubt, es komme vom Glauben an das Gute her. Und von der "ordentlichen Performance". Ein Mann, der rasch bewegt ist von der Größe des Ereignisses, das er sich selbst bereitet, der in gehobene Stimmung kommt wie bei der Einweihung einer Mehrzweckhalle auf dem flachen Lande und der Profanes ungewollt komisch überhöht: "Konzept der Geschlossenheit" nennt er das, was er, der Notkumpan Steinmeier und Franz vorhatten. Das "Konzept der Geschlossenheit" besagt, dass jetzt - noch 385 Tage ab Schwielowsee! - Ruhe zu herrschen habe in der Deutschen Sozialdemokratie. Ein "Konzept", das keine Frage stellt und kein Problem löst.

Versatzstücke der pathetischen Planung waren noch hörbar, als Steinmeier sich als Kandidat selber vorstellen musste. Was er traurig daherbrabbelte, hatte eine große Rede der Selbsttäuschung werden sollen, inklusive Fußballer-Vokabular ("... spiele nicht auf Platz, sondern auf Sieg"). Von einer "Kampfansage" hätten die Zeitungen am nächsten Tag schreiben sollen.

"In der vergangenen Nacht ist der Plan von mir" jedoch nicht einfach daneben gegangen - er ist "durchkreuzt worden"! Da haben wir vom Beck die andere Hälfte: heroisch trotz immerwährender Verfolgung durch Übelmeinende, weinerlich, wenn´s nicht so lief, und rasch beleidigt, wie es Menschen sind, die sich habituell schlecht wehren können. Das Ehrpusslige des Dorfbürgermeisters hat ihn dominiert. Er versagte wie an einer Schnur in kleinen wie den größeren Dingen. Man mochte schon nicht mehr hinsehen. Natürlich spürte er das und übersetzte sich das Fatum final als systematische Verfolgung. Und das in einer Stadt, in der man sich viel leichter als in Mainz verläuft!

War er ein Linker? Versehentlich vielleicht. Manchmal hat er sich verplaudert und ist dann von der Presse auf Die Linke festgenagelt worden. Einmal hat er Müntefering besiegt. Aber nicht um der Sache Willen, sondern aus Prinzip, wegen der "notwendigen Autorität". Aus Kleinmut hat er sich schließlich aufgegeben. "In der vergangenen Nacht" wurde er gewahr, dass er einer Intrige aufgesessen ist. Dabei war es bloß Mobbing, ordinäres Mobbing, dem sich eine Partei hingibt, die ihrer selbst überdrüssig ist. Ein Mann oder eine Frau, die diesen Test nicht besteht, kann nicht Regierungschef eines Staates werden.

Beck wirkte stets aufgeräumt wie bei der Kirmes, doch war er ohne Humor. Von Ferne - oder schon wieder in der Nähe - hört man das kellerartige Lachen Schröders. In einem Online-Wissensquiz, wie sie so genannte Qualitätszeitungen bereithalten, um ihre Internet-Präsenz zu behaupten, wird demnächst eine Frage lauten: Wer hat gesagt: "Waschen Sie sich, rasieren Sie sich, gehen Sie zum Frisör, dann klappt´s auch mit dem Job?"

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