Wer ist dieser Mann auf dem Etikett? Und was hat er auf einer Bierflasche zu suchen? Sieht aus wie jemand, der sich im Nichts der ewig sinnlosen Sinnsuche verloren hat. Es soll Ian Curtis sein, Ex-Punk, lange tot. Ist Bier nun plötzlich Weltschmerz? Schaut man genauer hin, sieht man, dass sich da jemand anderes für Curtis ausgibt: Musikfotograf und Regisseur Anton Corbijn (Control). Auf einer Pulle. Oder anders gesagt, auf dem „Beck’s Art Label“. So heißt eine Sommerkampagne, bei der auch Seeed, M.I.A., Bloc Party und Boys Noize & Paul Snowden Kunst für Flaschenetiketten entwerfen, alle Musiker waren irgendwann mal kritisch und underground. Beck’s macht sich das zunutze.
Wenigstens Dialektik
Für Horkheimer und Adorno wurde bekanntlich jeder gesellschaftliche Protest irgendwann Teil der Kulturindustrie. Sie vereinnahmt ihn, das Subversive wird ins System integriert. Immerhin, ein Verdienst von Beck’s: Wann musste man zuletzt beim Biertrinken an diese Dialektik denken?
„Du kannst ein Kunstwerk schaffen und es sehen vielleicht hundert Leute. Sehen es aber hundert Millionen, wird es plötzlich ein wichtiger Teil der Popkultur ...“, erklärt Anton Corbijn sein Flaschen-Engagement. Ein bisschen interaktiv geht es bei der Kampagne natürlich auch zu: „Folge deinem inneren Kompass“, heißt ein Slogan. Man kann selbst Etiketten gestalten und online hochladen. Aber wer will wirklich wie M.I.A. oder Corbijn Teil der kulturindustriellen Verwertungs-maschine werden? Eigentlich will man doch nur ein Bier trinken. Ohne Kunst, dafür aber schön kalt.
Kommentare 5
"Beck' s will mehr sein als ein vernünftiges Pils (...)"
Da geht's doch schon los: Beck's ist und war auch nie ein vernünftiges Pils!
Sondern?
wie dümmlich ist denn so ´ne aussage??? hätte ich einem freitag-leser nicht zu getraut!!
Wer mit Adorno im Teaser hausieren geht und sich anschickt dem Verhältnis von angeblicher Subkultur, Werbung und Affirmation nachzugehen, der sollte vielleicht schon einen Gedanken mehr mitzuteilen haben, als nur die scheinhafte Frage der dialektischen Erinnerung beim Biertrinken...
Dass monetäre Angebote noch den größten Künstler/die größte Künsterin verlocken, passiert im Fall Becks nicht zum ersten Mal. Viel spannender wäre die Antwort darauf gewesen, warum sich die Bremer Bierfirma ehemals ´subversives` Material in`s Boot holt; also was die gesellschaftliche Wirkung hinter der Werbung mit den ´kritischen` Köpfen ist.
doch, Miauxx, Becks war mal ein vernünftiges Pils. Bis die Familie an InBev verkauft hat und die Brauer nur noch Masse statt Qualität produzieren durften, Becks wie Cola irgendwo aus irgendwelchem Wasser hergestellt wurde und das Unternehmen die Marke statt dem Bier vertrieb. Was in der Flasche ist, ist inzwischen jedesmal genauso überraschend wie bei Öttinger Pils, dem "Unterschichten - Bier".
Qualität geht anders. Ist aber bei diesem Konzern wohl nicht so wichtig, Werbung ist alles.