Politik, Medien–Menschen ohne Vergangenheit

Wahlkampf Es gibt niemanden, der urplötzlich vom Himmel fällt und der keine Vergangenheit hat. Heute lesen wir von Steinbrück,

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morgen hören wir etwas neue von Merkel und am nächsten Tag erschüttert Deutschland ein Skandal aus deren Umfeld.

Die Presse und ihre Foristen stürzen sich, speziell im Wahlkampf, wie hungrige Raubtiere auf jede kleine Nachricht dieser Akteure, gerade so, als könne irgendein noch so winziger Newsschnipsel die politische Wende herbeiführen.

Und ja, es kommt ja anschließend auch immer zu gewissen Schwankungen in den Umfragen. vergessen darf man aber dabei nicht, es werden immer andere Menschen befragt, nicht die aus der vorherigen Umfrage, woraus man sich vielleicht gerade noch ein Bild basteln könnte, ob denn bei den selben Menschen jetzt, nach dem Unfassbaren, wirklich ein Stimmungswandel eingesetzt hat. Zudem schwanken die Ergebnisse nach Institut und Ausrichtung gewaltig, so dass man sich fragt, woran das wohl liegen mag, denn 2% sind hier, und speziell in diesem Wahlkampf schon ein Erdrutsch, eben weil die AfD neu im Spiel ist.

Es gibt keine Politiker ohne Vergangenheit, was vielleicht ein Vorteil wäre, und es zeigt sich immer öfter, wie selbstgerecht Wähler doch sind. Ich habe immer wieder gesagt, es sei schade, dass ehemalige DDR Bürger quasi an jeder Geschichte Deutschlands unschuldig sein durften. Nach dem Weltkrieg musste man dort sich nicht mit seiner Nazivergangenheit befassen, was übrigens auch viele westliche Politiker und Richter nie wirklich tun mussten, denn sonst wären sie aus den Ämtern gejagt worden, beziehungsweise dort nie hinein gelangt. Und von den Neubürgern nach der Wende wurde, sofern sie in Politik und Justiz wollten, dort saßen, auch nur höchstens halbherzig gefragt.

Ein Buch aber, von dem man nicht weiß, auf Grund welcher Fakten (neuer Erkenntnisse) es entstand, sorgt jetzt für massiven Wirbel. Dabei sollte viel eher das Cover uns erschrecken, kommt es doch daher, als sei es ein Werk über einen Verbrecher, dessen Verkaufszahl angeregt werden soll wegen des unvorteilhaften Fotos und reißerischen Titels. gemeint ist: Aktenzeichen Angela M. ungelöst. Alleine der Titel ist eine Zumutung! Und nein, ich bin kein Fan der Bundeskanzlerin, gewiss nicht.

Jetzt also wieder Steinbrück, der sich hinter seinen Wahlkampfmanager stellt, wobei die komplette Hilflosigkeit des Kandidaten sichtbar wird. Besser wäre es gewesen, der Manager hätte von sich aus sein Amt ruhen lassen, dazu eine kurze Erklärung, und gut. Hier aber geschieht wieder das, was meist geschieht, man geht in Verteidigungshaltung, spurtet nach vorn, was zu Verschwörungstheorien führen muss. Man fragt sich, wer Steinbrück eigentlich berät. Kann man nicht lernen, gelassen zu reagieren, abzuwarten, was an der ganzen Sache wirklich Wahrheit ist? Nein, die Medien stürzen sich darauf, gerade so, als sei das der Weltuntergang, über den man schnell berichten muss, bevor man sein Lichtlein endgültig aushaucht.

Und ja, man braucht wirklich andere Auswahlkriterien für deutsche Politiker, so eine Persönlichkeitsvorstellung, in der alle vorhandenen Akten und der Lebenslauf auf den Tisch gehören, dann weiß der Bürger, wer dort mit welchem Knöllchenregister zur Wahl steht, denn sonst ist er nicht zufrieden, der deutsche Kreuzchenmacher mit seinem kleinen Babypo, der so sauber ist, wie ihn moderne Waschpulver nur waschen können, der völlig neugeboren, ohne je falsch geparkt zu haben und unbescholten an die Wahlurne geht, dieser Mensch, dieser Medienvertreter, Kommentator, ach was weiß ich, der Wähler mit der fleckenlosen Weste ohne Vergangenheit, der vorher nie gelebt hat und just in diesem Wahllokal zur Welt kam.

Und den Medien sei gesagt, ihre Aufgabe ist eine andere, politische Unabhängigkeit und nicht tendenziöse Berichterstattung. Verschont uns endlich mit Nichtigkeiten und zerrupft die Wahlprogramme, stellt die Unterschiede dar, werft nicht mit Dreck. Der Skandal sind ein Buchcover, sein Titel und die unglaubliche Hilflosigkeit des Gegenkandidaten, die politischen Ereignisse in der CDU/CSU und der SPD, die Blockaden im Bundestag der SPD, die drohende Steuerpolitik, wenn Grün ans Ruder kommt, und die Vetternwirtschaft in Bayern …

©denise-a. langner-urso/menschenzeitung

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