Winternotprogramm endet

Heute: private Wohncontainer bleiben

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Wie auf dem Parkplatz der Ansgar-Gemeinde in Hamburg Langenhorn haben wir in diesem Winter insgesamt drei Wohncontainer aufgestellt und während das städtische Winternotprogramm regulär zum 1. April eines jeden Jahres schließt, steht die Container unseres privaten Winternotprogramms noch ganze 4 Wochen länger. 30 Tage mehr Zeit, um Bolle und Rolf eine Folgeunterkunft zu vermitteln und die Zeit drängt. Vorab ein kleiner Praxistipp.

Anleitung zum Selbermachen

Das Beispiel zeigt, dass es machbar ist, dass auch Leute von Privat so etwas planen und umsetzen können - ohne große "Orga" im Rücken. Jeder mit eigenem Grunstück könnte so etwas tun und wer selbst auch mal so einen Container bei sich aufstellen will - hier ist eine kleine Anleitung dazu:

Baugenehmigung erster Schritt

Zu allererst benötigt man eine Baugenehmigung. Der entsprechende Antrag hierfür sollte nach Möglichkeit schon Monate vor der Errichtung der geplanten Anlage eingereicht werden - was wir auch taten. Hier in Kooperation mit einem Hamburger Architekten - einer sogenannten "Bauvorlagen berechtigten Person", denn die braucht es, um einen solchen Antrag beim Bauamt einreichen zu können.

Bilder und Screenshots hier: https://www.facebook.com/notes/max-bryan/-der-container-steht-/2083647914986446/

Bauskizze nebst Baubeschreibung sind Pflicht - nebst einem Prüfbericht zur Standsicherheit der entsprechenden Container. Eine Flurkarte, die Vollmacht des Grundstücks-Eigentümers und den Bauantrag selbst, den man als Formblatt im Internet auch downloaden kann. http://www.hamburg.de/formulardownload/103154/formulare-bauaemter/

Wartezeit beachten

Sind alle Unterlagen beisammen und eingereicht heißt es abwarten, bis die Bauprüfer eine Entscheidung getroffen haben und das kann bis zu 3 Monate dauern. Dauert es länger als 3 Monate, gilt die Baugenehmigung automatisch als erteilt.

Im Fall von Ansgar und Lokstedt bekamen wir die Baugenehmigungen binnen nur weniger Wochen. Nur das Bauamt Mitte stellte sich quer und verweigerte die Genehmigung über Monate hin. Trotz eisiger Kälte bis März. Die Bauprüfer kannten kein Erbarmen (Sonderbericht folgt noch).

Zufahrt sichern

Bei aller Euphorie einen Stellplatz für den Container gefunden zu haben, sollte man nicht vergessen auch zu klären, ob ein Ladekran überhaupt durch die Einfahrt passt, respektive das Areal dafür geeignet ist einen 12 qm Container zu rangieren, respektive abzuladen.

Nicht jede Örtlichkeit besitzt eine entsprechend breite Zufahrt. Mit dem Parkplatz der Ansgar-Gemeinde hatten wir Glück gehabt - auch weil die umstehenden Bäume uns fast noch einen Strich durch die Rechnung machten. Am Ende aber ging es gut.

Bilder: https://www.facebook.com/notes/max-bryan/-der-container-steht-/2083647914986446/

Die Jungs vom Ladekran sind absolute Profi´s, die selbst in engeren Wegbarkeiten Unmögliches noch möglich machen. Danke an SST und die Ladekran-Jungs!

Anschlüsse vorhanden?

Mindestvoraussetzung für den Betrieb einer solchen Anlage ist ein 32-Ampere Anschluss am umliegenden Stromverteiler. Wo immer dieser dann auch steht - sollte stets ein Stahlseil mit ausreichend Verlängerungsschnur bereit liegen, um die Leitung vom Anschlusspunkt zum Zielpunkt ziehen zu können.

Die Jungs von der Ansgar-Gemeinde hatten das dann hoch-professionell gelöst und so war die Leitung schnell gelegt. Danke Uwe und Herr Peters für den Einsatz. Ohne Euch wäre die Hütte nicht warm geworden. Danke dafür!

Dixi statt Dusche

Nun ist ein Dixi-Klo gewiss kein Ersatz für einen voll ausgestatteten Sanitär-Container. Aber wenn wie im Fall der Ansgar-Gemeinde keine Wasserzufuhr möglich ist (und auch kein Kanalanschluss für das Abwasser) muss eine stationäre Lösung her, wie in dem Fall das Dixiklo, das ermöglicht auch Hände waschen fürs Gröbste und Katzenwäsche am Morgen.

Duschen und "größere Geschäfte" dann im Gemeindehaus oder in dem Fall im benachbarten Altenheim und falls etwas Dergleichen nicht allen Orts vorhanden ist, dann schauen wo die nächste Sozialstation liegt. Denn die meisten der Tagesaufenthaltsstätten, wie TAS (Bundesstrasse 101) oder "Caffee mit Herz" bieten Duschen und Sanitäres für Obdachlose mit an und im Grunde sollte das dann auch kostenlos sein. Überblick der gängigsten Einrichtungen im Anhang dieses Berichts.

