In eigener Sache vorweg: Beim Freitag geht es ja gerade ans Kürzen, und weil in solchen Fällen der Betriebsrat gefragt ist, und zwar ziemlich zeitintensiv, und nun aber dummerweise der Tatort-Diskussionsgrundlagenverfasser in Personalunion Betriebsratsmitglied ist, ist die Zeit zum Tatort-Diskussionsgrundlagenverfassen ziemlich knapp geworden, weshalb heute nicht Normallänge erreicht werden kann, der kurze Text aber doch demonstrieren soll, dass Einstellung und Willen in the house sind, die liebgewonnene Tradition unserer beschaulichen Runde hier nicht von anderen Umständen interrupten zu lassen. Auf geht's, Union, kämpfen und siegen, wie man an der Alten Försterei, dieser etwas größeren, gleichwohl beschaulichen Runde, skandieren würde.
Was bisher geschah, entpuppte sich ja überraschenderweise als ungewöhnlich spannender und die Malotte-Furtholm-Standards runterkochender Tatort. Leider nur präsentiert sich Teil 2 des Hannover-Double Features fast wie die letzten 40 Minuten von Deutschland – Schweden jüngst. Der Moment, als weiland Zlatan Ibramovic die Wende einläutete durch das 1:4 in der 62. Minute, lässt sich hier relativ genau bestimmen: Nach gut der Hälfte sitzt die moralisch verderbte Hannoveraner Upperst Class im Hinterzimmer eines "Nobelitalieners" (Der Spiegel) zusammen, das kein Hinterzimmer ist, weshalb Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) samt ihrer Buddies dem Treiben aus dem unauffällig vor dem Szenetreff geparkten Kleinbus zuschauen kann.
Zu den Sumpfgestalten gesellt sich ihr Loverman und bekennende Power-Journalist Jan Liebermann (Benjamin Sadler), der als Biograf vom Maschmeyer-Wannabe Hajo (Bernhard Schir) trickreich investigiert. Hajo, der alte Fuchs, weiß das mittlerweile und ahnt auch, dass draußen die Lady vom Loverman mit ihren Gefühlen ringt, und nötigt dem Loverman also ein Gespräch übers Private ab, bei dem die traumatöse Verwundung seiner Beziehungsunfähigkeit, ihr Name sei Katharina, aufreißt wie nichts Gutes.
Das Goethe-Institut Minsk
Und jetzt kommt, was kommen musste: Die Furtholm-Lady vergisst alles, was man selbst als uninvestigativster Zuschauer über cleveres Verhalten in heiklen Situationen der drohenden Enttarnung beim Versuch, den eigenen Arsch zu retten, sich denken könnte, und regrediert konsequent in den Degeto-Schmonz, bei dem die emotional angetankten Ladies ihren Gefühlen bis aufs Klo folgen – sie nimmt das Bekenntnis vom Loverman für bare Münze. Fernsehfilmisierung takes over, und der Rest ist nur noch Formsache, das erledigt die Kolportage mit links. Zack, zack nach Weißrussland, wo alle Beteiligten sich durch Herkunft und jahrelange Besuche des Goethe-Instituts vorbereitet haben auf diesen Moment und deutsch sprechen. Die Reise wird unternommen am freien Tag und auf – zumindest einkalkuliert – eigene Kosten (ein Berufsethos das uns für ewig Vorbild und Ansporn sein wird) –, um dort, wo die Mädchen gescoutet werden für bildungsversessene, totalkrasse Sexorgien der Hannoveraner Szene, die Wurzel des Übels beim Schopfe zu packen (quel père!).
Auf dem Rückweg zum Flughafen die allerkanonischste Szene des deutschen Problemfilms, der keine Probleme hat, aber trotzdem welche haben will – der Halt auf freier Strecke fürs große Klärgespräch, bei dem der Motor eigentlich hätte weiterlaufen können, weil es eh nach zwei Sätzen zu Ende ist.
Fertig ist die Laube, alles wieder wie immer. Wie man so ein Drehbuch (Stefan Dähnert) noch so konsequent in den Sand setzen kann, erklärt Jogi Löw dann in der Nachbesprechung mit Reinhold "Reinhold" Beckmann und Mehmet Scholl. Der Loverman ist wieder ausdelegiert, und wir sind in Sachen Superwomom as klug as wie zuvor.
Vorbildlichste Verzahnung: "Erscheint in diesem Augenblick online und heut abend im Print"
Etwas, das nicht für den Grabstein taugte: "Sie können einfach nicht mit Niederlagen umgehen"
Eine Frage, die aus Kollegen Freunde macht: "Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du einen unmöglichen Ton gegenüber Mitarbeitern hast?"
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