Deutsche Fiktion III

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Balighs Knie zitterten. Doch er durfte seine Angst nicht zeigen, von Anfang an hatte er eine Maske tragen müssen, um den anderen Mut zu machen, denn der Mut schwand schneller als die Stürme auftauchten. Seit die Luftangriffe begonnen hatten, schmerzte sein Rücken. Das hatte er in einer ruhigen Minute seinem Freund Fakhri gesagt, der Arzt war, dieser hatte sich den Rücken kurz angesehen und gesagt, es sei Stress, Baligh bräuchte einfach Urlaub. Beide hatten gelacht. Als hätte je ein normaler Marokkaner Urlaub gemacht, oder irgendein Nordafrikaner. Und gerade brach eine Zeit an, die für ihn in viel mehr Stress münden würde oder in ewiger Ruhe.

Die Bombardements hatten sie erwartet, sie folgten dem allgemeine Schema der Nato in den letzten 10 Jahren; nicht nur die Infrastruktur wurde zerstört, die Kollateralschäden bei der Zivilbevölkerung waren bewusst eingeplant, um die Heimatfront zu destabilisieren. Offiziell wurde natürlich jedes zivile Opfer bedauert. Die Nato und mit ihr die EU waren jedoch so starr vor Macht, das sie immer wieder dieselbe Strategie benutzten und berechenbar waren. Die Stadtkerne und wichtige Einrichtungen waren schon Stunden vorher geräumt worden, es hatte kaum Verletzte gegeben und nur drei Tote. Mittlerweile hatte er sich an den Schmerz in seinem Rücken gewöhnt und nahm ihn als Warnung immer Aufmerksam zu sein.

Und gerade war er sehr aufmerksam, die Augen ruhten auf jeder der Wachen, die nervös hinter den Zäunen standen, und in deren Gesichtern die Panik zunahm je näher er kam und mit ihm die 3000 Menschen hinter ihm. Langsam gingen sie auf das Umspannwerk zu. Fast alle davon lagen dezentral in Marokko verteilt, sammelten den Sahanergie-Strom und leiteten ihn in Richtung der Meerenge von Gibraltar weiter, wo die gigantischen Leitungen auf die europäische Seite wechselten.

Diese Leitungen dort zu verlegen war ein Meisterstück der Ingenieurskunst gewesen, weil die starken Strömungen enorme Belastungen für die Leitungen brachten. Man hatte sich entschieden nun die Umspannwerke zu besetzen anstatt die Leitungen zu sprengen, weil allen klar war, das die Infrastruktur noch gebraucht wurde, so wie das Geld der Europäer. Mit dem Strom konnten sie nichts anfangen, noch nicht. Und so schritt er langsam voran, mit der Hoffnung, hinter ihm würden eben so viele Schritte gemacht. Es war ruhig, niemand rief etwas, niemand hatte die Faust erhoben, nur hinten in der Menge hörte man dann und wann ein paar Kinder. Als Baligh noch drei Meter vom Zaun entfernt war und die drei Wachleute mit ihren Waffen entsichert auf die Menge zielten, hob er langsam die Hand und die Menge stoppte. Nur Baligh ging weiter, auf einen Hühnen zu, der eine Sonnenbrille auf der Nase hatte, die komplett verspiegelt war und dem in seinem Kampfanzug unheimlich warm sein musste. Schweiß stand ihm auf der Stirn.


Baligh stand nun direkt vor dem Wachmann auf dessen Namensschild "Schmidt" stand. "Mr Smidt" sagte er, " Sie haben nicht genug Munition um und alle zu töten, wir werden nicht gehen. Bitte lassen sie uns diese Situation friedlich beilegen. Ich garantiere Ihnen Sicherheit und gute Behandlung". "Sicher" sagte Schmidt und drückte ab.

Philipp Groten saß in seinem Zelt und war jedes mal dankbar wenn der Ventilator vorbei schwenkte. Seit dieser Meyrs aufgetaucht war, brachte ihn nicht nur die Hitze zum schwitzen. Der Bericht des MI6 Agenten war beunruhigend, nein katastrophal. Wieso hatten die Schlapphüte das nicht kommen sehen? Vollidioten. Da brach es auch schon aus ihm hervor und er fuhr Meyrs an. Der räusperte sich kurz und begann zu sprechen.


