Mit den eigenen Waffen

Netzgeschichten Digital verhaftet: Im Iran sollen jetzt Cybercops antirevolutionäre Webseiten und Blogs entlarven und sperren. Es ist nicht der einzige Schritt zur totalen Netz-Kontrolle

Mit dem Netz wachsen die Verbrechen. Solche „Cybercrimes“ möchte der Iran verhindern. In dieser Woche nimmt die iranische Internet-Polizei ihre Arbeit auf. Sie soll das Internet besser kontrollieren und sichern, hat der iranische Polizeichef Ismail Ahmadi Moghadam erklärt. Auf allen Polizeiwachen sollen bis Anfang 2012 neue Cyber-Einheiten aufgestellt werden. Diese sollen anti­revolutionäre Strömungen bekämpfen, verdächtige Foren und Seiten unterwandern und auf sozialen Netzwerken wie Facebook oder Twitter staats­feindliche Gruppen und Individuen aufspüren. Natürlich undercover.

Der Polizist loggt sich als normaler User ein. Er bekommt Zugang zu IT- Adressen, Links, Schlüsselbegriffen und Suchfeldern. Missliebige Seiten werden dann gesperrt, und der Staatsanwalt leitet Strafverfahren ein. Farsi ist die am dritthäufigsten genutzte Sprache im Netz, auch wegen der Exiliraner. Der rigide Umgang mit dem Netz ist nicht neu. Seit Jahren werden Internetcafés geschlossen, seit der „Grünen Revolu­tion“ 2009 – dort wurden Twittter und Facebook genutzt, um Protestaktionen zu organisieren und zu koordinieren – basieren viele Verhaftungen auf Geheimdienst-Untersuchungen im Netz.

Die aktuelle Mission Cybercop lenkt dabei von einem weitreichenderen Projekt zur Kontrolle subversiver Quellen im Iran ab. Seit 2005 wird dort das sogenannte Nationale Internet-Netzwerk getestet, ein vom Rest der Welt abgeschnittenes Datennetz. „Dort sollen Sicherheitsfilter eingebaut werden, die verhindern, dass man beispielsweise einfach auf Google zugreifen kann“, erklärt der Iran-Experte Sascha Thon. Bis 2013, dem Ende der Amtszeit von Präsident Ahamdinedschad, soll das Intranet flächendeckend im Land funktionieren. Nach chinesischem Vorbild.

Dort sperrt die Regierung mit der „Great Firewall“ populäre Webseiten wie Youtube. Webadressen werden nach Alarmworten wie „Tibet“ gescannt. 2010 hat sich Google teilweise aus China zurückgezogen, nun sollen „illegale Telefondienste“ wie Skype abgeschafft werden.

Aber kann die Cyberpolizei auch Stuxnet killen? Das Virus hatte Ende vergangenen Jahres eine iranische Atomanlage lahm gelegt. Der Kampf gegen Würmer sei aber nicht das Hauptmotiv der Netz-Wächter, sagt Thon. „Eher sind die Polizeieinheiten ein weiterer Versuch des Regimes, zivilen Ungehorsam im Keim zu ersticken.“ Dafür müssten aus verwaltenden Beamten erstmal Internet-Affine werden. Auf jedem Beamten-Schreibtisch soll ein Rechner stehen. Mit einem Zugang zum Netz, der nicht blockiert ist.

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Geschrieben von

Maxi Leinkauf

Redakteurin „Kultur“

Maxi Leinkauf studierte Politikwissenschaften in Berlin und Paris. Sie absolvierte ein Volontariat beim Tagesspiegel. Anschließend schrieb sie als freie Autorin u.a. für Süddeutsche Zeitung, Tagesspiegel und Das Magazin. 2010 kam sie als Redakteurin zum Freitag und war dort im Gesellschaftsressort Alltag tätig. Sie hat dort regelmäßig Persönlichkeiten aus Kultur und Zeitgeschichte interviewt und porträtiert. Seit 2020 ist sie Redakteurin in der Kultur. Sie beschäftigt sich mit ostdeutschen Biografien sowie mit italienischer Kultur und Gesellschaft.

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