In den letzten Monaten haben uns zahlreiche erschütternde Nachrichten erreicht. Seit 2007 befindet sich die Weltwirtschaft in einer Krise ungekannten Ausmaßes, die die Lebensgrundlage vieler Menschen weltweit bedroht. Zeitgleich beobachten wir, das Aufflammen zahlreicher national-völkischer Bewegungen in weiten Teilen Europas. Die Bürgerkriege im Nahen Osten und auf dem afrikanischen Kontinent bedrohen das Leben von Millionen von Menschen, deren Suche nach Zuflucht und Schutz spätestens an den militarisierten Außengrenzen Europas und Nordamerikas ihr klägliches Ende findet. Parallel dazu erlangen autoritäre Persönlichkeiten immer einflussreichere Positionen und bauen ihre Machtapparate massiv aus.
All diese Krisen spiegeln sich in unseren individuellen Leben wieder. Sie alle sollten dringend ernstgenommen und bekämpft werden. Letztendlich sind sie allerdings nur unterschiedliche Symptome, die ein und dieselbe Ursache haben: Den bedrohlichen Zustand, in dem sich unser Gesellschaftssystem derzeit befindet. Ein kurzer Blick in die Vergangenheit hilft dabei, die Dimensionen dieser speziellen Phase der menschlichen Geschichte einordnen zu können.
Die Grundlage des demokratischen Kapitalismus
Nach dem Ersten Weltkrieg etablierte sich - zunächst regional, dann global - eine neue Form der industriellen Warenproduktion. Nach dem Vorbild des US-amerikanischen Industriellen Henry Ford wurde eine stark standardisierte Massenproduktion und -konsumtion von Konsumgütern eingeführt, die mit Hilfe hoch spezialisierter, monofunktionaler Maschinen und Fließbänder betrieben wurde.
Das ungekannte Grauen und die absolute Zerstörung, die der Zweite Weltkrieg über ganz Europa brachte, setzte dem Fordismus kein Ende. Vielmehr wurden die mit ihm einhergehenden Neuerungen in Produktion und Technik maßgeblich in die Kriegsführung eingebunden, wodurch die weitreichende Wertvernichtung und die Perfektionierung der industriellen Arbeitsprozesse als Booster für die Durchsetzung eines Gesellschaftsmodells wirkten, das sich weitestgehend auf den Massenkonsum stützt.
Hierbei wurden die Prinzipen des Taylorismus, beispielsweise die Zerlegung von Arbeitsaufgaben in viele kleine Einzelschritte, die detaillierte Vorgabe der Arbeitsmethoden, der exakten Zielvorgabe der Arbeitsschritte bei für den Einzelnen nicht erkennbaren Zusammenhängen zum Unternehmungsziel und die extreme (Qualitäts-)Kontrolle, perfektioniert und zugleich an das angestrebte Ziel der Sozialpartnerschaft zwischen Arbeitern und Unternehmern gebunden.
Der Fordismus beruhte auf den Entwicklungen des New Deals, einer Serie von Wirtschafts- und Sozialreformen, die in den Jahren 1933 bis 1938 unter US-Präsident Franklin D. Roosevelt als Antwort auf die Weltwirtschaftskrise durchgesetzt wurden. Große Bedeutung spielte auch die Sozialpartnerschaft, das heißt die breit ausgebauten sozialen Sicherungssysteme, die lebenslange Anstellung bei einem Arbeitgeber und die weitgehend vorhandene Vollbeschäftigung.
Das Zukunftsversprechen
Mit dieser Einrichtung der Gesellschaft war ein Zukunftsversprechen verbunden: Das von allgemeinem Wohlstand und persönlicher Selbstverwirklichung. Dieses Versprechen schien zunächst auch gehalten zu werden. Der Massenkonsum und die weiter andauernde Ausbeutung der Kolonien erlauben den Menschen in den westlichen Gesellschaften bis heute ein ungekanntes Maß an Freiheit und Wohlstand. Wenn heute von den Glanzzeiten des demokratischen Kapitalismus gesprochen wird, wird vielfach auf diese Phase des gesellschaftlichen Lebens Bezug genommen.
Auch wenn in dieser Phase das Versprechen gehalten wurde, dass das Schrecken des Elends für breite Teile der Bevölkerung reguliert wird, gingen mit ihr zwei grundlegende Problemen einher. Das eine bestand darin, dass der Leistungs- und Effizienzgedanke sich in seinem Streben nach Perfektion zu pervertieren drohte. Ein Bedenken, dem in dem 1932 erschienenen Roman Schöne neue Welt von Aldous Huxley, sowie dem 1998 erschienenen Roman Elementarteilchen von Michel Houellebecq Ausdruck verliehen wird.
