In letzter Zeit ist nicht selten diskutiert worden, warum es keine guten deutschen Serien gibt, kein „deutsches Breaking Bad“, kein „deutsches House of Cards“. In diesen Debatten wurde mitunter tatsächlich gemutmaßt, die Vorgänge in der Berliner Politik böten eine zu kümmerliche Vorlage, um daraus die Spiele abzuleiten, die Kevin Spaceys Politiker in House of Cards betreibt.
Diese Sorge dürfte unbegründet sein, was zuletzt die Auseinandersetzungen um die Kürzung des Deutschen Filmförderfonds (DFFF) gezeigt haben; der soll 2015 von 60 Millionen Euro (2013 sogar 70 Millionen) auf 50 Millionen schrumpfen. Ein finanzpolitischer Vorgang in einem Bereich (deutsche Filmförderung), für dessen tiefere Kenntnis sich eine überschaubare Zahl an Spezialisten qualifiziert, verspricht nicht zwangsläufig Spannung. Der DFFF wurde 2007 als temporäres Instrument aufgelegt, um den Produktionsstandort Deutschland zu fördern und gleichzeitig das Kulturgut Film. Das mag widersprüchlich klingen, aber der Film, und der subventionierte erst recht, hört immerzu auf zwei Namen, meint also künstlerisches Werk und kommerzielle Unternehmung zugleich. Und nationale Subvention will im EU-Europa gegenüber Brüssel gerechtfertigt sein.
Beim DFFF handelt es sich um eine automatische Förderung, die abrufen kann, wer bestimmte Kriterien erfüllt. Auch für ausländische Projekte ist der DFFF interessant, insofern 20 Prozent der anerkannten deutschen Kosten aus ihm bezuschusst werden – vorausgesetzt, mindestens ein Viertel des Budgets wird hier ausgegeben. Als Folge dieser Politik drehte Quentin Tarantino in Babelsberg Inglourious Basterds, Roman Polański Der Ghostwriter, Tom Tykwer Cloud Atlas. Die Kürzung dürfte Studio Babelsberg folglich zuerst zu spüren kriegen.
Monika gegen Bernd
Ihren Unterhaltungswert bezog die Diskussion der Kürzung aus dem Streit zwischen der Filmwirtschaft und der für den DFFF zuständigen Bundeskulturministerin. Erstere konnte nämlich den Eindruck bekommen, dass Monika Grütters dem Film weit weniger gewogen ist als ihr von der Branche heißgeliebter Vorgänger Bernd Neumann, der nach seinen zwei Amtszeiten mit dem Präsidentenposten der nationalen Filmförderungsanstalt (FFA) gewürdigt worden war. Dass Grütters mitten in die Kampagne um die Rücknahme der Kürzung des DFFF, die medial vom Branchenblatt Blickpunkt: Film abgebildet wurde, die erfolgreiche Beschaffung der 200 Millionen Euro für einen Berliner Museumsneubau vermeldete, musste in der Filmwirtschaft als Prioritätensetzung wahrgenommen werden. Spaßvögel könnten freilich behaupten, dass der Bau eines Museums für einen vermeintlichen Nachruhm vermutlich die bessere Investition darstellt als der deutsche Film – an die „Neumann-Jahre“ als künstlerisch exponiertes Kapitel erinnert sich in der Filmgeschichte bislang jedenfalls noch niemand.
Die schönste Erklärung allerdings gab Grütters selbst, als sie in einem Interview mit der Welt Vorgänger Neumann als den wahren Schuldigen fürs Kürzen auswies. Bei Amtsantritt habe sie „eine katastrophale Situation“ vorgefunden, der DFFF wäre erst auf 30 Millionen abgesenkt und schließlich ganz eingestellt worden. Neumanns Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Der DFFF-Erfinder gab Grütters recht, dass die Planung des Fonds Senkung und Abschaffung vorgesehen hätte, bei der durch „meinen Einsatz“ allerdings, im Gegenteil, eine Anhebung bewirkt worden wäre.
So unaufgeregt Neumanns Replik scheint, so deutlich ist die Botschaft – den Unterschied in der Politik macht Durchsetzungskraft aus. Auf die Frage nach der „Angst“ vor dem Finanzminister sagte Grütters im Welt-Interview: „Wolfgang Schäuble kann seine Haltung sehr entschieden und sehr gut begründet verteidigen.“ Das bedeutete dann aber auch, dass der Bundesfinanzminister vom Roland-Berger-Gutachten, das die Branche in Auftrag gegeben hatte, um die Steuereffekte des DFFF zu beweisen, womöglich nicht so beeindruckt gewesen ist wie die Branche.
Ordnung und Kontrolle
In der Kapitulationserklärung der aktuellen Blickpunkt: Film heißt es im Editorial, dass in der Auseinandersetzung der Einsatz von Filmprominenten so wenig einen Unterschied gemacht habe wie „die Rechenkünste von Roland Berger“ – was, unfreiwillig, dann doch ein schönes Synonym ist für die Zweckgerichtetheit, mit der Statistiken angefertigt werden.
In diesem Sinne erschiene ein anderes Projekt als sinnvoll: Ordnung und Kontrolle der deutschen Förderlandschaft. Florian Kumb kam in seiner Untersuchung (Filmförderung und Subventionskontrolle in Deutschland, Springer VS) der Identität von Zielen und Realität der Förderinstrumente in Sachen DFFF zu dem Schluss, dass „Trade-off-Effekte“ anzunehmen sind, dass also Verbesserungen auf der einen Seite durch Verschlechterungen auf der anderen kassiert werden. Außerdem bewirke die automatische Förderung durch den DFFF noch etwas anderes: „Die Überversorgung mit deutschen Filmen wurde analog der Projektförderung ausgeweitet.“
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