Außerdem war sie mal Miss Bodensee

Tatort Für Konstanz nicht so schlecht: "Die schöne Mona ist tot" beeindruckt durch Besetzung (Sylvester Groth, Ronald Zehrfeld) und eine gewisse Lockerheit beim Stammpersonal

So gut gelaunt wie Klarablum (Eva Matthes) in ihren neuesten Streich am Bodensee reinpfeift, kann sie unmöglich Sarrebruck am letzten Sonntag gesehen haben. Oder weil wir noch einmal darauf zurückkommen müssen: Verstanden ist das alles immer noch nicht.

In jedem Fall kommt Konstanz als Sedativum recht. In Konstanz brennt nichts an oder um in die Verdauungsmetaphorik zu wechseln: Konstanz ist – wie tendenziell alle SWR-Tatorte – eine Art Haferbrei, wenn der Magen mal gereizt ist: muss nicht schmecken, beruhigt aber (und das wäre dann konstanzspezifisch, weil Ludwigshafen doch auch aufregen kann und Stuttgart das Gefühl vermitteln, etwas zu wollen).

Die schöne Mona ist tot entpuppt sich nun sogar als higher Konstanzer Level: Wenn man davon ausgeht, dass es outstanding am Bodensee überhaupt nie werden kann, dann sind das hier die größten Erfolge. Man kann das ganz gut an Klarablum sehen, die still aufblüht, am feschesten in der Straßenszene zu Beginn der Ermittlungen, wo sie so fein und ausdauernd schmunzunzelt, und man bis zum Ende nicht erfährt, worüber (wir fürchteten am Anfang schon eine neue Liebe oder so was).

Keine Charge für die Vorrunde

Putzi Perlmann (Sebastian Bezzel) kriegt auch ein paar Szenen, die eine Ahnung anzudeuten in der Lage sind, dass da noch mehr geht, als fallrelevante Informationen von A nach B zu kommunizieren. Anderswo wäre aus dem Assistentendiss, den ein Herrenreiter erster Kajüte, wie der große Sylvester Groth ihn vorstellt (der, seit dieser Woche, Schmücke/Schneider-Erbe in Magdeburg), ein schöner Witz geworden. Hier bockt Perlmann halt ein wenig zurück.

Sylvester Groth ist freilich eine Erscheinung; legt man als Skala von Bedeutungstragen das für den deutschen Film ja nicht unwesentliche Arsenal an Apparatsfiguren in den beiden permanent ausgebeuteten historischen Komplexen Nationalsozialismus und DDR zugrunde, ist Groth einer, der unter was Hochtrabenderem wie Oberst nicht erst einsteigt – die Vorrunde der niederen Dienstränge belongs den anderen. Dass nun die Figur des Christian Seitz, Intellektualbonvivant und Kriegsfotograf auf Innendienst im Lokaljournalism, besonders überzeugend entworfen wäre, kann man leider nicht sagen.

Die Qualitäten von Drehbuchautor Wolfgang Stauch, der zuletzt Jubiläumsrekordmünster und Schwangerschaftsvertretungsbrandenburg vorgelegt hatte, liegen eindeutig nicht in der ausgeklügelten, komplexen Geschichte (dieses Baulandgewinnlertum, dass die lokalen Gesellschaft in alle vs. Christian Seitz differenziert, ist bloße Behauptung), sondern dem durchaus witzigen, nicht uncharmanten Dialog: "...bei ner Polonaise mitgemacht, was, das muss ich jetzt gestehen, tatsächlich ein Mordmotiv wäre." Allerdings täte es Stauchs Witz besser, wenn er sich drastischer entfalten könnte, die Anlage noch überzeichneter wäre, damit so eine Verachtung, wie Seitz sie hier performt, zum Tragen kommt (in Wien wäre das wohl am ehesten vorstellbar). In der Dann-doch-Normalität von Fernsehfilmkonstanz (Regie: Ed Herzog) wirkt's so nicht mehr als ein bisschen neunmalklug.

Das andere Highlight qua Auftritt in Die schöne Mona ist tot gibt Ronny "The Brustkorb" Zehrfeld ab, der gleich am Anfang eindrucksvoll aus der Hüfte arbeitet bei den Party People (zum Sonntagabend!) und dann nur mal kurz in die Pedale des Papa-albert-mit-Tochter-rum treten muss, um dem Feld zu zeigen, wer le Patron ist. Die Double-Technik beim Rauchen ist fast so aufregend wie das Kostüm mit dem zu weiten Neunziger-Jahre-Hemd und der Konfirmationskrawatte.

Die Volte mit der doch gar nicht toten Mona (eine originelle Auslegung des Etappentods?) hat was, kriegt in den Tatort allerdings nicht that Maß an Fatalismus hinein, den es bräuchte, damit die finale Ausführung des Mords, den begangen zu haben Seitz all the time verdächtig war, eine größere Schärfe bewirkte im Zuschauerkopf. So ist Die schöne Mona ist tot öfter kurz davor, etwas Größeres werden zu wollen, kommt dann aber nie dazu.

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Geschrieben von

Matthias Dell

Filmverantwortlicher

Matthias Dell

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