Zu den regionalen Eigenheiten des Tatort gehören die je spezifischen Herausforderungen an die einzelnen Gewerke. In Frankfurt darf neuerdings die Ausstattung auf den Schlamm hauen, dass es eine Schau ist, weil die fesche Conny-Mey-Figur nach mehr verlangt als dem üblichen Biz-Cash-Look. Und was Bankfurt der Ausstattung, das ist Hangover den Drehbuchautoren: Hier besteht der Reiz zweifellos darin, dieses überflüssige Kind von Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) liebevollst-wirksam aus jeder Folge zu verbannen.
Ulrike Molsen und Eoin Moore haben sich in Schwarze Tiger, weiße Löwen für den Reiterhof entschieden. Der entspricht wenigstens von außen den großbürgerlichen Ambitionen von Malotte Furtholm, bemäntelt aber auch nur dü
Malotte Furtholm, bemäntelt aber auch nur dürftig, dass dieses bemitleidenswerte Kind vor allem: stört. Das notorische Rabenmuttertum von Furtholm soll hier dadurch entschuldigt werden, dass Supermom's own Womanizer mit dem sprechenden Namen Jan Liebermann (Benjamin Sadler) zwischen seinen dangerösen Undercover-Recherchen in den Krisengebieten dieser Welt (Libyen!) mal wieder in Hannover vorbeischaut – und Furtholm sich mit ihm einen Bunten machen will.Auf dem Weg von der Kinderlandverbringung zum Flughafen baut sie leider einen Unfall, der sie leider ins Zentrum des Falls führt. Nun mag man den siebziger Jahren vieles vorhalten, etwa dass sie lange vorbei sind, aber so plump wäre Kommissar Finke, der Großmeister der Provinzdurchdringung nie auf einen Fall gestoßen.Grüne KücheAndererseits: Es ist Advent. Und deshalb soll Milde herrschen. Für die Verhältnisse von Hannover ist Schwarze Tiger, weiße Löwen (bei dem Titel hatten wir uns auf einen Fall im Zirkusmilieu gefreut, na ja) passabel. Der Fall, dessen einzelne Verbindungen wegen der vielen gesichtslosen Kindernamen nicht immer nachzuvollziehen sind, entwickelt eine gewisse Spannung und bearbeitet das shocking Thema (Kindesentführungen ins Verließ) nicht so sehr mit Ermittlerempathie als vielmehr mit Kommissarinnenfleiß. Die Geschichte ist bis in die grüne Küche von Kästners hinein hübsch fotografiert (Kamera: Matthias Fleischer), und vor allem darf Supermom auch einmal aus der Rolle fallen, wenn nach dem missratenen Bluff im Martens-Haus die lokale Kollegin Sigrid Malchus (Inka Friedrich again, zuletzt Witwe in Frankfurt) auch mal Tacheles redet und Furtholm Überforderung in Form von Tränen eingesteht. "Das ist doch was" (Horst Köhler).Übertrieben wird es mit der Menschwerdung Furtholms freilich nicht. Die Lokalkollegin bleibt, nicht nur durch ihr ungeschicktes Hackenschuhenlaufen, eine Karikatur, die ins Schnepfige zieht – so wie alle Kollegen im Bannkreis Furtholms sich immerfort aufführen müssen wie die ersten Menschen, damit die Hauptrolle als Identifikationsfigur des gesunden Menschenverstandes walten darf. Auch groß: Wie Furtholm es schafft, das Hilfsangebot des da noch unbekannten Kästner abzulehnen, zugleich aber einen rotzigen Undankbarkeitsvorwurf zu formulieren: "Sie sind der erste, der fragt."Dass das Leiden unter dem ephemeren Jan "Bin noch in der Redaktion/seit über 30 Stunden auf den Beinen" Loverman nicht Ausmaße wirklicher Verzweiflung annimmt, ist wohl auch einer gewissen erzählerischen Ökonomie geschuldet: Der Flirt mit dem Mann der Männer soll bitteschön nicht binnen einer Folge zum Happy End in der Patchworkfamilie verheizt werden. Vielleicht verhandelt Sadler auch nur noch über die Konditionen des Vertrags und muss dabei immer an das Schicksal von Ingo Naujoks denken.Teamworxens EventeinteilerRoland Suso Richter, der sich erst im Kino und dann im Eventzweiteilerwesen des Teamworx-Fernsehens einen Namen gemacht hat, hantiert mit der Anziehung-Abstoßung zwischen Loverman und Supermom ganz geschickt – wobei genau genommen gerade darin eine ziemliche Perfidie steckt: Dass man als Zuschauer seine Gefühle plötzlich auf den Kern der konkurrierenden ZDF-Schmonzette (Wann werden sie sich endlich kriegen?) gepolt sieht, wo man doch in Ruhe Tatort schauen möchte.Der Teamworx-Transfer ins Gesellschaftsschaufenster unseres Sonntagabends gelingt in dieser Folge (ein Eventeinteiler?), insofern dass klassische Teamworx-Setting – Geschichte ist, wenn eine Frau vor krassem Heldenhintergrund (Dresden, Vertreibung, Flut) sich zwischen zwei Männern entscheiden muss – Furtholm zwischen dem Loverman und dem Ersatzmann verortet, als der hier die Arbeit fungiert, der sie sich immer zuwenden kann, wenn der Loverman mal wieder nicht anruft. Was es mit dem Ephemeren des Loverman auf sich hat? Man weiß es nicht. Entweder hat er den alten Großtantenrat "Willst du gelten, mach dich selten" so was von verinnerlicht. Oder er leidet unter einem dieser neumodischen Phänomene wie Bindungsangst. Was wohl leider zu vermuten ist.Dafür entschädigt er bei jedem Auftritt außerhalb von Szene-Restaurants – wo er mit total aufregenden Geschichten von seiner Arbeit langweilt – mit hottestem Sexism: Halle könnte sich hier mal eine Scheibe abschneiden, während Frankfurt dieses Rumgepose bitte nie, nie ernst nehmen darf. Am Ende ist der Loverman da, wenn man ihn braucht, also wenn Furtholm krass fertig von den Abgründen des Falls zurückkommt, in dem, dann ist es aber gut mit den Querverweisen, sowohl das Schütte-Sänger- als auch das Conny-Mey-Frankfurt nicht so nicklig gepfiffen und die jugendliche Rächerin ihres durch Kästner traumatisierten Lebens hätten laufen lassen.Das ist irgendwie das ganze Elend des Furtholm-Hannovers: Es legt sich die Dinge immer so zurecht, wie es gerade passt. Und das traurige Kommissarinnenkind reitet bestimmt immer noch auf einem Ponyrücken im Kreis dem Sonnenuntergang entgegen.Etwas, das man nicht gesagt kriegen möchte: "Du bist medikamentenabhängig und hast'n Beschaffungsproblem"Ein Grafitto, das noch erwachsen werden muss: "Fick deinen Arsch"Geht gar nicht: Blumen in dieser furchtbaren Cellophanfolie