Looking for Sarko

Eric Cantona Erst waren die Banken der Feind, nun sind es schlechte Wohnverhältnisse. Ex-Fußballer Eric Cantona provoziert wieder. Diesmal mit der Nachricht, er wolle Präsident werden

Er kann es nicht lassen. Eric Cantona, 45, ehemaliger französischer Nationalspieler, wurde nach seiner Karriere erst Film-Schauspieler (Looking for Eric von Ken Loach), da drehte sich sogar im Kino alles um ihn. Dann verwandelte er sich in eine männliche Jeanne d'Arc, der Rächer der Entrechten wollte Ende 2010 die Hochfinanz stürzen, indem er die Franzosen aufrief, an einem bestimmten Tag ihre Bankkonten zu räumen. Nur machte kaum einer mit, nicht mal Cantona selbst hat etwas abgehoben. Es war ein virtueller "Bank-Run". Gute PR. Ein coup médiatique.

Manche kennen Cantona noch als Fußballgott von Manchester United.

Nun ließ der pensionierte Kicker verlauten, er wolle französischer Präsident werden. Ende April wird in der Grande Nation gewählt - bis dahin wolle er 500 Unterschriften sammeln, mit denen er kandidieren kann: Cantona klopft derzeit an bei Lokalpolitikern, um sie von seiner Linie zu überzeugen. Natürlich ist das nur eine Provokation. Eine falsche Kandidatur, aber eine echte Cantona-Aktion. Diesmal möchte er nicht das Kapital anfechten, auch nicht Präsident werden. Sondern, wie er der Tageszeitung Libération erklärte, die Wohnungslage in seiner Heimat anprangern.

Narziss und Citoyen

Cantona - der doppelte. Einerseits Narziss, selbstverliebt, größenwahnisnnig, maßlos - schon als Kicker (1995 hat er mit einem Kung Fu-Tritt einen Zuschauer angepöbelt). Andererseits citoyen engagée, "engagierter Bürger", der eine schlichte, essentielle Botschaft transportiert: Kümmert euch um die Umstände und täglichen Sorgen von Millionen Familien, die in engen, unbezahlbaren Wohnungen leben, häufig noch mit Toilette auf dem Gang. So sehr er Schlagzeilen liebt, er will mit dem Thema offenbar wirklich mobilisieren: Bereits 2010 trat Cantona in einer Kampagne der Fondation Abbé Pierre auf, die sich für bessere Wohnverhältnisse stark macht.


Man brauche "einen Stachel wie Cantona", heißt es dort, damit im Wahlkampf das Thema Wohnungen den Platz bekommt, den es verdient. Politiker, rechts oder links, sehen das anders, so einen brauche man dafür im Wahlkampf nicht. Dafür hat "King Eric", wie ihn englische Fans heute noch nennen, viele Facebook-Nutzer mit seiner Aktion begeistert: Nicolas Perriaux schreibt: "Ich lebe zwar nicht in Frankreich, und kann ihn nicht wählen, aber Cantona ist ein altmodischer Typ mit Prinzipien, Würde und einer Botschaft. Ich glaube was er sagt, würde er auch tun."

"Vive Cantona", schwärmt auch Farid Trari, "ich wähle den König von England". Er setzt vorsichtshalber ein lol dahinter. Laughing out loud.

Macht sich Cantona zum Clown? Zum Narr in seinem eigenen Stück? Der falsche Präsident - es sollte sein letzter Streich bleiben, sonst nimmt ihn als Rebell der Nation niemand mehr richtig ernst.

Gerade steht "Canto", der Schauspieler, noch auf einer richtigen Bühne. Er tourt mit Ubu enchaîné (Ubu in Ketten) von Dan Jemmet durchs die Republik. Im Original dieses Theaterstücks geht es um einen Offizier, der durch einen Staatsstreich zum König wird.

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Geschrieben von

Maxi Leinkauf

Redakteurin „Kultur“

Maxi Leinkauf studierte Politikwissenschaften in Berlin und Paris. Sie absolvierte ein Volontariat beim Tagesspiegel. Anschließend schrieb sie als freie Autorin u.a. für Süddeutsche Zeitung, Tagesspiegel und Das Magazin. 2010 kam sie als Redakteurin zum Freitag und war dort im Gesellschaftsressort Alltag tätig. Sie hat dort regelmäßig Persönlichkeiten aus Kultur und Zeitgeschichte interviewt und porträtiert. Seit 2020 ist sie Redakteurin in der Kultur. Sie beschäftigt sich mit ostdeutschen Biografien sowie mit italienischer Kultur und Gesellschaft.

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