Antworten und Fragen zur Präimplantationsdiagnostik*

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

*oder umgekehrt

Jeder hat das Recht auf eine Behinderung, niemand die Pflicht dazu.

Aus dem Bundestag kommen diverse Gesetzentwürfe zur Präimplantationsdiagnostik (PID), in der FAZ las ich zuerst darüber.

Im Gesetzesentwurf, der Fraktionsübergreifend enstanden ist, wird ein Modell übernommen, bei dem im Falle einer hohen Wahrscheinlichkeit auf eine schwere Erbkrankheit des Nachwuchses Eltern die Möglichkeit haben, sich in Zentren beraten zu lassen.

Die Behandlung erfolgt nach Beratung eines Ethikgremiums, welches der Einrichtung angegliedert ist. Nicht jeder Wald- und Wiesendoktor soll also PID "anbieten" dürfen.

Eine gesetzlich Regelung ist wichtig, um zu verhindern, dass Kinder aufgrund von Merkmalen ausgewählt werden, die innerhalb der normalen Variationmöglichkeiten liegen (Haarfarbe, Augenfarbe, Größe, Händigkeit, IQ(?), Geschlecht(!)).

Die "European Society of Human Reproduction and Embryology" (ESHRE) veröffentlicht jedes Jahr einen Bericht, der Zahlen liefert. Im aktuellen Bericht berichten 57 Zentren weltweit 5887 Zyklen, die der Gewinnung von Eizellen dienen. Daraus folgten 1516 Schwangerschaften und 1206 Kinder wurden geboren.

Die Gründe für eine Präimplantationsdiagnostik werden wie folgt angegeben:

  • 729 chromosomaler Abnormitäten (v.a. reziproke Translokation)
  • 110 Fällen wegen x-chromosomal vererbten Erkrankungen (u.a. Muskeldystrophie Typ Duchenne, Hämophilie, Retinitis Pigmentosa)
  • 1203 wegen Monogenetischer Erkrankungen (u.a. Zystische Fibrose, Chorea Huntington)
  • 3753 mal wurde ein Genetisches Screening vor der Implantation durchgeführt, als Gründe werden wiederholte erfolglose Versuche und männliche Unfruchtbarkeit genannt.
  • 92 mal wurde die PID zur Auswahl des Geschlechts genutzt (social sexing, wird an zwei Zentren angeboten, eines liegt in Australien, nähere Angaben wurden nicht gemacht.)

Die Reihenfolge der genannten Gründe kann sich verändert haben, die habe ich aus einem älteren Bericht.

Als ein Argument gegen die PID wird vorgebracht, Menschen mit Behinderungen würden diskriminiert, wenn keine Kinder mit Behinderungen geboren würden. „Fitness“ würde zur Norm erhoben .

Ich halte das aus verschiedenen Gründen für wenig stichhaltig. Von allen Menschen mit Behinderung in Deutschland sind es 4,4% die eine angeborene oder im ersten Lebensjahr erworbene Behinderung haben.

Und selbst das ist eine grobes Raster, weil die Gründe dafür sehr vielfältig sind. Selbst wenn Alls genetisch bedingten Erkrankungen verhindert werden könnten, wären nicht alle Menschen plötzlich gesund.

Ich sehe nicht, warum es von der Anzahl der betroffenen Menschen abhängen sollte wegen einer fehlenden Fähigkeit mehr oder weniger diskriminiert zu werden.

Der Autor dieser Zeilen hat bisher das Glück gehabt, von schweren Folgen durch Krankheit und Unfall verschont zu bleiben und ist sich bewusst, dass die Perspektive eines/r weniger Glücklichen anders sein kann. Er hat Interesse daran.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

merdeister

Ein guter Charakter erzieht sich selbst. - Indigokind - Blogtherapeut

merdeister

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden