12 Jahre und abertausende Menschenleben

Migration Auf den Kanarischen Inseln begann die EU-Abschottungspolitik. Das 12 Jahre später wieder mehr Menschen dorthin fliehen, zeigt wie unsinnig diese Politik ist

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Geflüchtete auf Teneriffa, 2006
Geflüchtete auf Teneriffa, 2006

Foto: Desiree Martin/AFP/Getty Images

Nachdem die rechts-populistische Regierung Italiens klar gemacht hat, dass Italien keine aus Seenot geretteten Menschen mehr aufnehmen wird und auch der sozialistische Regierungschef Spaniens nicht zu mehr als einer symbolischen Geste bereit war, ist zu erwarten, dass sich die mittelfristig Migrationsrouten erneut verschieben werden. Die zunehmende Militarisierung der EU Außengrenzen, die Instrumentalisierung der Entwicklungszusammenarbeit und restriktive Asyl- und Abschottungspolitiken haben eine Wirkung entfaltet. Erst in Griechenland, dann in Italien. Aber diese Wirkung ist nur vorübergehend, denn an den zum Teil strukturellen Ursachen der erzwungenen Migration von Millionen von Menschen weltweit hat sich derweil nichts geändert.

Und so werden wir wohl in Kürze erleben, wie die zu Spanien gehörenden Kanarischen Inseln erneut in den Fokus der Migrationsdebatte geraten. Jener Ort an dem vor nunmehr 12 Jahren die europäische Abschottungspolitik begann und an dem heute schon ähnliche Bilder wie damals zu beobachten sind (siehe theguardian.com 2006 und aljazeera.com 2018).

12 Jahre, in denen Abertausende von ausgelöschten Menschenleben die Unsinnigkeit und Menschenfeindlichkeit dieser Politik bezeugen. Und wenn verstärkt davon gesprochen wird Fluchtursachen vor Ort zu kämpfen, führt kein Weg daran vorbei auch davon zu sprechen, wie die kapitalistische Lebensweise überwunden werden kann. Denn es ist klar, dass keine „green-economy“, kein „Marshallplan mit Afrika“ und auch keine Versicherheitlichung der Themenfelder Migration und Entwicklung im Stande sein werden, das ureigene Interesse eines jeden Menschen danach, als zugleich gleichberechtigtes, aber auch einzigartiges Mitglied einer Gemeinschaft wahrgenommen zu werden, zu erfüllen – zumindest nicht solange menschgemachte Ausbeutung und Unterdrückung den Planeten regieren.

Jeder Versuch diese Situation zu verändern, der dies nicht beim Namen nennt und nicht auf die reale Überwindung dieses menschgemachten Missstandes hinwirkt, ist nicht mehr als oberflächliche Herumdoktorei. All das wird nichts ändern, selbst wenn wir eines Tages über den abscheulichen Status hinaus kommen sollten, in dem wir es ertragen müssen das Politiker*innen aller Couleur sich damit brüsten die Wege für Menschen auf der Flucht brutal zu verschließen. Wie menschenfeindlich und dumm eine solche Aussage ist, machte der Menschenrechtsaktivist Elias Bierdel bereits vor über einem Jahr deutlich.

Heute geht es darum aus all dem zu lernen. Aus der Krise auf den Kanaren vor 12 Jahren (ipinst.org 2016), aus dem bisherigen Umgang mit diesem Phänomen, dass eine Begleiterscheinung globaler Wirtschaftszusammenhänge ist, aus dem zunehmenden Rechtsruck in Europa und aus den Möglichkeiten der Repolitisierung der Debatte um die Zusammenhänge von Flucht und Migration mit der kapitalistischen Vergesellschaftung - wie sie etwa von subversiven Gruppen auf den griechischen Inseln in der Ägäis und an den französischen Grenzen bewirkt wird - und darum endlich die Erfüllung des kommunistischen Begehrens zu verwirklichen (freitag.de 2017).

Eins ist klar: Das Problem heißt nicht Migration, es heißt Rassismus (solidaritaet-statt-heimat.kritnet.org 2018).

Also.. let´s go, try something else.. the kids want communism..

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Solidarität statt Heimat – Aufruf unterzeichnen

https://solidaritaet-statt-heimat.kritnet.org/

Zeit im Bild (2017): Elias Bierdel „Es ist eine abscheuliche Heuchelei“

https://www.facebook.com/ZeitimBild/videos/10155053114531878/

Freitag.de (2017): Das kommunistische Begehren

https://www.freitag.de/autoren/max-jansen/das-kommunistische-begehren

ipinst.org: Walter Kemp - Learning from the Canaries: Lessons from the “Cayucos” Crisis (DESPERATE MIGRATION SERIES NO. 1)

https://www.ipinst.org/wp-content/uploads/2016/05/1605_Learning-from-the-Canaries.pdf

theguardian.com (2006): Canary Islands fear disaster as number of migrants soars

https://www.theguardian.com/world/2006/sep/04/spain.mainsection

aljazeera.com (2018): Spain - Almost 800 refugees rescued off southern coast (Canary Islands)

https://www.aljazeera.com/news/2018/06/spain-800-refugees-rescued-southern-coast-180624081238670.html

unrast-verlag.de (2017): Bini Adamczak - Kommunismus, kleine Geschichte, wie endlich alles anders wird

https://www.unrast-verlag.de/gesamtprogramm/allgemeines-programm/anarchie-autonomie/kommunismus-178-1782017-02-03-14-45-44-detail

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Max Jansen

Max Jansen hat Soziologie, Volkswirtschaftslehre und Politikwissenschaften studiert. Derzeit lebt und arbeitet er in Frankfurt am Main.

Max Jansen

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