Einrichten und schöner Wohnen

In der Ausgestaltung der Inneneinrichtung eines solchen Wohncontainers ist der Fantasie der Akteure keine Grenzen gesetzt. Im Fall der Ansgargemeinde hatten zuvor zahlreiche Gemeinde-Mitglieder Sachspenden im Gemeindehaus abgegeben. Dort im Keller wurden die Sachen schon mal gebunkert und lagen für 1. November dann zur Abholung schon bereit. Klasse Job!

Danke Sonja Peters und Danke Kurt Graf für das beherzte Einrichten des Containers mit viel Liebe zum Detail. Sogar mit Teppich und Wandgemälde.

Unsere Inventarliste, die wir vorschlagsweise an die Gemeinde verschickt hatten, wurde bis zum letzten Punkt abgearbeitet. Danke für so viel Willen zum Einsatz, schließlich soll der Obdachlose es auch schön haben und sich wohl fühlen im Container. So kam es dann auch ...

Trinkwasser

Für Einige kaum vorstellbar, aber auch ohne fließend Wasser ist ein Leben im Container durchaus möglich. Man erinnere sich nur mal an die frühen 70-iger, auch damals hatte nicht jeder Haushalt fließend Wasser in der Küche. Oft musste es von draußen her rangeschafft werden - in Eimern und dafür geeigneten Behältnissen.

Wird warmes Wasser benötigt, dann durch vorheriges Aufwärmen per Tauchsieder oder Wasserkocher. Unsere Eltern wissen noch, wie das geht und man gewöhnt sich an Alles. Auch an diese Umstände wie vor 40 Jahren - auch das ist möglich - gleichwenn sich der Standard von dem was wir heute kennen stark unterscheidet.

"Bolle" ist sehr glücklich mit seinem kleinen Zuhause.

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Danke auch nach Lokstedt

Anders als bei der Ansgar-Gemeinde verfügt unser Standort an der Petruskirche in Hamburg Lokstedt über einen Wasserzu- und Abfluss, was die Errichtung eines Sanitär-Containers mit Dusche und allem Komfort ermöglichte.

Wichtig hier zu Bedenken ist eine ausreichende Isolation der Frisch-und Abwasser-Leitungen, da diese gerne mal zugefrieren, wenn es draußen kälter als 10 Grad Minus wird. Dann sollte man vorgebaut haben, um am Ende keine böse Überraschung zu erleben.

Bis dato ist bei uns noch nichts eingefroren und es war schon bitter kalt diesen Winter. Trotz der bis zu Minus 15 Grad - die Isolierung hielt und damit auch ein guter Test für das, was machbar ist. Danke an das Team von Pastor Hoppe, die sehr engagiert bei der Sache mit dabei waren. Danke Freunde!

Danke auch Mercedes

An unserem 3. Standort, nahe dem Trainingszentrum eines ziemlich berühmten Hamburger Fußballvereins beziehen wir den Strom über das benachbarte Service-Zentrum von Daimler Benz.

Der dortige Kundenservice hat nun wirklich ganze Arbeit geleistet und sämtliche Chefs von Mercedes mit ins Boot geholt. RIESEN DANK dafür! Danke für so viel Herz und die spontane Kooperationsbereitschaft. Es passiert nicht oft, dass man über Zäune hinweg denken und handeln darf - doch irgendwann ist immer das erste Mal. Danke für diesen großartigen Einsatz. "Merci", dass es Euch gibt!

Weitere Standorte geplant

Wer selbst auch mal so einen Wohncontainer für Obdachlose bei sich aufzustellen möchte, kann sich gerne bei uns melden. Inzwischen haben wir beste Kontakte zu Architekten und Bauämtern und stehen gerne auch für weitere Projekte beratend und operativ mit zur Seite.

ZEIGT MUT und werdet Chancengeber!

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Zwei Hamburger Kirchen haben beste Erfahrung damit gemacht. Meldet Euch gerne für weitere Kooperationen. Vielen Obdachlosen können wir auf diesem Wege noch helfen!

Max Bryan

- Bürgerinitiative Hilfe für Hamburger Obdachlose -

http://www.hamburg1.de/nachrichten/33612/Bolle_freut_sich_ueber_neue_Unterkunft.html

http://www.spiegel.de/video/obdachlos-in-deutschland-ein-container-von-max-bryan-video-1823367.html

https://www.hinzundkunzt.de/wohncontainer-rolf-max-bryan

"Menschen für Menschen begeistern", darum gehts ...

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Aktuell Niendorf:

https://www.eimsbuetteler-nachrichten.de/neuer-wohncontainer-fuer-obdachlose-in-niendorf/

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Geschrieben von

Max Bryan

Blogger & Bürgerreporter | Gesellschaft & Soziales

Max Bryan

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