Der Kondens-Kandidat

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Mit St. Zweigs „Joseph Fouché“ im Rückenmark lässt sich so manche DDR-Biografie lesen. Kaum Schwierigkeiten kamen seinerzeit auf, als Th. Brussig einem verwirrten, flog-floggenden Stasi-Ministranten die Maueröffnung via Trabbi-Gemächt in satirisch-reflektiertem, Kohl'schem Größenwahn zusprach.

Etwas schwieriger wurde es schon, als ein in Dresden gebürtiger Arzt aus dem Breisgau in einer Art historischer Rochade den „Turm“ historisch so verschob, dass gängiges Sächsisch zur Fremdsprache mutierte. Und der Autor sich dabei relativ bedenkenlos auch noch mit Thomas Mann verwechselte. (Offensichtlich ist ihm Matthias Wegehaupts „Die Insel“ nie untergekommen.) Darauf fiel 2008 sogar die Jury des Deutschen Buchpreises herein.

http://www.gala.de/asset/Image/artikel/boulevard/2009/kw39/dieter-bohlen.jpg

(Foto: Der neu Gewählte/ Wird zum Volke nun/ Gleich singen/ Ohn' Unterlass.)

Dann jedoch kam Jewgenij... Aber -Stopp!- vorher kam... ja , was?

Joachim Gauck. Der Mann, der ziemlich bescheiden, jedoch immer in vollem Bewusstsein seiner Einzigartigkeit auftrat, und der quasi im Vorübergehen die DDR ganz allein kassierte/abschaffte/aufarbeitete.

Darüber hinaus liest sich seine Vier-Jahreszeiten-Biografie wenig vergnüglich (wesentlich unvergnüglicher als z.B. die von Dieter Bohlen; der -Auwiea!- offensichtlich sogar ehrlicher zu berichten scheint). U.a. auch, weil man alles Retrospektive, was selbst bei Bohlen als Tenor durchaus zu finden ist, dort vermisst; Gauck präsentiert sich einerseits als permanent frei-drehender, west-kaffee-schlürfender Gartenzwerg mit schamig-klerikalem Winkearm über die Lübecker Bucht hinweg. Andererseits als schweigendes Missbrauchsopfer der allgegenwärtigen Roten Horden, nun diesen Missbrauch mutig anprangernd durch seine 9-Volt-“Freiheit“-Ansage, notstandshalber auch mit chinesischem Demokratieverständnis. Das nervt unendlich, weil es maßlos spießig ist. Mindestens.

Dabei hätte er bestimmt (wie fast alle ehemaligen DDR-Bürger) wirklich Einiges zu erzählen. Das nimmt ihm inzwischen aber Eugen (s.o.) ab. Und der macht es gut, weil er es verantwortungsvoll und weitaus weniger eitel, eher suchend tut; ein Wegehaupt 2.0. dieser Ruge. Nein, diese Ruges...

- Da kann der Joachim bloß noch den Wulff 2.0 machen.

Super-GAUck ist das Passende zum allgemeinen Niveau; das postdemokratische Top-Model mit beeindrucked tiefem Kondesstreifen und glänzendem Überschallknall, gesucht und nun auch endlich gefunden.

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