„Romy sollte nicht nachdenklich sein“

DVD Glück wäre eine Fälschung gewesen: 1966 traf Hans-Jürgen Syberberg für ein Filmporträt auf Romy Schneider. Hier erinnert er sich an sie
Ausgabe 15/2018
Romy Schneider 1966
Romy Schneider 1966

Foto: Sven Simon/Imago

Diese Woche kommt Emily Atefs Spielfim 3 Tage in Quiberon in die Kinos, der von den Umständen des letzten Interviews handelt, das Romy Schneider 1981 gegeben hat (Freitag 8/2018). Und der kaum mehr erzählt als Hans-Jürgen Syberbergs Dokumentarfilm Romy – Portrait eines Gesichts von 1966, in dem Verzweiflung und Zerrissenheit Schneiders bereits im Originalton abgebildet sind. Deshalb wollen wir ihm hier das Wort überlassen, 3 Tage in Kitzbühel, so wie Syberberg sich an sie erinnert:

„Romy Schneider wollte aus Paris weg zu der Zeit, hatte Interesse am deutschen Theater. Da passte ihr der Film über Fritz Kortner, den ich zuvor für den Bayerischen Rundfunk gemacht hatte, ganz gut. Ich wollte eigentlich nicht, weil ich von ihr nichts wusste, sie für mich keine Figur war. Aber wenn man jung ist und anfängt, nimmt man so ein Angebot an. Als der Film fertig war, 90 Minuten in der Rohfassung, sagte der BR, das geht nicht: Wenn Kortner zwei Stunden dauert, kann Romy nur eine lang sein.

Es gab ein Abnahmerecht Schneiders, das sie weitergegeben hatte an Harry Meyen, ihren Mann. Der verlangte 34 Schnitte. Sie saß ganz still in der Ecke. Die Schnitte waren undenkbar in dem Stil, wie der Film gemacht war, mit langen Passagen, da kann man nicht ein Wort rausschneiden oder einen halben Satz. Ich habe gekämpft, er nahm sich einen sehr guten Anwalt. Dann stand es ganz scharf, ich gegen die große Romy Schneider. Der BR stellte sich auf ihre Seite.

Ich zog meinen Namen zurück, das war heftig. Aber ich habe das durchgezogen, auch mit Anwalt, ich habe den Film verboten. Dann gab es ein Entgegenkommen: Einmal durften wir ihn zeigen in der originalen Fassung, danach nie mehr. Das war meine Rettung, weil die Fassung dadurch im Archiv des BR blieb. Die nächste Ausstrahlung war die Fassung von Harry Meyen. Die endete mit ihm, Meyen, Romy und dem gemeinsamen Sohn als Schlussbild, lachend. So wollte er das haben, die lachende Romy, die sich anbietet. Bei mir war ihm das zu trist. Romy sollte nicht so nachdenklich sein. Von heute aus betrachtet hat der Film in meiner Version Bestand. Meyen hat sich umgebracht, der Sohn ist umgekommen und Romy ist auch tot. Den Harry-Meyen-Schluss gibt es nicht mehr. Eine glückliche Mutter, die Romy letzten Endes nicht war in ihrem Leben – es wäre eine Fälschung gewesen, sie so darzustellen.

Ich war damals interessiert an neuen Formen. Alles sollte original sein, kein Kommentar. Ich las nichts über sie, obwohl ich vom Sender große Stapel von Illustrierten bekam, ich wollte keine Gerüchte. Ich wollte kommen und immer nur Fragen stellen. Daraus ergab sich die Antwort. Am Anfang beklommen, zaghafter, weil der Film chronologisch aufgebaut ist, dem Verlauf unserer Begegnung entspricht. Ein Prinzip, das ich bei Kortner und Romy entwickelt und später bei Winifred Wagner weitergeführt habe.

Sie litt darunter, dass sie nicht nach Deutschland ans Theater zurückgehen konnte. Sie dachte, Harry Meyen macht ihr den Weg, aber der war nicht der Richtige dafür. Ich war auch nicht derjenige, der ihr das ebnen konnte. Und der Film selber war es dann ja auch nicht. Das Bedauerliche war, dass wir uns am Ende des Films sehr gut verstanden. Aber nach dem Treffen mit Harry Meyen ging das alles schweigend auseinander. Ich habe nie wieder was von ihr gehört

Beim BR ging’s für mich dann zu Ende. Der Produzent des Films bekam einen Fünfjahresvertrag zum Dank dafür, dass er die Kürzungen mitgemacht hatte. Bei mir haben sie gesagt: Mit dem nicht mehr, der ist zu schwierig. Aber mein Interesse entwickelte sich eh woandershin.“

Info

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Geschrieben von

Matthias Dell

Filmverantwortlicher

Matthias Dell

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