Wir sind nur Kandidaten

Kampagnenkritik Wer in die "schönste WG der Welt" ziehen möchte, kann sich online bewerben und muss bereit sein, ein Jahr lang in Blogs oder per Twitter zu posten, wie hip Hamburg ist

Wer bei mir einziehen wollte, der musste nicht abwaschen, Regale bauen, schon gar nicht bloggen. Nur sollte er abends lange in der Küche hocken, rauchen und mir zuhören, wenn ich die neueste Version meines Lieblingssongs spielte. Oder er spielte selber.

In der WG von heute steht immer der Mac auf dem Tisch. Die „wahrscheinlich schönste Wohngemeinschaft der Welt“ befindet sich in Hamburg. Und ist noch frei: Ab September können vier Leute für ein Jahr einziehen, sofern sie von dort aus über ihre ersten Schritte in der neuen Stadt berichten. Die „Traum-Lebens-Arbeits-WG“ liegt in einem In-Stadtteil, sie ist stylisch und natürlich total Social-Media.

Der erste Eindruck zählt

Wer im Loft postet, twittert oder facebookt, hat sogar Aussichten auf einen Job – irgendwas mit Medien: im Social-Media-Bereich bei Otto, der Sparda-Bank oder Radio Hamburg. Es sind die Partnerunternehmen der Kampagne, mit der sich die Metropole ein neues Image geben möchte.

Jeder kann sich für die #hh_wg, wie sie bei Twitter getaggt ist, per Video bewerben. Die Bewohner werden gecastet. Die Vorauswahl treffen die Firmen, dann soll es ein Online-Voting der Community geben. Hamburg ist hip, das soll auch viral verbreitet werden, eben durch die Mitbewohner, die von Clubs, Parks oder Cafés zwitschern.

Die klassische Küchen-WG hat damit wohl ausgedient. Die Kampagne aber ist konsequent gemacht: Immerhin ist die WG die Mutter aller Castingshows. Sei es als digitaler oder als simpler ­Küchen-Bohémien: Die Performance muss stimmen.

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Geschrieben von

Maxi Leinkauf

Redakteurin „Kultur“

Maxi Leinkauf studierte Politikwissenschaften in Berlin und Paris. Sie absolvierte ein Volontariat beim Tagesspiegel. Anschließend schrieb sie als freie Autorin u.a. für Süddeutsche Zeitung, Tagesspiegel und Das Magazin. 2010 kam sie als Redakteurin zum Freitag und war dort im Gesellschaftsressort Alltag tätig. Sie hat dort regelmäßig Persönlichkeiten aus Kultur und Zeitgeschichte interviewt und porträtiert. Seit 2020 ist sie Redakteurin in der Kultur. Sie beschäftigt sich mit ostdeutschen Biografien sowie mit italienischer Kultur und Gesellschaft.

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