Wo sind sie eigentlich geblieben, die vielen Milliarden, die zur Rettung der Hypo Real Estate mobilisiert werden mussten?
102 Milliarden € wurden im Herbst 2008 bereitgestellt bzw. garantiert: 20 Mrd. € kamen frisch aus der Gelddruckmaschine der Bundesbank, 30 Mrd. € von „einem Konsortium aus dem deutschen Finanzsektor“ und 52 Mrd. € Garantierahmen gab es von dem Soffin.
Das Geld der Bundesbank ist inzwischen abgelöst worden durch ezb-fähige staatlich garantierte Inhaberschuldverschreibungen, die 30 Mrd. € des Konsortiums teilen sich in 15 Mrd. € ezb-fähige staatlich garantierte Inhaberschuldverschreibungen und 15 Mrd. € besicherte Schuldverschreibungen, letztere sind mittlerweile um 3,1 Mrd. reduziert worden.
Ezb-fähige staatlich garantierte Inhaberschuldverschreibungen sind sehr interessant für die beteiligten Banken, denn die Steuerzahler garantieren für Zins und Tilgung und zudem kann man diese Papiere bei der Zentralbank zu Geld machen.
Dieser Liquiditätsrahmen wurde dann auch nach Angaben der Hypo Real Estate nachhaltig „in Anspruch genommen, per Ende März 2009 waren es 83 Mrd. €.“
Wohin diese 83 Mrd. € geflossen sind zeigt eine Liste, die der Tagesspiegel jüngst veröffentlicht hat.
Ausgewiesen werden dort 83,4 Mrd. €, die zum Zeitpunkt des Beinahe-Zusammenbruchs der Hypo Real Estate als kurzfristige Verbindlichkeiten offenstanden. Diese Schulden wären im Falle einer Pleite sofort zu einem Totalverlust für die betroffenen Gläubiger geworden.
Damit haben wir hier also das systemrelevante Netzwerk:
Unbesicherte Geldmarktaufnahmen und Schuldscheindarlehen der Hypo-Real-Estate-Gruppe zum Stichtag 26.9.2008 (Laufzeit kürzer als ein Jahr, Angaben in Millionen Euro)
Alle in- und ausländischen Investoren insgesamt83 410
Davon private deutsche Banken: 12 853
darunterUnicredit SA (Hypo-Vereinsbank) 2 024
Deutsche Post AG, Bonn (Postbank) 976
DZ Bank AG, Frankfurt 471
Deutsche Bank AG, Frankfurt 274
Commerzbank AG, Frankfurt 246
Deutsche Apotheker- und Ärztebank, Düsseldorf 261
Genossenschaftsbanken 1 084
öffentliche deutsche Banken (ohne Sparkassen) 4 406
darunterBayernLB Holding AG, München 2 125
NRW Bank, Düsseldorf 750
Landwirtschaftliche Rentenbank, Frankfurt 553
KfW Bankengruppe, Frankfurt 393
Nassauische Sparkasse, Wiesbaden 210
LBBW, Stuttgart 198
Lfa Förderbank Bayern, München 191
HSH Nordbank AG, Hamburg 116
Norddeutsche Landesbank, Hannover 111
Sachsen-Finanzgruppe, Leipzig 40
Sparkassen 1 311
ausländische Banken23 348
(s.a. Liste der unbesicherten Einleger der Depfa plc)
ausländische Notenbanken, multilaterale
Entwicklungsbanken, Zentralregierungen 4 153
ausländische Sonstige 15 314
deutsche Versicherungen und Pensionskassen 10 498
darunterHUK Coburg 1 486
Allianz SE, München (inklusive Dresdner Bank) 833
Vereinigte Hannoversche Versicherung, Hannover422
HDI Haftpflichtverband, Hannover 275
Debeka Koblenz 237
Münchener Rück AG, München 234
AXA SA, Paris 138
Alte Leipziger LV und Hallesche KV 2
deutsche öffentliche Stellen 8 205
darunterBayerische Versorgungskammern (BVK) 555
Freistaat Sachsen 500
Stadt München 418
Land Baden-Württemberg 400
Land Niedersachsen 400
Land Berlin 288
Landschaftsverband Westfalen-Lippe 236
Verwaltungsberufsgenossenschaft Hamburg 226
Evangelische Kirche202
Schleswig-Holstein 200
Katholische Kirche190
Berufsgenossenschaft Chemische Industrie 168
Westdeutscher Rundfunk147
Rheinische Zusatzversorgungskasse135
Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder 130
Treuhandstelle für Bergmannswohnstätten130
Versorgungseinricht. d. Ärztekammer Sch.-Holst. 120
Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung 113
Stadt Hamburg 80
Landschaftsverband Westfalen-Lippe 80
Landesärztekammer Hessen Versorgungswerk 80
Versorgungswerk der Architektenkammer NRW 75
Versorgungsverband der bayerischen Gemeinden 75
Bayerischer Rundfunk 69
Kassenärztliche Vereinigung Bayern62
Kommunaler Versorgungsverband B.-Württemberg 45
Stadt Frankfurt am Main 35
Landkreis Karlsruhe 9
andere deutsche Einleger 2 238
Kommentare 2
Sollten diese Zahlen als Beweis für die "Systemrelevanz" der HRE dienen, oder ist "systemrelevantes Netzwerk" eher sarkastisch zu deuten? Ich kann mir leider nicht vorstellen, dass bei dieser Streuung der HRE-Verbindlichkeiten tatsächlich das Finanzsystem völlig zusammengebrochen wäre - was sollten schon 274 Mio EUR Verlust für eine Deutsche Bank bedeuten, oder 833 für die Allianz? Wenn diese eine so dünne Eigenkapitaldecke haben, die dies nicht absichert, dann hätten sie als Finanzinstitutionen ohnehin nicht existieren sollen. Spannend und fast "lustig" finde ich die Tatsache, dass unter den Gläubigern der HRE die beiden Großkirchen oder z.B. der Bayrische Rundfunk waren. Doch auch wenn diese im Fall der HRE-Pleite mituntergehen sollten, würde ich sagen: Selber schuld, Jungs und Mädels, dass ihr euch an solchen Geschäften am Finanzmarkt beteiligt!
eher sarkastisch, allerdings: bei der Postbank z.B. wären knapp 20% des Eigenkapitals weg gewesen. Vielleicht war es doch ganz gut, auf das Experiment zu verzichten.