Ein weiteres Problem, mit dem sich der Fordismus konfrontiert sah, bestand darin, dass die neu festgelegte Wirtschaftsweise ein ungekanntes Ausmaß an gesellschaftlicher Langeweile aufkommen ließ. Dies liegt in der Tatsache begründet, dass das neu eingerichtete Gesellschaftssystem den Menschen bezüglich ihres natürlichen Verlangens nach Identität, Lebenssinn und Glück letztlich nur eine sehr begrenzte Möglichkeit der Verwirklichung gab: Den Konsum.
Während sinnstiftende Elemente wie die Religion oder die Familie in westlichen Staaten stetig an Bedeutung verloren, konzentrierte sich die Wirtschaftswelt darauf, immer ausgefallenere Produkte auf den Markt zu bringen und entwickelte das moderne Marketing als operative Technik zur Beeinflussung der Kaufentscheidungen. Als vermeintliche Alternative hierzu formierte sich die aus bürgerlichen Kreisen hervorgegangene Jugendbewegung der Hippies, die ihren emanzipatorischen Gehalt allerdings spätestens in ihrer Propagierung eines uneingeschränkten Individualismus und dem selbstgefälligen Konsum berauschender Substanzen verlor, während sie sich mit dem Ist-Zustand der Welt weitgehend arrangierte.
Die ideologische Weiterentwicklung
Ursprünglich in Abgrenzung zum Laissez-faire-Liberalismus und zum Kommunismus entwickelt, erfuhr der auf die Freiburger Schule (Ordoliberalismus) zurückgehende Begriff des Neoliberalismus einen Bedeutungswandel und wurde im Sinne eines „Marktfundamentalismus“ interpretiert. Stellte er in den 1930er und 1940er Jahren eine wesentliche theoretische Grundlage der Sozialen Marktwirtschaft dar, wurde in seinem Namen später der unerschütterliche Glaube an die Problemlösungspotentiale freier Marktmechanismen propagiert.
Während der Amtszeit von Margaret Thatcher in Großbritannien und Ronald Reagan in den USA gewann zunächst auf diese Länder begrenzt, dann auch in den restlichen Staaten der westlichen Hemisphäre ein Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell an Bedeutung, das sich bis heute behauptet. Mögen seine Ausprägung in einzelnen Staaten durchaus unterschiedlich ausfallen, kennzeichnet es sich im Allgemeinen dadurch, dass der Wohlfahrtsstaat als ein reines Sicherheitsnetz verstanden wird, während zeitgleich ein schlanker Staat angestrebt wird, der von der Zivilgesellschaft prinzipiell getrennt ist. Zugleich wird soziale Ungleichheit grundsätzlich akzeptiert und der Arbeitsmarkt als ein Markt wie jeder andere verstanden, der sich weitestgehend selbst reguliert. Nationalismus und Patriotismus stellen grund-legende identitätsstiftende Elemente dar, während eine autoritäre Moralvorstellung in Verbindung mit dem Gedanken an den ökonomischen Individualismus vorherrscht. Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied.
Die Arbeitsmarktreformen, die derzeit in ganz Europa durchgeführt werden, das Aufkommen immer prekärerer Beschäftigungsverhältnisse, das Auslagern sozialstaatlicher Aufgaben-bereiche an Sozialverbände und Nichtregierungsorganisationen und die Bildungsreformen der letzten Jahrzehnte stehen alle in dieser Tradition. Die heutige Jugend ist zutiefst durchzogen von abgrenzenden Kämpfen um Identitätsstiftung und Individualismus, die letztlich beide über den Weg des Konsums entschieden werden.
Das bröckelnde Fundament
In den Zentren der westlichen Welt lässt sich ein allgemeiner Trend zur Desintegration des sozialen Lebens beobachten. Dieser Trend wird durch die Selbstverdinglichung des Menschen, das heißt die Unterwerfung seiner Existenz unter die Steuerungsmedien der Wirtschaft und der öffentlichen Verwaltungsapparate, voran getrieben. Es scheint als habe sich diese Tendenz in den letzten Jahrzehnten stetig verstärkt. Die Arbeiten von Max Horkheimer, Theodor W. Adorno, sowie Herbert Marcuse und Jürgen Habermas liefern hierzu bemerkenswerte Befunde.
