Männliche Herrschaft

#4genderstudies Die Kategorie Geschlecht eignet sich aufgrund der häufig unsichtbaren Gewalt auf die sie sich stützt als Prototyp zur Analyse jeder Herrschaftsform

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Männliche Herrschaft

Heute ist #4genderstudies-Day, ein Tag, an dem es sich lohnt, darauf hinzuweisen, dass Unterdrückungs- und Diskriminierungsformen nie nur jene angehen, die unter ihnen leiden.

Inbesondere in einer Zeit, in der der allgemeine Rechtsruck auch die Thematisierung von Geschlechterfragen zunehmend bedroht, geht es darum, auf die zentrale Bedeutung dieser Kategorie für ein gutes Leben für alle hinzuweisen. Denn klar ist, dass die allgemeine Unterdrückung von Frauen* im Interesse der Herrschaft über diese erfolgt. Diese Form der männlichen Herrschaft wird in einer Art und Weise aufgezwungen und erduldet, die als Beispiel schlechthin für eine paradoxe Unterwerfung angesehen werden kann und ein Effekt dessen ist, was als symbolische Gewalt gilt.

Insbesondere die soziale Kategorie Geschlecht eignet sich daher dafür, Herrschaftsverhältnisse, Rechte, Bevorzugungen, Privilegien und Ungerechtigkeiten zu untersuchen, die sich letzten Endes mit einer bemerkenswerten Mühelosigkeit erhalten und selbst die unerträglichsten Lebensbedingungen häufig als akzeptabel oder sogar als „natürlich“ erscheinen lassen. Dadurch wird die bestehende Weltordnung mit all ihren Einbahnstraßen und Durchfahrverboten, im eigentlichen wie im übertragenen Sinn, ihren Verpflichtungen und Sanktionen im Großen und Ganzen respektiert, und es kommt nur äußerst selten zu Zuwiderhandlungen, Subversionen, Delikten oder “Verrücktheiten“.

Dies liegt unter anderem daran, dass sich die männliche Herrschaft auf eine sanfte, für ihre Opfer häufig kaum merkliche, unsichtbare Gewalt stützt, die im Wesentlichen über rein symbolische Wege der Kommunikation und des Erkennens, oder genauer des Verkennens, des Anerkennens oder des Gefühls ausgeübt wird. Deshalb eignet sich diese als so außerordentlich gewöhnlich geltende Gewalt dazu, die Logik einer Herrschaft zu erfassen, die im Namen eines symbolischen Prinzips ausgeübt wird, das die Herrschenden wie die Beherrschten im Allgemeinen kennen, anerkennen und gerade dadurch ständig reproduzieren. Sie kann quasi als Prototyp jeder Herrschaftsform begriffen werden.

Um diesen alltäglich hundertfaches Leid hervorbringenden sozialen Stillstand durchbrechen zu können, braucht es eine ordentliche Portion kritischen Geist, aktiven Handlungswillen und eine herrschaftssensible und -kritische Forschung und Wissenschaft, die unter anderem durch Netzaktivismus #4genderstudies eingefordert werden kann.

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Vgl. Pierre Bourdieu (1998): La Domination masculine (1998).

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Max Jansen

Max Jansen hat Soziologie, Volkswirtschaftslehre und Politikwissenschaften studiert. Derzeit lebt und arbeitet er in Frankfurt am Main.

Max Jansen

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