Brief an meine Freunde

Auszeit Computer machen krank

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Danke auch an dieser Stelle an alle myheimat-Mitglieder, die über Luise Schoolmann (myheimat marienhafe) gespendet haben. Großen Dank für die zahlreichen Zuschriften. Ich konnte noch nicht alle Mails beantworten, werde das im Laufe der Zeit aber tun. Es ist immer noch überwältigend zu sehen, wie groß die Solidarität unter Denen ist, die mich seit Jahren kennen. "Das Lächeln, dass du aussendest, kehrt zu dir zurück" - hat mal Jemand gesagt und so muss es wohl sein. Danke, dass ihr alle so zahlreich an mich denkt, auch wenn die Abstände zwischen den Neuigkeiten hier bei Facebook zuletzt doch größer wurden. Danke für Eure Treue und Loyalität

Was war passiert?

Ich war verreist. 20 Jahre war ich nicht mehr am Meer, war mit nackten Füßen nicht mehr am Strand gelaufen und irgendwie ziehe ich das Pech magisch an, denn nach nur wenigen Metern barfuß am Strand bin ich auf eine Muschel getreten, die mit irgendwas infiziert war. Ein langer Stachel steckte mir im linken großen Zeh und darüber müssen auch fieseBakterien ins Blut gelangt sein. Mein Kreislauf ging gar nicht mehr. Nicht mal zum Wasser lassen konnte ich stehen - musste mittendrin abbrechen, um nicht ohnmächtig zu werden. Der eilig herbei gerufene Notarzt diagnostizierte zunächst eine Lymphangitis https://www.onmeda.de/krankheiten/lymphangitis.html und so kam ich direkt ins Krankenhaus.

Vor allem beim Lagewechsel - vom liegen zum stehen - spürte ich tagelang wie wenn eine Flüssigkeit von oben nach unten das Bein herunterläuft, verbunden mit Schmerzen, die ich in meinem ganzen Leben so noch nie gehabt hatte. Man sagte mir, ich solle mich so wenig wie möglich bewegen, damit die Erreger sich nicht im ganzen Körper verbreiten. Strikte Bettruhe war angesagt und die hielt ich auch durch.

Problem: Falle ich aus, kommt auch kein Geld. Ich bin Freiberufler, lebe nur von dem, was ich kurzfristig erarbeite. Ich habe nichts gespart, auch keine Rücklagen und wenn ich nichts erarbeiten kann, brenne ich sehr schnell runter auf "Null". Ich weiß das ist gefährlich, so ohne Netz und doppelten Boden, aber ich habe Prinzipien und versuche ohne staatliche Hilfe auszukommen. Das bringt mich oft an meine Grenzen. Zuletzt hatte ich nur noch 20 Euro in der Tasche, aber irgendwie ging es immer weiter, so auch dieses mal. Dank Luise, die sich für mich eingesetzt hat, muss ich mir um die Miete der nächsten Zeit keine Sorgen mehr machen. Großen Dank noch mal an Alle, die das mit ermöglicht haben. Besonders Lutz R. und Markus G. - die mit einer Großspende aushalfen und auch die vielen langjährigen Freunde und Wegbegleiter, die mich durch die Jahre hin nicht vergessen haben. Ohne Euch wäre Vieles Anders. Ihr seid der Motor meines Antriebs diesen Blog zu füllen. Vor langer Zeit, hat er mich befreit aus der Schwäche. Alle Jahre wieder. 7 Jahre sind seit damals vergangen.

Mein Zimmer: Inzwischen eine 30 qm Dachwohnung. Als ich im März 2010 meine letzte richtige Wohnung verlor, schwor ich mir - nie wieder in eine Dachwohnung zu ziehen. Weil im Winter zu kalt und im Sommer zu warm. Die letzten Wochen hatte ich konstant 50 Grad in der Bude - auch das ein Grund meiner ausgedehnten Online-Abstinenz, nun wird es endlich kühler. Nur noch 24 Grad - HURRA!

\\\ Grüße in die Heimat ///

Ich vermisse den Garten und die Leute in Steinfurth. Das Klavier und den Metzger nebendran und ich muss zugeben, ich hatte Bauchschmerzen, als ich hörte, dass Luise eine Spendenaktion vom Zaun bricht. Denn irgendwie bin ich auch "Max Bryan", der Typ, der Anderen hilft, der nicht selbst etwa Hilfe braucht. 7 Jahre habe ich mich durchgekämpft. Ohne Sozialamt, ohne "Vater Staat" im Rücken. Das ging lange gut, so lange die Gesundheit eben hielt. Nun muss ich schauen, wie gesund ich werde, denn die Verletzung am Bein ist nicht das Einzige, was mich bremst.