Letztendlich sehen sich die Menschen heute einem grundlegenden Konflikt gegenüber. Die das gesellschaftliche Zusammenleben gestaltenden Logiken, die des wirtschaftlichen Liberalismus/Neoliberalismus und die der öffentlichen Verwaltung durch hierfür geschaffene demokratische Institutionen, erweisen sich als unfähig, den Menschen ausreichend Möglichkeiten bieten zu können, soziale Anerkennung und authentische Identitätsentwicklung zu erfahren. Welche gefährlichen Tendenzen hieraus erwachsen können, hat Axel Honneth in seinen Arbeiten ausführlich dargelegt. Die grundlegende Herausforderung, vor der die Menschen heute stehen, ist es, Freiheit und damit auch die Bedeutung von Individualismus neu zu denken. Freiheit besteht in der sozialen Anerkennung des abweichenden Verhaltens und somit nicht in Abgrenzung zu einer anderen Person, sondern vielmehr in der aktiven Integration dieser identitätsstiftenden Abgrenzungsdynamik. Tatsächliche Freiheit kann nicht als individuelle, sondern nur als soziale Freiheit verstanden werden.
Hinter dieser Auseinandersetzung um Identität und Freiheit steht der grundlegende Konflikt zwischen zwei Organisationslogiken, die das gesellschaftliche Leben maßgeblich bestimmen. Während sich die Menschen in der westlichen Welt heute im Bereich der politischen Sphäre als tatsächlich Freie und Gleiche begegnen, treffen sie in der wirtschaftlichen Sphäre auf eine grundlegend konträre Logik, der allerhöchstens eine formale Erfüllung dieser Kriterien zugesprochen werden kann. Diese Tatsache stellt die westlichen Gesellschaftssysteme vor die große Herausforderung, ein integriertes gesellschaftliches Zusammenleben sicherzustellen. Wolfgang Streeck stellt die verschiedenen Wege, auf denen westliche Staaten diese Gradwanderung in den letzten Jahrzehnten versucht haben, in seiner Arbeit Gekaufte Zeit. Die vertagte Krise des demokratischen Kapitalismus eindrucksvoll dar. Letztlich muss genau zwischen diesen beiden Logiken entschieden werden. Die Auseinandersetzungen über die Zukunftsfähigkeit eines demokratischen Kapitalismus werden durch verschiedene wirtschaftspolitische Reformen ständig verzögert, an ihrer endgültigen Austragung führt aber kein Weg vorbei.
Der aktuelle Zeitgeist und die Frage nach der Zukunft
Und so leben wir heute in einem Zeitgeist, der sich wohl am ehesten durch ein Gefühl der Unsicherheit, eine allesumfassende Angst kennzeichnet. Nichts scheint mehr, sicher zu sein, alle Garantien und Versprechen für die Zukunft haben ihre Gültigkeit verloren. Die Menschen sind zusehends verunsichert, während sich ein globales Schreckensszenario nach dem anderen anbahnt. Die beherrschenden Themen sind Klimawandel, Wirtschaftskrise, Terrorismus, Krieg, Flucht und Migration. Die Leben von Millionen Menschen weltweit sind real bedroht und eine Lösung scheint nicht in Sicht. So wird das dominante und verbindende Gefühl die Angst. Eine lähmende Angst, die Zukunftsperspektiven verbaut und Motivationsschübe untergräbt.
Zeitgleich begünstigt sie die Verbreitung autoritärer Dispositionen in der Gesellschaft und stärkt vorhandene Ressentiments. Die bei autoritären Persönlichkeiten vorherrschende Furcht vor »dem anderen«, sowie deren Bereitschaft, starken Führern zu folgen, die Welt in Schwarz-Weiss-Begriffen zu sehen, ihre unflexible und starre Haltung, sowie die Tatsache, dass sie strickt an ihren Auffassungen festhalten, wenn sie einmal zwischen Freund und Feind unterschieden haben, machen sie zu äußerst gefährlichen Akteuren. Die Vertreter der Frankfurter Schule haben in ihren Studies in Prejudice, besonders in den Studien über Autorität und Familie, sowie The Authoritarian Personality beachtliche Erkenntnisse erlangt. Die Verbreitung derart autoritärer Vorstellungen und Strömungen, wird geschickt von jenen genutzt, die wissen, wie sie aus diesen Ängsten Profit schlagen können. Während die Arbeiten von Marc Hetherington und Jonathan Weiler, sowie Peter Baofus Untersuchungen hierzu allgemeine Befunde liefern, zeigt Matthew C. MacWilliams Studie Americas Authoritarian Spring: the Rise of Trumpism eindrücklich die Bedeutung dieser Elemente im Zusammenhang mit Donald Trumps Wahlsieg in den USA.
Das Zukunftsversprechen des Fordismus von Wohlstand und Selbstverwirklichung wurde in den letzten Jahrzehnten nicht weiterentwickelt. Vielmehr droht es sich selbst, die Grundlage zu rauben. Die zunehmende Verschlechterung der sozialen Lage weiter Teile der Gesellschaft und das Aufflammen neuer Kriege in direkter Nähe der westlichen Staaten, zeigen diesen Rückschritt an. Begriffe wie soziale Ungleichheit und Klassen erleben eine Renaissance, so beispielsweise durch die 2009 von Didier Eribon verfasste Arbeit Rückkehr nach Reims.
