Rajoys Camorra

Spanien Rajoys Regierung versucht mit allen Mitteln, die Wahl Puigdemonts zum katalanischen Präsidenten zu verhindern, und greift hierbei zu teils mafiösen Mitteln.

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Die konservative spanische Volkspartei des Regierungspräsidenten Mariano Rajoy ist bis tief ins Mark korrupt, hat die spanischen Verfassungsrichter unter Kontrolle und droht ihren politischen Widersachern. Das mafiöse Vorgehen des Partido Popular gegenüber den Katalanen bringt nicht nur den spanischen Staat in immer größere Erklärungsnot, sondern sollte auch in Brüssel endlich Reaktionen auslösen.

Die spanische Tageszeitung El País, sonst eigentlich treue Propagandamaschine der spanischen Regierung und der Vizepräsidentin Sáenz de Santamaría, enthüllt in einem Artikel die Einflussnahme der spanischen Regierung auf die zehn Richter und zwei Richterinnen des spanischen Verfassungsgerichtes. Die Einheit und Zukunft der spanischen Nation stehe auf dem Spiel, ließen die Politiker den Richtern telefonisch vor der wichtigen Entscheidung wissen!

Montesquieu würde sich im Grabe umdrehen, denn das Gericht entschied in einer dringend einberaumten Sondersitzung an diesem Wochenende schließlich, Bedingungen für eine hypothetische Wahl von Carles Puigdemont zum alten und neuen Präsidenten der katalanischen Regionalregierung zu stellen. Dass laut spanischer Rechtsexperten die Auslegung der Regeln eines Regionalparlaments nicht in den Kompetenzbereich der obersten Richter fällt und ein in der Zukunft und damit nur hypothetisch existierender Vorfall nicht gerichtbar ist, war hierbei wohl zweitrangig. Rajoy und Sáenz de Santamaría wollen hiermit vor allem dem politisierten und parteiischen Staatsoberhaupt Felipe VI ersparen, die Ernennungsurkunde Puigdemonts unterzeichnen zu müssen.

Das Verwischen von Grenzen zwischen Exekutive und Judikative scheint in Spanien zur absoluten Tagesordnung zu gehören. So befindet sich auch die Staatsanwalt fest in Regierungshand. Diese stellte nach der politischen Unabhängigkeitserklärung im katalanischen Parlament Ende Oktober Anzeige wegen Rebellion, Volksaufstand und Veruntreuung öffentlicher Gelder, woraufhin die zuständigen Richter die Hälfte der katalanischen Regierung und die beiden Vorsitzenden der großen katalanischen Unabhängigkeitsorganisationen in Vorbeugehaft steckten und die andere Hälfte samt Puigdemont das belgische Exil bevorzugte. Hier würde sich wiederum Orwell im Grabe umdrehen, denn die tumultartigen Versammlungen und die Gewalt, ohne die laut spanischem Strafgesetz weder Rebellion noch Volksaufstand vorliegen, sind in den Anklageschriften fein zurechtgebogen oder gar wahrheitsministerial frei erfunden. Ein europäischer Haft- und Auslieferungsbefehl wurde schließlich von der spanischen Justiz zurückgezogen, als in Belgien Zweifel an einem fairen Prozess für die Exmitglieder der katalanischen Regierung laut wurden.

Überhaupt, Fairness und Neutralität sind im Spanien der letzten Monate zu Fremdwörtern verkommen. Die Medien lassen die immer neuen Korruptionsvorwürfe und -fälle des Partido Popular zum nationalen Wohle unter den Tisch fallen und bringen täglich neue und immer absurdere Vorwürfe über die Befürworter der Unabhängigkeit unter das Volk. So seien diese zum Beispiel Schuld an einem möglichen geringeren Wirtschaftswachstum, an steigender Arbeitslosigkeit oder am Fehlen eines Haushalts für das laufende Jahr 2018 und dienen der Regierung damit als schwarzer Peter und zur perfekten Tarnung für ihre eigene politische Inkompetenz. Die Kampagne, die teils surreale Züge annimmt, scheut auch nicht davor, frei erfundene Reportagen über körperliche und psychische Gewalt an Befürwortern der spanischen Einheit zu senden, während rechtsradikale Gewalttäter als Patrioten mit Flagge beschrieben und ihre Taten kleingeredet oder schlicht vertuscht werden.

Doch der Druck aus Madrid ist nicht nur medialer und politischer Natur, sondern nimmt teils mafiöse Ausmaße an, von denen die Camorra sich noch eine Scheibe abschneiden könnte. So ließ Pablo Casado, ein Sprecher der Konservativen, vor dem Referundum verlauten, Puigdemont könne wie Lluís Companys enden, dem katalanischen Präsidenten, der vor Franco floh, von der Gestapo in Frankreich geschnappt und später in Barcelona hingerichtet wurde.

Durch Helikopter und massive Polizeipräsenz in der katalanischen Hauptstadt vor wichtigen Terminen sollen die Bürger eingeschüchtert werden. Die absolut unnötige Gewalt während des Unabhängigkeitsreferendums Anfang Oktober ging weltweit durch die Presse, auch wenn die spanische Regierung bis heute abstreitet, dass es zu Gewalt und Verletzten gekommen sei. Es handele sich um Fake News und die katalanische Regierung habe die Zahl der Verletzten frei erfunden, so der spanische Außenminister Dastis.

Den letzten Akt dieser Einschüchterungsversuche bekam nun Roger Torrent, der kürzlich gewählte Präsident des katalanischen Parlaments, zu spüren. Dieser trägt die Hauptverantwortung für die für diesen Dienstag angesetzte Parlamentssitzung zur Wahl des katalanischen Präsidenten. Für den Fall, dass dieser schließlich doch die Wahl Puigdemonts zulassen sollte, hat der Partido Popular bereits eine Drohung an die Presse durchsickern lassen: Torrent habe Kinder und wisse wohl, was er tue. Ob er auch einen abgschnitten Finger per Post erhalten hat, ist derzeit nicht bekannt.

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