Ein Hobbytitelästhetiker, wie er in uns wohnt, muss zuallererst feststellen, dass Borowski und der brennende Mann hübsch klingt und eine gewisse Originalität verbuchen kann. Der Geist der Folge wird davon aber nicht erfasst, dem wesentlichen Moment des Films baut diese Überschrift kein Haus: Der brennende Mann ist einer der äußeren Anlässe für die Ermittlungen, die Boro (Axel Milberg) feat. Sarahbrandt (Sibel Kekilli) aufnehmen muss, nicht der äußere Anlass. Ist nicht so wild, könnte man meinen, sagt aber auch was.
Insider des Tatort-Schauens und students der Fernsehfilmwissenschaft könnte Borowski und der brennende Mann wiederum zu ausufernd-fitzeligen Forschungen motivieren. Finde sieben Unterschiede! Es ist nämlich so, dass
ben Unterschiede! Es ist nämlich so, dass der Darling-Schauplatz-Number-One (Kiel) hier vom Regisseur/Erfinder des Darling-Schauplatz-Number-Twos (Frankfurts Lars Kraume) in Szene gesetzt wird, was also, anders gesagt, so wäre, als trainierte Kloppo Bayern München.Und im Bild zu bleiben: Mit Schweini und David Alaba fremdelt Kraume ein wenig. Sarahbrandt wird hier, wie schon in dieser Barschel-Folge, die Eoin "Tuchel" Moore zuletzt in Kiel inszenierte, ihrer unmittelbaren Keckheit, der lausbübisch-dropsigen Jeunesse beraubt, wenn sie, etwa am Ereignisort im Hause Bent – wo der per Schrotgewehr Erschossene ("feucht und kalt") und die im Pavillon Abgefackelte abhängen – mit Boro diese mühsamen Problemgespräche übers Autofahren als Epileptikerin wälzen muss, in denen es dann um Vertrauen und Glauben geht. Das zieht, schon vom abstrakteren Problemaufriss her, in so ein Ausgedachtengerede des Drehbuchwesens (Autor: Daniel Nocke), dem sich Sarahbrandt durchs schiere Sosein bislang doch häufig entziehen konnte.Klinker-KraumeWoran man Kraume dagegen wiedererkennt, ist etwa die Vorliebe für gewisse Räume, nach der man ihn fast Klinker-Kraume nennen müsste. Architektonisch ist die Folge von eigenem Geschmack; als Highlight hält diese endkrasse dänische Schule her, die im richtigen Leben ja auch eine ist, im Fernsehen aber aussieht wie ein Headquarter dieser globalagierenden Personalberatungsbuden zur Kapitalismusrenovierung, in denen die Mitarbeiter kein fixes Büro mehr haben, dafür aber Sofas wie zuhause, Sportmöglichkeiten und totalunkonventionelle Meeting Points. Wenn je Hanno Rauterbergs Zeit-Texte für ein historisches Bewusstsein von der Schönheit einer nicht so manufactumseligen Nachkriegsarchitektur verfilmt würden – Klinker-Kraume wäre sein Mann.Als Tatort ist das Janze nun aber auch etwas fad. Borowski und der brennende Mann ist nicht schlecht, nicht nervig, aber eben nicht so richtig und so groß wie Kiel in den letzten Jahren war. Kann daran liegen, dass die eigentlich auch nicht uninteressante Geschichte (die in Ludwigshafen vermutlich Tödliche Schatten einer tödlichen Vergangenheit gehießen hätte) etwas verschwurbelt erzählt wird. Vielleicht ist die grausame Kindheitstat, die ungelittene Flüchtlingsfamilie in Flammen aufgehen zu lassen, schlicht zu monströs, um als Biografie-Partikel der Schladitzfigur (Thomas Kügel) erzählt werden zu können. Dass man diese Bent-Paar etwa nur ermordet kennenlernt, limitiert den Reiz des Seriellen ein wenig.Dabei sind die gesellschaftlichen Implikationen, der Umgang mit den Flüchtlingen nach dem Krieg, durchaus von Interesse. Und für den Spannungsauftrieb hat es was, Anja Jürgensen (Johanna Gastdorf) als späten Racheengel der eigenen Verfehlung und eines kosmisch gedachten Bilanzausgleichs ("... dass wir auch brennen müssen, dann ist das Gleichgewicht wieder hergestellt"), erst einmal als Verdächtige im Krankenhaus auflaufen zu lassen, sie durchs Geständnis quasi zu dissuspekten, um sie später als Feind aus dem Innern auf die final lap zu schicken. Eindrucksvoll im Gerangel mit Schladitz wirkt nicht nur dessen Versuch, sich von der medizinischen Highendversorgung loszumachen, um, äh, fliehen zu können, sondern Jürgensens Antwort auf den Schladitz'schen Armverdreher – einmal auf die Wunde drauf und schon sind Machtverhältnisse wieder geradegerückt.Mitteilsamkeit entfaltet die Folge vor allem in genderesken Subalternenfragen. Wie der dänische Neuzugang Frau Einigsen (Lisa Werlinder) Big Boro permanent seiner Bigness versichert vor allen anderen, ist eine hübsche Taktik scheinbarer Unterwürfigkeit, die in Wahrheit den derart Gelobten zur Handlungsunfähigkeit verdammt, weil der totaloverwhelmt doch nicht mehr weiß, was er noch sagen aka machen soll. Dass die Missverständnisse und Doppeldeutigkeiten beim Flirt zwischen Boro und Emo Einigsen besonders originell gewesen wären, würden wir nicht behaupten. Die Sexy-hexy-Hotelzimmer-Inszenierung wäre dagegen in unserem Sinne, insofern sie den Fußball als Metapher (hier für: Kleidung und Herkunft) durch das Bendtner-Trikot aufruft.Die finale Blaulicht-Reflektion auf der piratösen Augenklappe von Kviersgaard (Peter Mygind) überzeugt als Detail.Eine Prophezeiung, die von einem Frontex-Mitarbeiter mit Blick auf einen seiner Klienten geäußert, eher nach Verfehlung klänge: "Nein, er kommt durch"Ein Satz, der jedes Streitgespräch beruhigt: "Ich glaube, das Problem liegt bei Ihnen"Etwas, das man sich nicht oft genug denken kann: "Sie haben ja Glück, Sie arbeiten mit einer Koryphäe zusammen"