Männer stehen am Tresen und starren auf einen Mini-Röhrenfernseher. Es läuft Fußball. Plötzlich, im torgefährlichen Moment, verzerrt das Bild. Die Männer werden panisch, schlagen um sich, auf die Gesichter der anderen ein und zerwerfen Fensterscheiben. Die Wut greift von der Kneipe auf die Straße über. Das Viertel steht in Flammen, dann die ganze Stadt. Polizei rückt mit Hubschraubern und Panzern an. Riots. Apokalypse.
Es ist ein Katastrophenszenario im neuen Saturn-Spot, das an die Unruhen in London 2011 erinnert. Die Agentur Scholz & Friends Berlin hat für den Elektronik-Markt den 90-Sekunden-Online-Spot gedreht, man kann ihn in der Vorweihnachtszeit auch im Fernsehen anschauen. Dass Werbung sich an den Zeitgeist anlehnt, ist nicht neu. Im Moment ist der Wunsch nach Aufstand ja groß, nicht nur in der arabischen Welt, auch in Europas Metropolen. Aber ist es zeitgemäß, die soziale Empörung auf diese Weise umzudeuten?
Keine Ziele, aber Flachbildschirm
Der Elektronikmarkt sieht seine Kunden also so: Wir haben keine Ziele mehr, hauen uns die Köppe ein, wenn wir keinen modernen Flachbildschirm besitzen. Wir sind bloß sinnentleerte Konsumenten. Auf die Barrikaden gehen schockt niemanden. Demos sind längst keine Aufreger mehr: Was in London oder Kairo noch Umsturzpotenzial hatte, wird bei Saturn zu postdemokratischem Zynismus.
Und sollte es in dieser Kampagne überhaupt eine Botschaft geben, dann ist das die: Solange Leute noch konsumieren, gehen sie nicht auf die Straße.
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