Der Wahlsieg von Donald Trump in den USA, die anhaltende ökonomische Stagnation und der zu beobachtende Aufstieg rechtskonservativer Kräfte in ganz Europa machen deutlich, dass es auf diese Angst derzeit nur eine mehrheitsfähige Antwort zu geben scheint. Der demokratische Kapitalismus ist in seiner heutigen Form mit keinem ernstzunehmenden Zukunftsversprechen mehr verbunden. Das nach dem Zusammenbruch der UdSSR von Francis Fukuyama verkündete Ende der Geschichte, dem zufolge sich der westliche Liberalismus in Form von Demokratie und Marktwirtschaft endgültig durchgesetzt habe, scheint sich letztendlich, auf diesen selbst zu beziehen. Als Zukunftsperspektive ist er kläglich gescheitert.
Das Zukunftsversprechen, das Donald Trump und alle ihm ähnlichen populistisch-autoritären Strömungen anzubieten haben, besteht darin, auf die Unsicherheit und den Systemkonflikt mit altbekannten Zielen und Mittel zu reagieren. Letztendlich ist es das Versprechen eines geschichtlichen Rückschritts. Amerika wieder groß zu machen, kann nur gelingen, wenn die alten Formen von Herrschaft und Ausbeutung, auf die sich diese vermeintliche Größe brutal gestützt hat, wieder aktiviert werden. Das Idealbild des Fordismus als Grundlage eines funktionsfähigen Gesellschaftsmodells ist unangebracht. Der Fordismus muss anhand seiner historischen Bedingungen als absolute Ausnahmeerscheinung der kapitalistischen Wirtschaftsweise verstanden werden. Er konnte nur funktionieren, weil er auf extremer vorheriger Wertvernichtung und anhaltender Ausbeutung der Kolonien fußte. Die Grundlagen dieser vermeintlichen Glanzzeit des demokratischen Kapitalismus können unmöglich Teil einer erstrebenswerten Zukunftsvorstellung sein.
Die Zukunft wird von uns gemacht
Das Versprechen, dass uns Trump und alle reformistischen Akteure anzubieten haben, ist, dass alles so bleibt wie es ist. Ihr visionäres Zukunftsversprechen ist unsere elende Gegenwart. Sie wird uns vielleicht in einer anderen Farbe erscheinen, vielleicht wird sie ein paar mehr technischen Schnickschnack zu bieten haben, aber im Grunde wird sie das immer selbe sein, das schon viel zu oft bewiesen hat, dass es angesichts seiner eklatanten Mangelerscheinungen keine Option mehr sein kann.
Die grundlegende Zukunftsfrage muss weiter danach entschieden werden, nach welchen Kriterien wir unser gesellschaftliches Zusammenleben organisieren wollen. Wenn wir eine erstrebenswerte Zukunftsperspektive wollen, können wir uns nicht länger darauf verlassen, dass sie uns von oben angeboten wird. Die Systeme und Logiken, die unser Zusammenleben regeln, haben sich als fundamental unzureichend hierfür erwiesen. Es ist notwendig, all dies grundlegend neu zu denken. Voraussetzung hierfür ist es, sich möglichst frei von den vorherrschenden Paradigmen, aber auch Organisationsformen zu machen. Nur so kann sich unsere Phantasie frei entfalten. Angesichts des grandiosen Scheiterns des demokratischen Kapitalismus und seiner äußerst ausgeprägten Fähigkeit, widerständige Bewegungen in seine Logiken zu integrieren, kann an eine vielversprechende Reform von innen heraus nicht geglaubt werden.
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Literatur
Adorno, Theodor W., Else Frenkel-Brunswik, Daniel Levinson und Nevitt Sanford (1950): The Authoritarian Personality, Studies in Prejudice Series, Volume 1. New York: Harper & Row.
Baofu, Peter (2007): The Rise of Authoritarian Liberal Democracy. Newcastle: Cambridge Scholars Publishing.
Eribon; Didier: Rückkehr nach Reims. Berlin: Suhrkamp.
Fukuyama, Francis (1992): The End of History and the Last Man. New York: Free Press.
Habermas, Jürgen (1973): Legitimationsprobleme im Spätkapitalismus. Berlin: Suhrkamp.
Habermas, Jürgen (1981): Theorie des kommunikativen Handelns. Berlin: Suhrkamp.
Hetherington, Marc J. und Jonathan Daniel Weiler (2009): Authoritarianism and polarization in American politics. Cambridge: Cambridge University Press.
Honneth, Axel (1991): Pluralisierung und Anerkennung. Zum Selbstmissverständnis postmoderner Sozialtheorien (S. 165-173), in: Zapf, Wolfgang (Hg.): Die Modernisierung moderner Gesellschaften. Frankfurt, New York: Campus.
