Hamburger Bürger gegen Hamburger Wochenblatt

Einstweilige Verfügung wegen Vernichtung urheberrechtlichen Eigentums von Leserreportern

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Eine Gruppe von Leserreportern hatte am Mittwoch dieser Woche (8.11.) beim Landgericht Hamburg eine einstweilige Verfügung gegen das Hamburger Wochenblatt angestrengt. Hintergrund ist die für 9. November angesetzte und zum 9.11. auch umgesetzte Abschaltung des Leserreporter-Portals vom Hamburger Wochenblatt, mit Vernichtung jahrelanger Arbeit freier Autoren, deren Beiträge seit 9. November im Internet nicht mehr erreichbar sind.

Massiver Protest

Erst Ende des Monats (30.10.) verlängerte der Verlag die Frist zur Schließung des Portals um eine Woche. Zuvor war eine Frist von nur 5 Tagen angesetzt. Unmöglich, in dieser kurzen Zeit alle Autoren zu erreichen und Beiträge zu sichern. Massiver Protest gegen die respektlose Behandlung der Autoren kam auf und der Verlag ruderte zurück - gab ein paar Tage mehr Zeit, bis 9. November - und dennoch - seit 9. November ist das Portal vom Netz. Sämtliche Beiträge der Vergangenheit sind im Internet so auch nicht mehr erreichbar, auch nicht über die Internet-Suchmaschinen. Für viele - der besonders langjährige Leserreporter - ist dieser Raub an ihrer geistigen Arbeit ein besonders harter Schlag. Nicht Wenige waren über Jahre mit Leib und Seele dabei und lieferten dem Verlag kostenlosen Content in Form von Texten und Bildern. Gehen müssen sie nun trotzdem. Eine Begründung wurde nicht genannt.

Hier bitte lesen: http://archive.is/HIoz5

Gründe der Abschaltung weiterhin unklar

Auch bis heute und trotz mehrfacher Nachfragen, weigert sich der Verlag die Gründe der Abschaltung zu benennen. Der Verlag schrieb zuletzt (am 31.10.) nur, dass Zitat: "Es geht bei der Schließung des Leserreporterportals nicht darum, Leserreporter zu zensieren, oder die Arbeit der Leserreporter in Frage zu stellen oder ähnliches." - Zitat Ende. Woran es dann aber liegt wurde ebenfalls nicht genannt.

Fragen verschickt

Auf die zahlreichen Vorschläge zur Lösung des Problems wurde seitens des Hamburger Wochenblatts nicht reagiert. Tagelang ging unter den Durchwahlen der Redaktionsleitung niemand ans Telefon und auch unter der zentralen Rufnummer des Verlages war außer endloser Warteschleifen-Musik nichts zu hören. Keiner ging ran. Als wolle man die Sache schweigend aussitzen. Folgende Fragen hatte ich den Geschäftsführern des Wochenblatts zuletzt gestellt.

1.) Ist eine Online-Archivierung der Daten des Leserreporter-Portals seitens WBV gewollt - so dass die Beiträge mit den Original-URL´s über Suchmaschinen im Internet erreichbar bleiben? Ja oder nein ... und wenn NEIN, warum nicht?

2.) FTP Zugangsdaten - wo - unter welcher ftp Adresse mit welchem Passwort kann man sich einloggen um die Daten seines Wochenblatt-Accounts via ftp herunterzuladen?

und 3.) Wenn Interesse an einer Lösung des Problems seitens des Wochenblattes bestünde, wäre das Wochenblatt dann mit einer weiteren Verlängerung der Frist zur Abschaltung des Portals einverstanden? "Sagen wir um 2 Wochen - so lange, bis Gogol in Einklang mit WBV eine Lösung zur Archivierung der Daten gefunden hat?" - fragte ich in die Runde der Entscheider und die Liste der Empfänger war lang.

"Tun Sie es aus Respekt vor der Arbeit all der Menschen, die Ihnen über Jahre treue (kostenlose) Dienste erwiesen haben" - appellierte ich an deren Gewissen, doch eine Reaktion darauf gab es nicht. NULL RÜCKMELDUNG in der Sache vom Verlag. Kein Hans Pirch (Geschäftsführer) und kein Mathias Sichting riefen zurück oder antworteten auf die zahlreichen Schreiben. Sie stellten sich einfach tot und ignorierten die Anfragen. Für meine Begriffe ein riesiges Armutszeugnis für einen doch eigentlich so beliebten Verlag - will man meinen. Auf tagelange drängende Nachfragen vieler Betroffener wurde nicht reagiert, wohl in der Hoffnung die Sache erledige sich ab dem 9. November (dem Tag der Abschaltung) von selbst.

