Eine Männerfantasie: Paula ist fort, und Franz Strumpf verwahrlost in Selbstmitleid und Suff ("Ich lieg' im Bett/drei Wochen ist/ sie jetzt schon weg/Ich komme langsam um/in meinem Dreck"). Paula hieß in Bankfurt Conny (Nina Kunzendorf) und war fesch as hell, während in der Rolle des Franz Strumpf sich Fränki Steier (Joachim Król) nun wieder einen auf die Lampe gießt. Noch zwei Ehrenrunden auf dem verglimmenden Fame – von, machen wir uns nichts vor: Conny – darf Fränki drehen, und steigt deshalb in der ersten, Der Eskimo, tief hinab in seinen gender grief. Warum müssen Männer sich nur immer betrinken, wenn sie nicht wissen, wohin mit ihren Gefühlen?
Es ist mühsam, geht aber immer, wie der aktuelle Zeit-Titel aufs Hübsch
seinen gender grief. Warum müssen Männer sich nur immer betrinken, wenn sie nicht wissen, wohin mit ihren Gefühlen?Es ist mühsam, geht aber immer, wie der aktuelle Zeit-Titel aufs Hübscheste vorführt (How Qualitätsjournalismus would spell Originalität: zwischen den Jahren, alle so: nicht da, selbst Aktualität in den Weihnachtsferien, aber fetzen soll's doch, also: Männerkrise). Zum Glück nüchtert Fränki die Folge über mit Wasser aus ("Wir trinken alle viel zu wenig") und wirft mit seinen Essenswünschen ("Salat-Salat") Licht auf sich als Flexitarier. Überhaupt ist der Umgang mit zu befürchtender Männerräudigkeit in Der Eskimo (HR-Redaktion: Liane Jessen, Jörg Himstedt) recht luzide, was an den erzählerischen Fähigkeiten des Buchs von Hendrik Handloegten und Regisseur Achim von Borries liegt.Das erlaubt nämlich durchaus Blicke von außen auf die Figuren, Highlight ist die gallige Lagebesprechung auf dem Revier mit den schönen Miniaturen verschiedener Kommissariatsgewerke. In der Figur des omnivorischen Pathologen Fuchs (Gerrit Jansen) ist der Zug zur Charakterisierung vielleicht etwas übertrieben, aber es fällt doch auf, dass in Frankfurt auch die Nebenfiguren zu ihrem Recht kommen – und dann eben auch diskutieren können, ob "Eskimo" (nach dem Bob-Dylan-Manfred-Mann-Song Mighty Quinn; auch schön: die Kafka-Witze) eine glückliche Bezeichnung ist oder nicht. Problembewusstsein among the people, "das ist doch was" (Horst Köhler).Der Schatz im SilberseeMan hat in Frankfurt jedenfalls das Gefühl, die Leute sagen nicht nur auf, was sie im Drehbuch gelesen haben, sondern dass sie etwas sprechen, was sie verstanden haben und meinen können. In diesem Kontext erscheint dann der schon bekannte Sexism von Zehnergruppenleiter Seidel (Peter Kurth) als eine Haltung, die es gibt, aber die aber nicht Programm ist. Genauso wie Fränkis sogenannte Sprüche über die neue Kollegin Dräger (Allzweckwaffe im Kurzauftreten: Alwara Höfels).Eigentlich liegt in diesem betriebsinternen Rumgebattle der Schatz im Silbersee des Tatort versteckt: Geguckt wird die sympathische Reihe doch von vielen Menschen, die morgen wieder ranmüssen, aber schon beim Abspann das Grausen kriegen vor der Abteilungsleiterin beim Morgengebet oder dem Mundgeruch des Kollegen aus Sektion 22, der einen auf dem Flur immer in endlose Gespräche verwickelt. Soll heißen: Solche Streitereien, Frustrationen, Zurücksetzungen, Herrschaftsgesten wären der Stoff, aus dem Konflikte sind, die keine Drogen nehmen oder Partner verloren haben müssen, um wirkungsvoll zu sein.Der Fall in dieser Folge kommt nicht uninteressant daher, sogar der Weg in Fränkis erfundene Zweisamkeitsvergangenheit (immer eine Freude: Jenny Schily) wird hier geschickt von der Seite her beschritten: Jutta wird von Fränki, der mit dem Fall nicht so recht befasst sein darf, zuerst als Abkürzung zur Informationsgewinnung auf inoffiziellem Wege angefragt, weil sie an der gleichen Schule arbeitet wie das erste Opfer.In der Sprache der Streif ließe sich feststellen, dass Mausefalle und Kompression gut genommen werden (der Anfang mit dem Joggen von hinten um den Teich herum ist sehr schön). Leider patzt Der Eskimo dann aber an der Alten Schneise: Ob Julias Lover-Lars (Volker Bruch) dem Zuschauer wirklich schon so früh als Hauptverdächtiger vor die Nase geschnitten werden muss, würden wir gern noch einmal in der Zeitlupe sehen. Und leider ist Lover-Lars als Figur ein wenig überdramatisiert, muss er doch neben Norman Bates noch drei andere Identitäten ausfüllen (Half-American, Callboy, Varietékünstler), da mag man sich als Zuschauerin nicht recht für erwärmen. So kommt der Tatort mit zu wenig Tempo in den Zielhang, wo er durch übertriebenen Aktivismus Boden gut zu machen versucht (Jutta auf der toten Militärbase einsperren, Fränki in den eigenen vier Wänden würgen, zurück zu Jutta, schwitz).Aber Bankfurt will doch immer gesehen werden von Kamera und ist hier durch Bernd Fischer schön eingefangen. Der Gastauftritt von Eisi Gulp als informiertem Barkeeper gefällt.Ein Künstlername, den man sich zulegen könnte: "Samsa Whitman"Eine Frage, mit der man sich auf Stehpartys einen Namen macht: "Kotzen Sie sich nicht eigentlich selbst an?"