Stiller Schlaganfall in 2016

Es war Anfang 2016, als ich in einer Arbeitspause nach kurzem Ruhen nicht mehr gerade aus laufen konnte. Als hätte ich Schlagseite, musste ich mich an der Wand entlang tasten, sonst wäre ich umgefallen. Christoph (der Hausherr) meinte: "Du siehst Kreide bleich aus". Im Krankenhaus nachher will man nur ein "HWS-Syndrom" erkannt haben. Später aber stellte sich heraus, es war ein stiller Schlaganfall. Alle Symptome sprachen dafür. Das Erbrechen im Auto (mit Karin) und das Vibrieren der Beine danach. Bis heute habe ich mit den Nachwirkungen dieses Vorfalls zu kämpfen. Wie ein permanentes Gefühl von Seekrankheit - so kommt es mir vor und die Ärzte wissen nicht was es ist. Vielleicht eine Nervenschädigungen, die nicht mehr zu reparieren ist. Jedenfalls schränkt mich die Krankheit ein, auch wenn Klaus, Bolle und all die Menschen, die ich unterbrachte, davon nichts wissen. Ich bin eben auch ein Kämpfer - ein Never-give-up-Mensch, der sich niemals unterkriegen lässt. Auch nicht von ein bisschen Krankheit. Das Wohl der Anderen stets zuerst - und am Ende irgendwann ich selbst. Im Zweifel ist das dann zu spät. Die rote Linie haben ich regelmäßig überschritten. Das muss sich ändern.

Einzelkämpfer

Vielleicht hilft ein neues Miteinander. Ich muss lernen, die Dinge zu (aufzu)teilen, nicht mehr alles selbst zu machen. Die letzten Container-Projekte habe ich (vor Ort) im Alleingang gestemmt - tat Dinge, die sonst nur große Organisationen machen. Das hat seinen Preis und fordert seinen Tribut.

Als Luise dieses Foto mir das erste mal zeigte (sie war dabei als es geschah) war ich geschockt, mich so zu sehen. Hilflos, ausgebremst, angewiesen auf die Gunst all Derer, die verzweifelt versuchten meinen Kreislauf zu retten. Es war das erste Mal, dass mein Körper den "Dienst" auf diese Weise versagte. 20 Jahre Raubbau am eigenen Körper forderten ihren Tribut und vielleicht war es notwendig und richtig, dass dies passierte. "Nachher" ist man schlauer - zumindest lehrt das die Erfahrung der Anderen, die Ähnliches erlebt haben. Einfach mehr auch für sich da sein. Auszeiten nehmen. Den Dingen Raum lassen und sich einfach mal mit sich selbst veabreden. Das wäre toll, wenn auch das noch gelänge.

Leben ohne Geld?

Geld kam immer irgendwo her und theoretisch kann ich in Hamburg auch ganz ohne Geld überleben. Es gibt Sozialstationen für Morgens, Mittags und Abends - obschon man da natürlich auch erstmal hinkommen muss. Wer weit draußen lebt, muss die Bahn benutzen und Schwarzfahren geht auch nicht. So müsste ich schon zurück an meinen alten Schlafplatz an den Landungsbrücken. Zur Not wäre das eine Option. Doch wenn ich ehrlich bin, ich bin nicht mehr für die Straße gemacht. Bin nicht mehr so fit wie vor Jahren noch. Tagsüber die Lauferei vom Schlafplatz in die Stadt und Nachts die Angst vor Übergriffen. Der Schlafmangel tut sein Übriges. Erst dieser Tage wurden Obdachlose wieder angezündet. Die Gewalt ist immer da. Auch gegen Menschen, die nichts mehr haben. https://www.sueddeutsche.de/panorama/berlin-obdachlose-angezuendet-tatverdaechtiger-festgenommen-1.4078288

Das Bein heilt

Mein Bein wird sicherlich heilen. Es ist nicht offen. Aber die Haut sehr dünn. Ich kenne das von Anderen. Die kleinste Verletzung und man hat ein Problem. Auch Klaus hat damit zu kämpfen. "Ulcus Cruris" nennt sich das. Eine typische Obdachlosen-Krankheit -->

https://de.wikipedia.org/wiki/Ulcus_cruris so weit bin ich noch nicht, aber meine Bein- und Beckenvenen sind kaputt. Wie auch meine HWS und LWS. Ein Andenken an die Zeit, als der Rucksack noch mein Kopfkissen war und natürlich haben die endlosen Stunden im Internet ihr Übriges getan.