Besuch vor Ort

Ich wollte mehr wissen über die Politik des Schweigens der Geschäftsführer des Hamburger Wochenblatts und besuchte heute - 8. November - die Zentrale am Curlslacker Neuer Deich 50 - in Hamburg Bergedorf - in der Hoffnung ein paar Antworten auf die drängendsten Fragen zu bekommen, doch leider wurde ich - trotz meiner nun wirklich netten Art - des Hauses verwiesen und das nur, weil ich wissen wollte, WARUM die Damen und Herren Wochenblatt zu keinem Gespräch bereit sind - respektive nicht ans Telefon gingen.

- Gedächtnisprotokoll vom 9.11. - am Tresen in der Curlslacker neuer Deich 50 -

"Ich hätte gern Herrn Mathias Sichting" gesprochen, fragte ich die zwei Damen im Eingangsbereich des Verlages und eine der Beiden griff auch direkt zum Hörer und rief Herrn Sichting an. Zitat: "Hallo ... hier ist ein Max Bryan, hast Du kurz Zeit?" - und Herr Sichting sagte ihr offenbar etwas - was genau - konnte ich aus der Ferne nicht verstehen, aber es wird wohl mit seiner ablehnenden Haltung dem Thema gegenüber zu tun gehabt haben. Die Frau fragte weiter - Zitat: "Kann er einen Termin ausmachen oder anrufen?" und wieder sagte Sichting der Frau von der Zentrale irgendetwas, das ich nicht hören konnte und sie reagierte mit "Okay, alles klar" und legte den Hörer dann auf. "Sie müssen sich an Herrn Pirch wenden" (den Geschäftsführer) - sagte sie mir - und das nachdem ich SEIT 2 Wochen!!! unentwegt versuche Herrn Pirch und Herrn Sichting zu kontaktieren - dafür gibt es dutzende Zeugen - wie unter anderem auch ein Herr Bernd R. vom Hamburger Abendblatt, der mir schrieb - Zitat:

---------- Original Message ----------
From: "R***, Berndt" <berndt.r***@a*************.de>
To: "post@max-bryan.com" <post@max-bryan.com>
Date: October 30, 2017 at 7:35 AM

Subject: Re: Loeschung Hamburger Wochenblatt - Einspruch und Sammelklage

Habe das an Herrn Pirch weitergeleitet- er ist an der Sache dran.

Beste Grüsse, Berndt R*****

Von meinem iPhone gesendet

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Diese Mail von Herrn R. vom 30.10. belegt, dass Hans Pirch - Geschäftsführer des Hamburger Wochenblatts KENNTNIS von dem Sachverhalt hatte - doch geschehen ist bis dato nichts. Keine Rückmeldung, keine Antwort, keine Reaktion. Offenbar war nicht gewollt, den Content über die Suchmaschinen erreichbar zu halten. Nun ist das Portal vom Netz und enormer Schaden ist entstanden.

Landgericht am Telefon

Schier in diesem Augenblick unserer fruchtlosen Unterhaltung am Tresen des Wochenblatt-Verlags klingelte mein Telefon - der Richter vom Landgericht Hamburg war dran - wir hatten am Morgen des 8.11. eine einstweilige Verfügung gegen die Abschaltung des Portals auf den Weg gebracht - zunächst beim Amtsgericht in Bergedorf, doch für Medien und Presseangelegenheiten sei Hamburg Mitte zuständig und von da kam dann auch der Anruf - man prüfe die Angelegenheit bereits.

Wochenblatt nicht erreichbar

Kurz nach diesem Telefonat - und ich stehe immer noch am Tresen des WBV-Geschäftssitzes - kam plötzlich ein Herr im weißen Hemd auf mich zu - "sind Sie Herr Sichting" fragte ich und "Nein, der bin ich nicht", antwortet der Mann und Herr Sichting sei angeblich "nicht im Haus - und Herr Pirch auch nicht", erklärt der Mann, der sich nachher als Wolfgang Claussen - stellvertretender Geschäftsführer der Bergedorfer Zeitung zu erkennen gab. Irgendwer muss ihn gerufen - respektive vorgeschickt haben, weil die Damen und Herren Wochenblatt das nicht selbst erledigen können? Warum spreche ich plötzlich mit dem Chef einer anderen Zeitung? Sind die Damen und Herren zu feige mir gegenüber zu treten?

