Bundestag – Vorbilder sehen anders aus

Politik Noch vor einigen Jahrzehnten galten Politiker und übrigens auch Sportler als Vorbilder für die Gesellschaft.

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Benimm, jedenfalls überwiegend, wenn man von Polterern wie Franz Josef Strauß einmal absieht, gehörte zum guten Ton. Davon ist nicht viel geblieben. Politiker und noch öfter Sportler sind Menschen wie wie, ein Querschnitt der Gesellschaft, manchmal ebenso kriminell, manchmal auch ebenso ausfallend, ebenso ignorant. Vom Vorbild ist nicht viel geblieben.

Sportler, und besonders Fußballspieler machen auf dem Platz das, was die Gesellschaft versucht, ihren Kindern nicht beizubringen. Sie treten, spucken, beleidigen und benehmen sich wie die Axt im Walde. Ein rüder Ton gehört in manchen Clubs zum guten Ton. Nicht bei allen Spielern oder Fans, aber doch zu gewisser Zahl. Viele Eltern schauen sich deshalb nicht mehr als Wochenendevent Spiele im Stadion an, sie bleiben lieber daheim, dort ist es oft ungefährlicher. Schade eigentlich um eine Sportart, die einst Entspannung und Familienausflug war.

Kinder lernen beim Sehen und fragen sich, warum ihnen verboten wird, was man doch allenthalben und an jedem Wochenende erneut anschauen muss. Solches Verhalten führt dann zur Nachahmung, wenn die Eltern nicht dabei sind, auf dem Spielplatz, dem Sportplatz, im Verein, in den Schulen. Erwachsene sind Vorbilder und gute Angewohnheiten schwerer anzuerziehen als schlechte. Man probiert das andere eben dann, wenn man sich unbeobachtet fühlt, und darüber wird viel zu wenig nachgedacht. Und irgendwann stehen Erwachsene fassungslos da, wenn aus der Nachbarschaft, dem Verein, der Schule ein Hinweis kommt …

Und dann werden Kinder älter, schauen vielleicht die eine oder andere Debatte im Bundestag, weil sie politisch interessiert sind, sehen, wie Abgeordnete, gewählte Volksvertreter, sich dort aufführen. Wer in dieser Woche die Gelegenheit hatte, sich die Debatte im Bundestag anzusehen, der schüttelte nur noch mit dem Kopf. Man stelle sich vor, ein Familienmitglied stellt eine zu diskutierende Frage, sich selbst betreffend und rennt dann aus dem Raum. Die Diskussion wäre beendet, allenfalls laufen die genervten Eltern hinter dem Nachwuchs her um ihn in die Runde zurück zu holen. So benimmt man sich nicht, der Familienkrach ist programmiert.

Ein anderer gewählter Vertreter des Volkes, Sigmar Gabriel, sitzt im Bundestag und reagiert nicht auf Ansprache. Fast sieht es aus, als würde er abwinken, als man ihn bittet zuzuhören, denn er telefoniert. Allenfalls pubertierende Jugendliche benehmen sich so, ignorieren hilflose Eltern, provozieren so zuzüglich.

Im Bundestag ist all das möglich. Man stellt eine Anfrage und die Antwort ist einem egal. Was für ein Bild gibt das ab? So ging gestern Volker Beck mit den anderen Abgeordneten um, ein Grüner. Ein solches Verhalten ist nicht nur respektlos der eigenen Partei gegenüber, den eigenen Wählern gegenüber sondern auch denen, der anderen Parteien gegenüber, die Rede und Antwort stehen sollen, denn zu diesem Zweck wurde der Termin ja anberaumt.

Das Benehmen unserer Abgeordneten, sofern sie denn anwesend sind bei so wichtigen Themen, ist desaströs! Über alle Parteien hinweg. Wenn man kein Interesse hat zuzuhören, dann soll man sich doch bitte von seiner Partei nicht für den Bundestag nominieren lassen, wenn es doch so unendlich viel wichtigeres gibt, als sich um Belange zu kümmern, die den Menschen direkt betreffen und interessieren.

Auch bedarf es verschärfter Anwesenheitspflicht. Für Tätigkeiten, die man ansonsten zu tun gedenkt muss an anderen Tagen geplant werden, müssen andere Sitzungen vertagt werden, die Woche ist lang genug. Zumindest jene, die Anfragen aus ihrer Partei stellen, haben geschlossen anwesend zu sein, sonst ist der Tagesordnungspunkt ersatzlos zu streichen, dann kann er so wichtig nicht sein, dann weiß der Wähler endlich, ob Parteien es ernst meinen, mit dem, was sie angeblich so drückt und stört und ob ihnen wirklich das Wohl der Menschen am Herzen liegt. Der Bundestag ist kein Wahlkampfinstrument um Tagespolitik lächerlich zu machen, der Bundesrat kein Boykottinstrument, keine mittelalterliche Barrikade! Doch genau dazu zweckentfremden die Parteien beide Organe.

Und wenn die Parteien/Abgeordneten sich lieber mit sich selbst befassen oder im Ausschüssen tagen wollen, wenn ihnen Bundestagssitzungen zu viel an Arbeit machen, zu lästig sind, dann reduzieren wir doch die Diäten um die Hälfte, die Zahl der Abgeordneten auch, damit das Verhältnis stimmt und lösen den Bundestag auf. Dann soll man doch in kleinen Ausschüssen tagen, dann bleiben vielleicht wirklich die übrig, die Politik als Berufung und nicht als Nebenjob mit Rundumsorglos-Paket samt Airbag und Vollkasko fürs Leben sehen.

©denise-a. langner-urso/menschenzeitung

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