Bei Vier gegen die Bank, dem neuen Film von Wolfgang Petersen, handelt es sich um die aufgebrezelte Variante eines alten Films von Wolfgang Petersen mit dem gleichen Titel. Wenn man beide vergleicht, kann man durchaus zu dem Schluss kommen, dass das Remake besser ist als das Original.
Was aber damit zu tun hat, dass die Fernseharbeit Vier gegen die Bank von 1976 eine ziemlich lustlose, indisponierte Angelegenheit ist. Trotz der Tatsache, dass mit Wolfgang Menge ein Könner der damaligen Zeit das Drehbuch verfasste, basierend auf einem Kriminallustspiel von 1972, das im US-amerikanischen Original zumindest im Titel einen politischen Hintergrund assoziiert: The Nixon Recession Caper (die deutsche Übersetzung dichtete dagegen: Gentlemen in roten Zahlen).
Vier in der Rezession arbeitslos gewordene Männer beschließen, zur finanziellen Konsolidierung eine Bank zu überfallen. Walter Kohut, Harald Leipnitz, Günther Neutze und Herbert Bötticher waren damals besetzt, ohne dass das den dramaturgisch zähen Film gerettet hätte. Unendlich lang ist Vier gegen die Bank von 1976 mit der Exposition beschäftigt, um die Pointe am Ende – eine der Ehefrauen (Karin Eickelbaum) ist schließlich bei der Rettung der Beute behilflich – unspannend zu verwursteln.
In der Dynamik sogar komisch
Dabei hatte Petersen schon in seinen Tatort-Folgen mit dem Kieler Kommissar Finke (Klaus Schwarzkopf) Gespür fürs Genre bewiesen. Interessant ist das Original heute nur mehr, weil der Film etwas über seine Entstehungszeit sagt. Filmästhetisch, insofern sich banale Szenen von einer Länge finden, die man heute durch einen Schnitt begrenzen würde. Und, bei aller Übertreibung in die Karikatur einer Golfclub-Oberschicht, gesellschaftlich. Die junge Bundesrepublik zeigt ihren Wohlstand vor (Schwimmbad in der Villa), und die Frauen wollen ein Wörtchen mitreden.
Und vor allem: Die ausgewählte Bank ist deshalb für den Überfall prädestiniert, weil sie in einem – da ist der Film ziemlich polemisch – Neubau-Ensemble liegt, das stadtplanerisch angeblich nicht funktioniert; zumindest wird so erklärt, dass kaum Kundenverkehr herrsche. Das ist im neuen Film anders: Sein fast zweistelliges Millionenbudget investiert Vier gegen die Bank im Jahr 2016 auch in eine wuselige Komparserie. Als Gebäude für die Bank wurde das Alte Stadthaus in Berlin gewählt, ein monumental-barockisierender Bau vom Beginn des 20. Jahrhunderts.
Kurz: ein historisches Haus. Es ist eine lustige Vorstellung, wie Menschen in 40 Jahren sich unsere Gegenwart ausmalen würden, wenn sie als Anhaltspunkt dafür diese Vier-gegen-die-Bank-Version hätten. Denn so wie die Bank ein zeitloses, „klassisches“ Gebäude ist, so sind die Figuren alle Typen mit Vornamen, keine Charaktere. Der Boxer Chris (Til Schweiger), der Werbefritze Max (Matthias Schweighöfer), der Schauspieler Peter (Jan Josef Liefers) und der Bankangestellte Tobias (Bully Herbig). Spuren vom Heute enthält der Film kaum.
Das Drehbuch von Tripper Clancy, Lucy Astner und Petersen füllt die Leere des Originals mit für hiesige Verhältnisse erstaunlich viel Dialog und Tempo auf; die Verwechslungen, die etwa mit der einstigen Erfolgsfigur des Schauspieler-Peter („Kommissar Podolski“) getrieben werden, sind in der Dynamik sogar komisch. Verglichen mit anderen deutschen Publikumskomödien ist hier ordentlich was los.
Die grundsätzlichen Probleme der dünnen Geschichte kriegt das Buch aber auch nicht gelöst. So ist Boxer-Chris zwar tumb und Banker-Tobias verklemmt, die beiden anderen Figuren aber sind gleich smart. Und kokettierte das Original damit, die bürgerlichen Räuber wie Profis auftreten zu lassen, entscheidet sich das Remake dafür, den Coup entgegen der Genrelogik mitten in der Durchführung in Dilettantismus umschlagen zu lassen. Das wiederum ist ein sonderbares Verständnis von Komik. Oder ein deutsches: Der schwejkhafte Underdog, der gewitzt gegen die Macht opponiert, ist hier der Depp, über den man sich immer auch lustig machen kann.
Stilistisch geht es Vier gegen die Bank wie dem Oberkörper von Matthias Schweighöfer: zu viel Muckibude. Der Film pimpt sich zu einem dauermackernden Sprüchegeklopfe, das Angst hat, die Aufmerksamkeit des Publikums zu verlieren, wenn es mal zwei Sekunden keine dramatische Musik einspielt. Dem Beastie-Boys-Hit Sabotage hat Petersens Film ebenso viel Stimmung zu verdanken wie dem „coolen Gerede“, das Pulp Fiction kultiviert hat und das hier allenfalls in der Vulgärversion nachgeahmt wird – in seinem epigonalen popkulturellen Zugriff hängt Vier gegen die Bank gut 20 Jahre zurück.
Dazu kommt das Spiel der Darsteller, die ihre Rolle mit der vermeintlichen Überlegenheit anlegen, die eine Figur wie der Depp zwangsläufig hervorzurufen scheint. Vor allem Schweiger spielt keinen tumb-gewalttätigen Boxer, sondern jemanden, der in jeder Szene zeigen muss, dass er einen tumb-gewalttätigen Boxer spielt. Diese Distanz verspricht nur auf der Ebene von Geschlechterbildern Gewinn: Wenn das Gegenwärtigste am Remake die krisenhafte Männlichkeit ist, dann erscheint der Depp als Chance, sie darzustellen und zugleich von sich zu weisen.
Vier gegen die Bank ist im Grunde ein Kinderfilm, eine Märchenwelt, durch die sich Ho-ho-ho-Figuren trollen. Bei Thomas Heinzes überschnöseltem Bankchef etwa fehlte nur noch ein lustiger Name wie Direktor Pupswurst, um – mit runtergedimmter Gewalt und dem Verzicht auf ein paar Geschlechtsteilwitze – die FSK-Freigabe ab sechs zu bekommen. Nicht nur in der Filmografie von Wolfgang Petersen ist Vier gegen die Bank eine merkwürdige Position.
Info
Vier gegen die Bank Wolfgang Petersen Deutschland 2016, 96 Minuten
Was ist Ihre Meinung?
Kommentare einblendenDiskutieren Sie mit.