"Nun Herr Groten, ein paar Worte kann ich dazu schon verlieren, im Moment können sie ja ohnehin nichts machen. Als wir vor 3 Jahren den Kampf gegen den Islamismus als beendet und gewonnen erklärten, wurden viele Agenten aus dem arabischen Raum abgezogen und in die moslemischen Staaten Asien beordert. Die Demokratiebewegung, die hier aufkeimte wurde als Problem der örtlichen Despoten angesehen, als kleines wohlgemerkt. Die Köpfe dieser Bewegung hatten sich von Anfang an Gewaltfreiheit auf die Fahnen geschrieben oder Gewaltarmut. Wir haben das nicht ernst genommen und die Organisation auch nicht unterwandert. Aus diesem Grund haben wir erst in den letzten Wochen mitbekommen, wie gut die einzelnen Gruppen vernetzt sind, und wie autonom sie trotzdem operieren"
"Das Al Quaida Prinzip", brummte Groten. Meyrs lacht trocken: Wir haben es erfunden und sie benutzen es jetzt in Perfektion".

Natürlich hatten er damit gerechnet, trotzdem war er überrascht vom Schmerz und der Wucht des Geschosses, die ihn nun zu Boden riss. Noch bevor er zum liegen gekommen war, hatte ein junger Mann aus der ersten Reihe eine Waffe gezogen und auf Schmidt geschossen, noch bevor der einen weiteren Schuss hatte abgeben können. Die Menge war erschrocken ein paar Schritte zurückgewichen, aber noch da und rückte schon wieder auf. Gesichter tauchten in Balikhs Gesichtsfeld auf und bald kniete Fakhri neben ihm und nahm seine Hand von der Einschussstelle. Das Hemd wurde aufgeschnitten und Fakhri wischte das Blut ab, schaute auf die Wunde und lächelte. "Soviel Glück kann niemand haben, bei Gott, du blutest kaum". Er nahm Verbandmaterial und presste Kompressen auf die Wund. Fakhi schrie vor Schmerz, "Ach und eine Rippe ist gebrochen".
Hinter ihnen machte man sich daran, die Zäune abzureißen und das Umspannwerk zu besetzen. Einer der Wachleute hatte sich ergeben, nachdem der andere getazert worden war. Leider hatte der einen Herzinfarkt bekommen und war tot. Schmidt hingegen rang gerade mit fünf jungen Männern, obwohl sein linker Arm blutete. Doch nach kurzer Zeit war auch das vorbei.

Der Kanzler lukte unter seiner Schirmmütze hervor und holte aus, mit viel Schwung schlug er dann Ball über das Gras, mit noch ein paar von diesen Schlägen, würde er das Match heute gewinnen. Er war gleich heute morgen in den Transrapid gestiegen und hatte sich mit Silvio Berlusconi zum golfen verabredet. Morgen Abend sollte eine Treffen der EU-Regierungschefs in Rom stattfinden und bis dahin, würde Berlusconi ihn ein wenig ablenken. Zumindest den Rahmen dafür würde er schaffen. Nachdem er 2019 Regierungschef auf Lebenszeit geworden war, hatte er gelernt sich diskreter zu vergnügen. Doch er durfte jetzt nicht an später denken, sondern musste sich konzentrieren, denn trotz seiner 93 Jahre, war Silvio noch ein starker Gegner beim Golf. Ein Angestellter kam mit einem Telefon und gab es dem Kanzler. Als Silvio seinen Schlag vorbereite fragte er "Wieviele", den Ball schickte er mit einem "Oh" auf den Weg.
Er wandte sich dem italienischen Regierungschef zu der ihn angrinste, dann innehielt und fragte: "Was?" "Sie haben die Umspannwerke in Marokko besetzt." "Welche?" "Alle!"

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Geschrieben von

merdeister

Ein guter Charakter erzieht sich selbst. - Indigokind - Blogtherapeut

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