Honneth, Axel (1994): Die soziale Dynamik von Missachtung. Zur Ortsbestimmung einer kritischen Gesellschaftstheorie (S. 78-93), in: Görg, Christoph (Hg.): Gesellschaft im Übergang. Perspektiven kritischer Soziologie. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.
Honneth, Axel (2001): Wie ist eine gute Gesellschaft denkbar und gestaltbar? Thesen zu einer unübersichtlichen Diskussionslandschaft (S. 1322-1329), in: Jutta Allmendinger (Hg.): Gute Gesellschaft? Verhandlungen des 30. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Köln 2000. Opladen: Leske&Budrich.
Honneth, Axel (2015): Die Idee des Sozialismus. Versuch einer Aktualisierung. Berlin: Suhrkamp.
Horkheimer, Max (1936): Studien über Autorität und Familie. Forschungsberichte aus dem Institut für Sozialforschung. Lüneburg: Dietrich zu Klampen Verlag.
Horkheimer, Max und Samuel H. Flowerman (1950): Studies in Prejudice Series, Volume 1-5. New York: Harper & Row.
Houellebecq, Michel (1998): Elementarteilchen. Köln: Dumont.
Huxley, Aldous (1932): Brave New World. London: Chatto & Windus.
MacWilliams, Matthew C. (2016): The Rise of Trump. America's Authoritarian Spring. Amherst: Amherst College Press.
Marcuse, Herbert (1934): Der Kampf gegen den Liberalismus in der totalitären Staatsauffassung (S. 161–194.), in: Zeitschrift für Sozialforschung 3, Heft 2.
Marcuse, Herbert (1967): Der eindimensionale Mensch. Studien zur Ideologie der fortgeschrittenen Industriegesellschaft. Neuwied: Luchterhand Literaturverlag.
Marcuse, Herbert (1999): Das Schicksal der bürgerlichen Demokratie. Lüneburg: Dietrich zu Klampen Verlag.
Streeck, Wolfgang und Colin Crouch (1997): Political Economy of Modern Capitalism: Mapping Convergence and Diversity. London: SAGE Publications Ltd.
Streeck, Wolfgang (2012): Markets and Peoples. Democratic Capitalism and European Integration (S. 63-71), in: New Left Review 73.
Streeck, Wolfgang (2013): Gekaufte Zeit. Die vertagte Krise des demokratischen Kapitalismus. Berlin: Suhrkamp.
Streeck, Wolfgang (2015): The Rise of the European Consolidation State. MPIfG Discussion Paper 15/1, Köln: Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung.
Kommentare 5
Schöner Beitrag ... und recht selten dass sich jemand ihrer Generation auf die Frankfurter Schule bezieht.
" Es ist notwendig, all dies grundlegend neu zu denken"
Was das angeht wäre zu sagen , dass das nun schon seit langem gemacht wird, aber eben nicht von allen und auch nicht von denen, die die Herrschaft des Kapitals repräsentieren. Das aber sind die "erfolgreichen" Aktivisten. Die herrschaftskritischen Denker aber denken nur, und handeln wenig - zuweile werden sie auch verbannt oder gleich verbrannt.
Bei Einzelnen Engagierten Kämpferenaturern kann man zwar auch von konsequentem Handeln ausgehen, das aber eben die Ausnahme zur "Regel" darstellt, um nicht zu sagen: vom Zwang. Damit nimmt dieses individuelle Verhalten allenfalls philosophischen Charakter an , ist aber kein politisch wirksames Handeln mehr.
Ansonsten wird nicht gedacht. Man läuft im Hamsterrad, wie "demokratisch" bzw. kapitalistisch vorgesehen. Von Freiheit keine Spur, zumindest nicht von der gesellschaftlichen, die sie meinen, sondern alles pseudo und der reine ideologische Irrsinn ... mit christlichem Hintergrunds, möchte man hinzufügen.
Demokratie und Kapitalismus aber sind ein Widerspruch, der "demokratische Kaptalismus" ein Oxymeron. Kapitalismus ist hierarchisch organisierte Ökonomie, nach einem knallharten Ausschlussprinzip organsierete Konkurrenz. Demokratie ist eine Theorie von der Gleichberechtigung. Wenn die aber schon ökonomisch nicht gegeben sein kann, wie soll sie dann gleichzeitig politisch möglich sein. Es ist also müßig kapitalismus und Demokratie in einem Atemzug zu nennen. Demokratie ist nur als Anarchie oder allenfalls als eine Art Kommunismus zu haben ...
