Ich dachte mal wieder an Françoise Sagan. Seit „Bonjour Tristesse“ beschäftigte sie mich, sie war unabhängig und frei. So emanzipiert. Aber was bedeutet das eigentlich? „Ein Zimmer für sich allein und 500 Pfund“, erklärte mir meine Mutter in Anlehnung an Virginia Woolf. Dass man weiß, man kann auf eigenen Füßen stehen. Das bedeute natürlich nicht, das gleich alle Mann-Frau-Gesetze außer Kraft treten müssen. Sagan war extremer, das Kind aus bürgerlichem Hause hat schon in den fünfziger Jahren Tabus gebrochen, sie verzockte sich in Casinos, liebte Männer und Frauen, schnelle Autos, Partys. Sie wurde zur kettenrauchenden Ikone der Emanzipation. Ihre Romane gingen millionenfach um die Welt. Und wie war sie als Mutter?
Ich fragte ihren Sohn, Denis Westhoff, als ich ihn vor ein paar Jahren in Paris traf. Wir saßen im „Closerie des Lilas“ in Montparnasse, einer charmanten Brasserie die schon Hemingway, Picasso oder Apollinaire gefallen hatte. Denis Westhoff erzählte, seine Mutter habe hier oft mit Sartre gesessen und ihn gefüttert, als er schon alt und blind war. Ich hatte einiges gelesen über diese Mutter-Sohn-Beziehung, und Françoise Sagan kam selten gut weg. Sie sei gleichgültig und egozentrisch gewesen, auch in dem Biopic „Bonjour Sagan“ wirkt der kleine Sohn wie ein falsch geparktes Auto im Leben der Diva. „Wenn ich morgens mit meiner Gouvernante frühstückte, schlief sie noch“, erinnert sich Westhoff, ein schmächtiger Mann mit feinen Gesichtszügen. Er redete von seiner Kindheit im großen Haus in der Normandie. „Sie war keine italienische Mama und wir waren keine Bilderbuchfamilie, aber wir hatten glückliche Momente auf dem Land.“ Es klingt fast zärtlich. Wirft er seiner Mutter gar nichts vor? Jeder sollte tun und lassen, was er wollte, nur glücklich sollte man dabei sein, so stellte sie sich das vor. Aber Freiheit ist relativ: Die Freundinnen des Sohnes sollten dem Geschmack der Mutter entsprechen, „sie mischte sich in meine Liebesbeziehungen ein“.
Am Ende ihres Lebens war die Schriftstellerin, die mehr als vierzig Romane und Theaterstücke geschrieben hat, krank und zerfressen von Kokain und Morphium. Sie brauchte immer Geld, die Sagan war angewiesen auf reiche Gönner. Quelle tristesse.
Was bleibt? Die leichte Melancholie ihrer Romane, ein entfesseltes Leben, der Stoff für ihre Bücher. Was will man mehr.
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Françoise Sagan in den 60er Jahren
Foto: AFP/ Getty Images
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