Computer macht krank

8 Jahre bin ich jetzt bei Facebook. Habe tausende von Bildern geteilt und knapp 200 Berichte geschrieben. Das Bewegtbild dazu steht nicht mal online. Es könnte noch mal so lange dauern, bis das Alles mal veröffentlicht ist. Alles was es an Standbildern gibt, gibt es auch als Bewegtbild - als Video also und theoretisch könnte ich jeden meiner Blogbeiträge auch als Video herausbringen - indem ich den Blogtext einfach zu einem Off-Sprecher-Text umwandle, was schon mal die grundlegende Tonspur eines jeden Diary-Beitrags liefern würde. Wie hier in etwa --> https://www.youtube.com/watch?v=cU2VtDHCr30&list=UUWbqAhkZlc-5P2_rEJtcXkg&index=9

\\\ 10 Terrabyte Daten ///

Das ist mein großes Ziel - auch die Videos alle mal online zu stellen - da will ich hin. Diese Bilder könnten Menschen für Menschen begeistern und Andere ermutigen an sich und ihr Glück zu glauben. Ob mir das (in diesem Leben) noch gelingt, weiß ich nicht. Sitzen ist erstmal Gift - so langes Sitzen vor allem und es würde Jahre dauern, das komplette Material zu sichten und zu schneiden. Allein das "Street-Diary" ist gut 500 Stunden lang. Für ein Menschenleben viel zu viel. Da müssen Andere (mit) ran. Auch das wird Aufgabe der nächsten Zeit.

Mitstreiter finden

Im Film "Men in Black" wäre das nun die Stelle, in der "Kay" zu "Jay" sagt: "Ich habe keinen Partner gesucht, ich habe einen Nachfolger ausgebildet" und auch wenn der Vergleich etwas hinkt, komme ich nicht umhin dabei an Luise Schoolmann zu denken. Sie kann heute (fast) alles so gut wie ich. Die Gruppe würde auch ohne mich weiter bestehen. Sie schreibt wunderbar und hatte einen guten Lehrer. Durch mich fand sie zum bloggen. Inzwischen ist Luise erfolreicher als ich selbst. Schaut hier:

https://www.myheimat.de/marienhafe/profile/luise-naujocks-schoolmann-80909.html

Ihr zu Ehren schließe ich diesen Blog mit einem Gedicht, dass Luise zu Beginn ihrer Zeit bei myheimat verfasst hat. Es trägt den Titel: "Ach wär ich ein Schmetterling". Einfach nur wunderschön, was sie darin beschrieben hat:

"Ach wär ich ein Schmetterling"

- von Luise Schoolmann -

Wäre ich ein Schmetterling,

dann könnte ich lachen und weinen -

niemand würde mich hören.

Kannst du einen Schmetterling

lachen oder weinen hören,

dann kannst du auch

Sterne vom Himmel pflücken,

Wolken riechen und

mit Händen nach anderen Herzen greifen.

Wäre ich ein Schmetterling,

dann könnte ich in die Lüfte steigen.

Leicht und leise fliege ich in die Höhe

und könnte so die Leichtigkeit meines

Seins einfach nur fühlen und spüren.

Wäre ich ein Schmetterling,

dann würde ich in jedem Bauch der Welt

gehörig rumflattern,

damit ein jeder merkt, dass er jemanden

hat, der dich liebt – dem du so sehr wichtig

bist im Leben.

Wäre ich ein Schmetterling,

dann möchte ich in die Welt hinausfliegen

und mich auf die EINE Schulter setzen.

Und sitze ich erst am rechten Fleck,

dann fliege ich direkt in das Herz und

werde dort für immer bleiben.

Meine Wärme und Zartheit, meine

Schönheit und meine Leichtigkeit würde

ich im ganzen Körper des Einen verteilen

und so allzeit für Wohlbefinden, Zuversicht

und Liebe sorgen.

Flüstere mir deinen größten Wunsch zu

und ich will ihn in die Welt hinaustragen, auf

dass er in Erfüllung geht.

Text: Luise Schoolmann bei myheimat.de am 30.9.2016

https://www.myheimat.de/marienhafe/gedanken/ach-waere-ich-ein-schmetterling-d2779679.html

Sie ist die wahre Quelle der Empathie! Danke, dass es so Menschen gibt. Danke, dass es EUCH gibt!

Max Bryan

12. August 2018

www.maxbryan.de

Quelle: https://www.facebook.com/notes/max-bryan/brief-an-meine-freunde/1805817842769456

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Max Bryan

Blogger & Bürgerreporter | Gesellschaft & Soziales

Max Bryan

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