Kaufen oder leben?

Kampagnenkritik Mach mal wieder was Neues, stand auf dem Plakat. Riskier was. Es klang nach Aufbruch. Nur wer hatte es in den Hof gehängt?
Aufruf zum Aufruhr? Nö. Werbung für einen Sportartikelhersteller
Aufruf zum Aufruhr? Nö. Werbung für einen Sportartikelhersteller

(Foto: Der Freitag

Gute Frage: „Wann hast du das letzte Mal etwas zum ersten Mal getan?“ In großen schwarz-weißen Buchstaben prangt dieser Satz in einem Berliner Hinterhof als Plakat an einer unsanierten Häuserwand. Das fragt man sich doch immer wieder: Kann man sich noch häuten, and do something for the first time? Ein Namenloser warf mal eben die Frage nach dem Sinn des Lebens in den (öffentlichen) Raum. Nur wer, und warum? Erst mal googeln. DAS hätte man lieber gelassen. Was verpackt in Guerilla-Ästhetik wie ein subversiver Aufruf daherkam – sei Rebell! – alles nur Fassade. Denn dahinter verbirgt sich die Marke Eastpak. Und der eigentliche Zweck unseres Seins, so wie Werbeleute ihn sehen: Konsum. Kauft Rucksäcke, die Widerständen trotzen, will die Kampagne uns sagen.

Dass etablierte Unternehmen mit einer vermeintlichen street credibility zum Konsum aufrufen, ist nicht neu. Adidas eröffnet temporäre Stores in ehemaligen Fleischereien und ausrangierten Szene-Bars, Graffiti-Künstler sprühen für Red Bull. Aber das ist dann transparent.

Vor ein paar Tagen fiel einem schon wieder so ein Plakat mit aufrüttelnder Botschaft auf: Hungry German Youth steht darauf, in fetten Lettern. Diese Schrift kennt man, sie steht für provokante Aussagen, man findet sie in Magazinen und auf den T-Shirts der Hipster. Ihr Erfinder ist der Gestalter Paul Snowden, der auch ein „underground Modelabel“ betreibt und seine Kunst nun in den Dienst einer Marke stellt, die sich als Sprachrohr der lebenshungrigen Jugend inszeniert. Nike.

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Geschrieben von

Maxi Leinkauf

Redakteurin „Kultur“

Maxi Leinkauf studierte Politikwissenschaften in Berlin und Paris. Sie absolvierte ein Volontariat beim Tagesspiegel. Anschließend schrieb sie als freie Autorin u.a. für Süddeutsche Zeitung, Tagesspiegel und Das Magazin. 2010 kam sie als Redakteurin zum Freitag und war dort im Gesellschaftsressort Alltag tätig. Sie hat dort regelmäßig Persönlichkeiten aus Kultur und Zeitgeschichte interviewt und porträtiert. Seit 2020 ist sie Redakteurin in der Kultur. Sie beschäftigt sich mit ostdeutschen Biografien sowie mit italienischer Kultur und Gesellschaft.

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