Während die Grünen bundesweit an Zuspruch gewinnen, setzen sich in ihren Führungsreihen die „Realos“ durch, die die Partei in Richtung Schwarz-Grüne Koalition im Bund manövrieren zu wollen scheinen. In diesem Kontext ist wohl auch ein Vorstoß in Sachen Asylrecht und Abschiebungen von Grünen-Chefin Annalena Baerbock zu deuten, der bei CDU und FPD auf einige Verwunderung stieß – und von ersterer als „sehr erfreulich“ bewertet wurde.
Während FDP-Innenexperte Stefan Thomae ergänzt, dass es erstaunlich sei, „dass nun plötzlich die Grünen versuchen, gar noch die Union und sogar die CSU auf der rechten Seite zu überholen“, wird deutlich, dass grade im Zusammenhang mit dem Fall einer im Oktober von einem aus Syrien geflohenen Menschen vergewaltigen Studentin in Freiburg betont werden muss, dass sowohl die Rechte von Frauen als auch der Schutz für Geflüchtete gleichwertige, unveränderliche Menschenrechte sind, die nicht gegeneinander ausgespielt werden dürfen.
Nun gibt sich Baerbock alle Mühe, ihre Aussagen zu relativieren, aber natürlich führen solche Forderungen dazu, dass die potenziellen Koalitionspartner in spe solche Anspielungen wie ein gefundenes Fressen ausschlachten und nun getrost fordern, dass „die Grünen tatsächlich auch das machen, was sie jetzt ankündigen“ (Mathias Middelberg, CDU) und endlich – anders als dies bisher der Fall ist – Abschiebungen nach Afghanistan zustimmen. Die sind unter der derzeitigen Regierung seit 2016 gänige Praxis, wenn auch Syrien, so heißt es noch, sei ein „anderes Thema“ sei, das aber gewiss auch auf den Tisch kommen wird, vielleicht ja schon wenn Bundestag und Bundesrat 2019 über die Ausweitung sicherer Herkunftsstaaten entscheiden werden.
Auch wenn diese Ausweitung von der Bundesspitze der Grünen noch entschieden abgelehnt wird lohnt es sich angesichts von Baerbocks Vorstoß darauf hinzuweisen, dass Afghanistan seit dem Einmarsch westlicher Truppen im Jahr 2001 zu keinem Zeitpunkt ein „sicheres Herkunftsland“ war, denn bereits jetzt stehen die von einflussreichen Grünen-Fraktionen geführten Bundesländer Hessen und Baden-Württemberg der Ausweitung grundsätzlich positiv gegenüber.
Es scheint, als komme es im neuen Jahr darauf an, entschiedener denn je die skandalöse Abschiebepraxis der Bundesregierung anzuklagen, die seit dem 14. Dezember 2016 trotz der von alle internationalen Organisationen dokumentierten stetigen Verschärfung der Sicherheitslage in Afghanistan in bisher 19 Charterflügen 439 schutzsuchende aus Afghanistan zurück in den dortigen Bürgerkrieg abgeschoben hat.
Ideal dazu eignet sich der 16 minütige Film „Im Kreis. Afghanistan ist nicht sicher“ der Hilfs- und Menschenrechtsorganisation medico international, der zwischen Mai und Oktober diesen Jahres in Afghanistan, Griechenland und Deutschland aufgenommene Interviews vereint und dazu beitragen soll, den Protest und Widerstand gegen die Sammelabschiebungen solange aufrecht zu halten, bis diese „Charter der Schande“ und hoffentlich auch der Schwarz-Grüne Schmusekurs gestoppt werden.
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Hintergrund:
süddeutsche: Grünen-Chefin Baerbock will Straftäter schnell abschieben
https://www.sueddeutsche.de/politik/baerbock-interview-abschiebung-1.4257978
deutschlandfunk: Baerbock will Straftäter schneller abschieben
frankfurter allgemeine: Die erbarmungslose Rückkehr der Taliban
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