Nur ein Lausbubenstreich?

Steuerhinterziehung Weg damit - für die Beseitigung der Straffreiheit nach Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Nur ein Lausbubenstreich?

Foto: Joern Haufe/ AFP/ Getty Images

Die Wortspiele sind erschöpft, die erwartbare Empörung landesweit entfacht und die erste Online-Petition wurde natürlich auch schon gestartet: Der deutsche Empörungsapparat läuft auf Hochtouren und Alice Schwarzer hat bislang mit Sicherheit keine allzu angenehme Woche verlebt.

Die Debatte um Steuervermeider lebt in erster Linie zwar von anprangerbaren Prominenten und ihre schweizerischen Konten, überlagert aber, trotz der berechtigten Empörung, das eigentliche Problem.

Es wird den Vermögenden in Deutschland zu leicht gemacht, ihr Vermögen außerhalb Deutschlands zu bunkern und es so fälligen Steuerzahlungen zu entziehen.

Gemessen an der Art und Weise der Strafverfolgung könnte man meinen, Steuerhinterziehung wäre nichts weiter als ein Lausbubenstreich: Man macht es wenn/weil man es kann. Wird man erwischt, folgt eine Selbstanzeige und eine Nachzahlung. Wenn nicht umso besser. Eine wirkliche Bestrafung wie bei anderen Verbrechen findet nicht statt. Die Möglichkeit, den Finanzämtern einen solchen Streich zu spielen, steht aber nicht allen offen.

Steuerhinterziehung ist kein Volkssport, sondern nur für reichere Mitbürger, die über die finanziellen Ressourcen zum Betrug verfügen, eine Option. Während Schwarzarbeit da schon eher als Volkssport bezeichnet werden könnte, steht die Möglichkeit zum Betrug an der Gemeinschaft, die Steuerhinterziehung, erst Menschen mit höheren Einkommen beziehungsweise hohem Vermögen offen.

Diese vermeiden aus unterschiedlichsten Gründen die Zahlung von Steuern: Der eine hat ein Spielgeld-Konto (Hoeneß), die andere ihren Notgroschen für den Fall einer eventuellen Flucht aus Deutschland (Schwarzer) und ein ganz anderer will sich beim Bücher schreiben einfach nicht mit so nervigen Angelegenheiten wie Steuererklärungen herumschlagen (Sommer).

Aber hier soll es auch nicht um die Motive der Hinterzieher gehen. Es geht viel mehr um die Frage, warum ein Verbrechen, welches nur den finanziell Privilegierten möglich ist, bei einer Selbstanzeige und nachgezahlten Steuern straffrei ist und nach dem Willen der Union auch bleiben wird. Und wie steht es um die SPD? Dort heißt es zwar aus Teilen der Partei, dass man energischer gegen Steuersünder vorgehen und die Straffreiheit bei Selbstanzeige zur Disposition stellen will. Aber wie wahrscheinlich ist es, dass sie sich gegen die Union durchsetzen kann? Wahrscheinlicher sind da schon eher kleine Korrekturen wie die Abschaffung der Verjährungsfrist oder die Erhöhung der Strafzahlungen. Die grundlegende Ungerechtigkeit der Straffreiheit nach Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung wird auch nicht von der SPD überwunden werden.

Verschärfungen wie die Abschaffung der Verjährungsfrist oder die Verpflichtung deutscher Banken zur Zusammenarbeit mit Finanzämtern dürfen aber nicht das Ende der Debatte sein. Es muss mit der unsäglichen Praxis der straffreien Selbstanzeige gemacht werden. Dazu benötigt es einen neuen Anlauf für ein Steuerabkommen mit der Schweiz, nachdem das letzte geplante Abkommen im Bundesrat zu Recht gescheitert ist. Das neue Abkommen kann aber nur funktionieren, wenn es dieses Mal endlich die Möglichkeit der Straffreiheit bei Selbstanzeige beseitigt, den Zugriff auf Bankschließfächer ermöglicht und vollen Einblick für die deutschen Finanzämter beinhaltet.

Solange das Hinterziehen von Steuern nicht mit immensen Strafen versehen und als echtes Verbrechen, aus dem man sich nicht still und heimlich mit Nachzahlungen herauskaufen kann, geahndet wird, wird es auch weiterhin Steuerhinterzieher geben.

Und auch wenn ein Bruchteil der deutschen Steuervermeider das Instrument der Selbstanzeige nutzen und dieser Bruchteil als Erfolg gefeiert und Beweis für die nicht erforderliche Gleichstellung von Steuerhinterziehung mit anderen Verbrechen angeführt wird: Die Mehrheit der deutschen Inhaber Schweizer Bankkonten wird, solange sie nicht prominent sind und es kein wirklich umfassendes Steuerabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz gibt, sich kaum von ein paar Daten CDs abschrecken lassen. Warum auch? Man zockt und hofft, nicht in einem der Datensätze aufzutauchen. Falls doch ist das eben dumm gelaufen. Dann bezahlt man die letzten Jahre eben nach und schon ist die Sache erledigt. Ein Lausbubenstreich, wie es scheint. Und das ist es eben nicht. Nicht bei geschätzten 100-250 Milliarden Euro, die vermögende Deutsche in der Schweiz deponiert haben.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden