Bahnhof verstehen - Heute: mit Stéphane Hessel

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„Ich halte die Empörung der Stuttgarter für völlig gerechtfertigt. Der neue Bahnhof ist eine Schande.“

Stéphane Hessel in einem gestern veröffentlichten Interview gegenüber der Welt Online.

Vor einigen Monaten (Januar 2012, von einem Vortrag in Tübingen kommend) war Stéphane Hessel in Stuttgart. Er traf dort u.a. die Initiatorin der Stuttgarter Erklärung zur Fortführung des Widerstands Ulrike Braun. Gegenüber ihr äußerte Hessel sich seinerzeit so: „Sie müssen weiter auf die Straße gehen. Und wenn Sie erfolgreich sind, werde ich Sie bewundern.“ Für die im Internet veröffentlichte Erklärung wurden bundesweit bislang über 11.000 Unterschriften gesammelt, davon über 10.000 aus Baden-Württemberg; die Zeichnungsfrist endet am kommenden Sonntag.

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Foto: Stéphane Hessel und Ulrike Braun im Januar 2012

Stéphane Hessel weiter in der Welt Online zum Thema S21 und Volksabstimmung:

Welt Online:Sie gelten vielen als der Vater der Wutbewegung. Wir erleben gerade, dass einige dieser Bewegungen sich deformieren. In Stuttgart konnten die S21-Gegner teilweise keine demokratischen Entscheidungen mehr akzeptieren, andere Bewegungen verpuffen oder verändern ihren Charakter. Macht Ihnen das keine Sorge.

Hessel: Ich halte die Empörung der Stuttgarter für völlig gerechtfertigt. Der neue Bahnhof ist eine Schande.

Welt Online:Es ist demokratisch abgestimmt worden.

Hessel: Aber von wem und unter welchen Bedingungen? Hat man wirklich darüber nachgedacht, was aus dem schrecklichen Bahnhof wird, wenn die Bäume alle abgehauen werden?

Welt Online:Was ist demokratischer als eine Volksbefragung?

Hessel: Die Bevölkerung ist falsch befragt worden. Ihr wurde vorher gesagt, dass, wenn der Bahnhof nicht kommt, Arbeitsplätze verloren gehen. Auf lange Sicht sind es die Empörten, die Recht haben.[...]

Thema des Interviews ist eigentlich die europäische Austeritätspolitik gegenüber Griechenland. Um so bemerkenswerter ist der inhaltliche Bogen, den Hessel darin schlägt (und der so quasi auch zu einem „Zwischenstopp am Stuttgarter Bahnhof“ führt). Es sind aber genau diese Verknüpfungen, die Hessel ganz selbstverständlich und richtigerweise macht, welche jedoch in der Vergangenheit dem Stuttgarter Protest mehrheitlich „abgingen“ - ein schwerer Irrtum, der dazu führte, dass der Protest bislang kaum Erfolge in der Sache zeitigte. Aber das ist eine andere Geschichte, die es noch zu erzählen gilt. ...die o.g. STUTTGARTER ERKLÄRUNG kann/darf/soll, bis Sonntag 17. Juni noch, auch von Nicht-Baden-Württembergern online gezeichnet werden...



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