Was mich wundert ist , dass Sie zwar die allgemeine Lage ganz übersichtlich aufarbeiten , aber einen Schlüsselpunkt außen vor lassen. Das Geldsystem ist der instrumentelle Hebel nr. 1 der Herrschaft des Kapitals. Erst über die Kritik der Geldpolitik sind grundsätzliche Ansätze der Gesellschaftkritik sinnvoll und nur über diesen Zwischenschritt können ideologische Konstrukte wie das Eigentum und die Kapitalisierung desselben konsequent angegriffen werden . Werden diese Grundlagen der akuten Herrschaft aber nicht angegriffen, kann man sich das Denken oder schreiben gleich ganz sparen, denn man verleibt gewollt oder ungewollt im Phänomenalen, bzw. der misère eines mehr oder eben weniger warmen Sklavenstalls. Man gibt die einzige argumentative Linie, die einen wirklichen Wandel, ein neues Denken überhaupt ermöglichen würde, aus der Hand. Das wieder ist Resignation vor der Macht des "Herrn" und unfreiwillig gibt man sich der Lächerlichkeit preis, die auch alle denen eigen ist, die meinen, es reiche "Tomaten" zu ziehen, um die Welt zu verändern. Nee , reicht nicht. Auf die Strasse muss man mindestens auch gehen. Wahrscheinlich muss man sogar Steine werfen usw.... Gerade der Abschied von Theorie und Ideologie ist dann erst der Anlass zum "neu denken", das sich aber als ein "neu handeln" entpuppt. Was kann das aber heißen?
Klare Sache: Wir Alten haben es nicht geschafft, obwohl wir das selbe durchaus schon gesehen und verstanden haben - siehe Frankfurter Schule. Jetzt seid Ihr drann ... macht es besser.
Klare Sache: Wir Alten haben es nicht geschafft …
Jetzt seid Ihr dran, macht es besser.
Der Schuh, der weitergereicht wird, ist im Bericht und im ersten Kommentar der Schuh, den alle kennen müssten. Aber? Der Wanderpokal funktioniert immer noch bestens, der Pokal ist der ausgelatschte Schuh, der der Jugend noch vorbehalten ist, auszutreten. Die Älteren sind ihn gegangen, die Jugend hat es noch vor sich. Oder wie das Spiel „Der schwarze Peter“. Am Ende hat ihn nur einer gezogen, aber während des Spiels ist man ahnungslos, man darf auch rätseln, wer es dann am Ende des Spiels sein könnte. Wer es ist, das weiß man erst ganz am Ende des Spiels. Aber dann ist auch Schluss mit lustig. Wo ein Spiel zu Ende ist, ist die Sache auch abgeschlossen.
Wird das immer so weitergehen? Am Anfang macht man noch freudig mit, wie spannend alles, was wird da für ein interessantes Spiel gespielt. Einige wissen schon eher, da ist eine schwarze Karte im Umlauf, aber wer hat sie. Am Ende hat sie immer noch keiner, niemand ist es gewesen, aber alle wissen, dass es einer war. Im Spiel ist das das Ende. Aber es ist kein Spiel, weil jedes Spiel ein Ende hat. Dieses Spiel ist eine Endlosnummer, weil der schwarze Peter immer im Verborgenen bleibt.
Viele Leute ahnen es, aber auch die Ahnung ist nur eine Erscheinung ohne Auswirkung. Was soll eine Ahnung auch bewirken? Trotzdem ist sie da, aber im Verborgenen. Er wandert während des Spiels hin und her. Alle raten mit, aber man bricht das Spiel nicht ab, weil alle raten wollen, aber um es zu wissen, muss das Spiel erst abgeschlossen sein. Alle Teilnehmer lösen sich auf. Auf zu einer nächsten Runde mit nochmal denselben Teilnehmern, oder anderen Teilnehmern. Man spielt einen Schuh, den man immer wieder spielt, weil es aber auch andere, genauso interessante Spiele gibt, mischt man das Spiel Schwarzer Peter ganz gerne mal drunter. Wäre ja auch langweilig immer nur dieses eine Spiel zu spielen.
Bei den meisten hat es sich aber unbemerkt in die Standardspielesammlung eingemischt, spielt man es mal nicht, wird es nicht in den Müll geworfen. So ähnlich könnte es funktionieren, man gibt es den Kindern und Enkeln weiter. Einige Familien haben es nicht, aber einige haben es. So wird das Spiel nie in Gänze aus der Welt geschafft. Warum auch? Ein Spiel ist nur ein Spiel. Oft ist es ein Vergnügen. Es tritt so harmlos in Erscheinung, sogar Kinder mögen es. Man müsste irre sein, wenn man davor warnen wollte. Kindern kann man es schon gar nicht verbieten, es gehört zur sinnvollen Entwicklung von Kindern. Der Ernst des Lebens kommt später.