"Keiner von denen, die Sie sprechen wollen, ist hier im Haus - die sind alle außer Haus unterwegs und ich möchte Sie jetzt bitten unser Haus zu verlassen, ansonsten rufen wir die Polizei" - drohte der Herr mir, dabei begehrte ich nur ein paar Antworten auf die schon bekannten Fragen, doch daraus wurde nichts. Eine Mauer des Schweigens und ein feiger Wochenblatt-Redakteur, der sich hinter dem Chef einer ganz anderen Redaktion versteckt. DENN: ...

Chef ließ sich verleugnen

Fakt nämlich ist, dass die Frau am Tresen zuvor mit eben diesen Herrn Sichting über das Haustelefon telefoniert hatte und sie ihn fragte, ob er kurz Zeit für mich hätte und er das- wie hier schon zu lesen war - verneinte. Diese Frage hätte die Dame von der Rezeption ihm garantiert nicht gestellt, wenn er nicht im Hause gewesen wäre. Der Herr im weißen Hemd behauptete dennoch, dass Herr Sichting angeblich gar nicht im Haus sei. Wurde ich belogen? Um mich abzuwimmeln?

"Sie können ja einen Termin machen" - meint der gute Herr und das sagt er so einfach - wo doch die Damen und Herren Wochenblatt seit 14 Tagen nicht erreichbar sind - geschweigedenn auf E-Mails reagieren. Wie soll man da einen Termin ausmachen? Und die Zeit drängte - denn am 9. November sollte das Portal ja vom Netz gehen - was inzwischen auch passiert ist - und das OHNE JEDE EINLASSUNG oder RÜCKMELDUNG zu den drängenden Fragen von rund 300 aufgebrachten Leserreportern. Das wird jahrelange Arbeit vernichtet und nicht einer der Herren ist im Haus erreichbar? Das ist unglaubwürdig

Feigheit und Ignoranz

Ich glaube eher, Herr Mathias Sichting und Hans Pirch hatten nicht den Mut den Betroffenen in die Augen zu schauen, während sie verkünden, dass 5 Jahre ihrer mühevollen Arbeit ab 9. November aus dem Netz verschwindet - als hätte es die Beiträge (und die Arbeit daran) nie gegeben. Mein Eindruck: Es ist diesen Damen und Herren schnurz egal, was aus den Beiträgen ihrer Leserreporter wird. Sie denken nur an sich und ihre Interessen - haben keinerlei Respekt und Empathie für die Arbeit anderer Menschen, die jahrelang das Portal mit Inhalten füllten. Allein diese Umgangsweise mit Menschen, die vor der Schließung des Portals lediglich ihren Content retten wollten, ist ein zu tiefst beschämender Vorgang, für den die Damen und Herren Hamburger Wochenblatt sich vor Gericht noch verantworten werden müssen. Die Klage wird nun nämlich ausgeweitet auf Schmerzensgeld wegen des erlittenen Verlustes jahrelanger Arbeit. Das Wochenblatt hätte das verhindern können, taten sie aber nicht.

Welle der Empörung

Zahlreiche Freunde der Hobby-Autoren hatten sich dem Protest gegen die Schließung angeschlossen und ihren Unmut über den kurzfristigen Rauswurf per Mail und Anruf Luft gemacht. Auch weil die Leserreporter ja nicht mal Geld kosten. Entsprechend groß war die Welle der Empörung, ohne die das Portal schon am 31.10. verschwunden wäre. Zwischen Vorankündigung und gewollter Schließung lagen ursprünglich nur 5 Tage. Auch diese Frist ist fragwürdig.

Klassische Medien gefordert

Die klassischen Medien sind aufgerufen sich an der Recherche der Hintergründe der Abschaltung des Portals zu beteiligen. Wenn es Anweisungen zur Schließung des Portals wegen unliebsamer G20-Berichte gäbe, wäre dies ein Riesen Skandal.

Max Bryan

9.11.2017

www.maxbryan.de

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Geschrieben von

Max Bryan

Blogger & Bürgerreporter | Gesellschaft & Soziales

Max Bryan

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