Unseriöses Angebot

Kommentar Mit Entwicklungshilfe in den Sicherheitsrat

"Ich sehe nicht, wie wir bei der jetzigen Finanzausstattung das finanzieren könnten." Wenig begeistert zeigt sich Hans Eichel von den Zusagen des deutschen Botschafters bei den Vereinten Nationen, Gunter Pleuger. Bis 2014 werde Deutschland seine Ausgaben für Entwicklungshilfe von 0,28 auf 0,7 Prozent des Bruttosozialproduktes steigern, versprach der Diplomat. Somit entspräche die BRD den Vorgaben, mit denen die UNO die Zahl der Armen weltweit um die Hälfte reduzieren will. Um Pleugers Angebot zu erfüllen, müsste der Bund in den nächsten neun Jahren etwa 15 Milliarden Euro mehr ausgeben. Inoffiziell soll Außenminister Fischer dieselbe Offerte hohen UN-Vertretern gemacht haben.

Während der Finanzminister sich skeptisch zeigt, argumentieren der Kanzler, das Auswärtige Amt und das Entwicklungshilfeministerium, die Mehrausgaben seien im Rahmen der UN-Milleniumsziele ohnehin unvermeidlich. Zwar ist durchaus fraglich, ob Entwicklungshilfe wirklich ein taugliches Mittel zum Erreichen des hehren Ziels - der Bekämpfung von Armut - darstellt. Warum aber versprechen deutsche Außenpolitiker heute Zahlungen, die ihnen morgen ohnehin auferlegt werden? Ihr Ziel ist offenkundig ein machtpolitisches. Schröder und Fischer wollen in den Sicherheitsrat, koste es, was es wolle - und koste es auch eine erhöhte Entwicklungshilfe. Hinter dem Angebot steht das Kalkül, auf diese Weise Unterstützung für eine Umgestaltung der UN nach deutschen Vorstellungen zu finden. Gemeinsam mit Japan, Brasilien und Indien, die ebenfalls einen ständigen Sitz anstreben, soll die Organisation reformiert werden, aber nicht etwa durch einen Gewinn an Demokratie, indem die Vollversammlung gestärkt oder das Vetorecht abgeschafft wird. Erst im Dezember hatte der deutsche Kanzler noch einmal die Forderung nach einem Vetorecht auch für die neuen Mitglieder des Rates bekräftigt.

Der Wunsch der Regierung nach Glanz in der Außenpolitik ist nicht nur ihrer innenpolitischen Schräglage geschuldet. Schröder verfolgt das Ziel, den internationalen Einfluss Deutschlands zu vergrößern, beharrlich und seit langem - so beharrlich wie kaum etwas anderes. Im Weltsicherheitsrat Platz zu nehmen, würde nicht nur eine symbolische Aufwertung bringen, sondern realen Machtgewinn. Ob es allerdings je dazu kommt, bleibt zweifelhaft, denn nicht nur die Volksrepublik China dürfte sich schwer tun, Japan im Sicherheitsrat zu akzeptieren, den Amerikanern dürfte es mit Deutschland ähnlich gehen.

Seit dem rot-grünen Wahlsieg 1998 gab es nur eine geringfügige Steigerung der Entwicklungshilfe, die vor allem auf den Schuldenerlass für einzelne Länder zurück zu führen ist. Nun Angebote zu machen, die man unter Umständen nicht einhalten kann, ist unseriös - sie öffentlich als moralisches Anliegen zu verkaufen, fast unanständig.


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