Eltern, die vielleicht versuchen zu warnen, oder Lehrer, diese ernten mal vorübergehend einen Erfolg, dass man sich auch ohne dieses Spiel mit anderen Dingen beschäftigen kann. Aber sie sind irgendwie ähnlich, so dass dieses Spiel niemals eine Gefahr sein könnte. Wie soll man denn das erklären. Eine harmlose Sache. Das ist der Grund, warum man auch immer wieder drauf reinfällt.
Warum vor harmlosen Sachen warnen, wenn so viele schrecklichen Sachen passieren. Wer vor schrecklichen Sachen dann mal tatsächlich aufschreckt, dann ist es zu viel. Lass uns in Ruhe damit. Beruhige die besser selbst mal und mache ein Spiel und freue dich des Lebens. Wer sollte sich denn nicht des Lebens freuen, denn es ist hart genug. Deswegen braucht es die Spiele, die einen auf vergnügliche Gedanken bringen und die Familien mal abschalten lassen, zusammen mit den Kindern. Auch Kinder alleine unter Freunden. Was spielt man da eigentlich heute?
Das Spiel gibt mir das Gefühl spontan zu sein. Ist es aber nicht. Es funktioniert nach festgelegten Regeln. Bei Regelverstößen gibt es Streit. Es braucht Gewinner und Verlierer, sonst wäre es nicht spannend. Wer nicht mitmischen darf ist draußen. So einfach ist das. Oder man ist ein Spielverderber. Man fühlt sich auch so. Alle haben ihren Spaß, nur ich nicht. Also mache ich da besser mit. Und schon beim ersten Erfolg. Toll – man ist dabei. Ist doch egal, man will dabei sein.
Ist es das? So einfach nur, dass die Gesellschaft zusammenhält. In Gesellschaftsspielen, man kennt ja nichts Anderes. Jedenfalls so lange nicht, bis man ahnt, das ist kein Spiel. Das ist mein Leben und da gibt es bittere Enttäuschungen. Aber das gehört zum Leben. Man lernt ja draus. Immer wieder und wieder. Wenn die Enttäuschungen aber mit der Zeit, so klammheimlich, oder auch ganz plötzlich, ein Übergewicht bekommen. Dann gerät man auch mal in Panik. Was geht da eigentlich ab. Aber so richtig verstanden hat man es nicht. Man mag sich besser oder schlechter mit den Regeln und dem Spaß und den Enttäuschungen darüber auskennen, aber richtig erklären kann man es nicht, was nichts Anderes heißt – eigentlich – dass man gar nichts verstanden hat.
" Am Ende hat ihn nur einer gezogen, aber während des Spiels ist man ahnungslos, man darf auch rätseln, wer es dann am Ende des Spiels sein könnte .... "
Nöö, ihre Parabel funktioniert nicht. Beim "Schwarzen Peter" handelt es sich nicht nur um ein etwas zu banales Bild , sondern es ist in diesem Spiel auch spätestens nach Moment x zumindest einm klar , wer ihn hat, dann zweien oder noch mehr Personen, wenn er die Runde macht. Also lange Rede und sehr kurzer Sinn. Wir haben alle den schwarzen Peter solange wir diesen antiquierten Sklavenstall nicht verlassen, soviel steht fest. Und die Gesellschaftsordnung mit einer sich wiederholenden Runde "Schwarzer Peter" vergleichen zu wollen, zeugt nicht gerade davon ... zumal es ja nun um die Ursachen der misère ging ... doch doch , die kann man durchaus verstehen . Darum gerade ging es in dem Artikel und in meinem Kommentar. Dannach kommt die Praxis, nämlich zB die Strategie, der es bedarf um dem Sklavenstall ein ende zu bereiten, da habpert es wegen der duchaus gewalttätigen Verteidigung der Herrschaft.
Mein "macht es besser " bezog sich also darauf. Unsere Strategie war entweder nicht oder nicht stark genug. Möge es die der Jungen sein. Mögen sie begreifen , dass man den Wandel eben nicht erreischt , wenn einem der eigenen kleinbürgerliche und gestohlene Komfort , bzw. der Konsum von todbringendem Müll über alles geht.
Ich habe zur Abwechslung auch mal andere Spiele erwähnt. Aber Spiele sind es immer. Das Spiel des Wettbewerbs. Am Anfang waren es noch viele Player. Der größte Gewinn wird dann so verteilt, dass (Wettbewerb) auch nur die besten Spieler den Gewinn unter sich aufteilen. Das Spiel läuft aber dann unter weniger Beteiligung der Gewinner. Die Verlierer sind raus. Aber dennoch sitzen alle immer noch in einem Boot. Die Gewinner merken es nur nicht. Und jetzt kommt es: Die Verlierer merken es auch nicht. Sie spielen das Spiel eben anders, als Spiel der Verlierer, als Spiel der Konsumverweigerer. Man erfindet sich einfach neu als Konsomverweigerer, aber man spielt die Rolle des Konsumverweigerers. Gut, man kann sich sagen, dass man sich aus guten Gründen nicht hat einfach dazu hineintreiben lassen, weil man zum Verlieren gezwungen wurde, weil der Konsum nur noch Armut produziert. Man sagt sich, wenn ich den Wettbewerb bewusst, aus eigener Entscheidung ablehne, erst dann hat man die Chance, dass die Spirale unterbrochen wird. Aber da irrt man sich dann auch. Denn ich sage mir, dass es ja schon so ist, dass die Gewinner, sehr wenige ihr Spiel machen. Die Verlierer sind ja schon da, egal ob bewusst aus einer mutigen Entscheidung, etwas zu ändern, oder weil es sich ja zeigt, dass der Fall der mehr werdenden Verlierer ganz von alleine passiert. Aber was machen diese ganzen Verlierer? Sie quaken im Internet rum. Woher also diese Unzufriedenheit. Was soll es einen kümmern, ich verstehe mich einfach mal selbst nicht, warum ich mich immer an diesen Fragen beteiligen möchte, was will ich eigentlich verstehen? Oder ist der Graben gar nicht vorhanden, die Schere zwischen Arm und Reich, die Debatten überall, die eigentlich nur das Ende vom Lied eines Froschkonzerts sind? Man sollte damit aufhören. Beide Seiten, und zwar Reich und Mittel, und Arm (also drei Seiten) müssen sich völlig neu erfinden. Aber das muss jeder selbst für sich entscheiden. Macht man eigentlich automatisch, auch wenn man nichts macht. Ich spiele schon seit geraumer Zeit das Spiel der Beobachterin. Der Mensch bildet sich ein, dass er denkt, dabei spielt er nur mit Gedanken. Aber das hört sich schon sehr pessimistisch an, weil ich denke, dass irgendwie alle nur noch den Pessimismus sehen. Wann kommt der große Knall. Hab ich selbst schon gedacht. Komisch irgendwie. Wie ein Hund, der irgend einer Wurst hinterherrent, weil der Hund ein Jagdhund ist und einen Spieltrieb hat. Ich frage mich, ob ich mein Geblubbere jetzt so abschicken soll? Mach ich jetzt einfach mal. Gerade ist mir leider etwas die Vernunft abhanden gekommen.
Dem bereits vergebenen Kompliment "schöner Beitrag" schließ ich mich gern an. Hier noch ein paar Anmerkungen zu denen er mich "verleidet" hat.
Zum Stichtwort "Denken" haben die vorstehenden Kommentare bereits einiges geäußert. Dazu, wie man nun dazu kommt, dass Gedanken auch Wirklichkeit werden, wird wohl nichts anderes bleiben als auf die alte Regel zurückzukommen nach der Theorien dann zur materiellen Gewalt werden, wenn sie die Massen ergreifen. Was dazu führt, sich damit zu beschäftigen, welche Massen denn heute die Träger neuer Gedanken sein können. Der Marxismus hatte sich dazu in die Spähre der Ökonomie begeben und die Arbeiterklasse identifiziert. Also die doppelt freien Lohnarbeiter die nichts zu verlieren hatten als ihre Ketten. Das Konzept hat rd. hundert Jahre - die Zeit in der diese Klasse ökonomisch als Produktionsfaktor dominerend war - einigermaßen funktioniert. Sozialistische, sozialdemokratische, kommunistische Theorien haben materielle Gewalt ergriffen und die Wirklichkeit geprägt.
Heute ist die klassische Arbeiterklasse ökonomisch nicht mehr dominant. Die mit ihr verbundenen Theorien treten mit ihr allmählig von der Bühne. Um zu identifizieren, welche Massen heute oder künftig die Träger von Veränderungen sein können, scheint der marxisitsche Ansatz die Produktivkräfte der Gesellschaft zu studieren nach wie vor nicht ohne Relevanz. Ohne eine fertige Antwort zu haben erscheinen mir heute Informationen / informationsverarbeitende System eine gewichtige Produktivkraft zu sein. Darin wie sich die auf die Gesellschaft auswirken und diese "formatieren" könnte ggf. ein Ansatz dafür liegen, wie neue Ideen matierelle Gewalt ergreifen können ...
Parallel dazu gilt es festzustellen, dass die klassische "homogene" Arbeiterklasse zwar an Bedeutung verloren hat, aber die Mehrheit der Menschen der westlishcne Welt auch heute noch ihr Leben allein dadurch fristen können, in dem die hre Arbeitskraft verkaufen und gezwungen sind Erwerbseinkommen erzielen. Es gibt also auch hier eine objektive Gemeinsamkeit, die eine notwendige Basis für gemeinsames Handeln bilden könnte. Inwieweit sie hineichend ist, bleibt offen.