Belege, Belege, Belege

Pharmaconcern Selbst wenn es sich für einige Homöopathen so anfühlen mag: Homöopathie wurde in den USA nicht verboten

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Zu viel Zucker
Zu viel Zucker

Bild: Peter Macdiarmid/Getty Images

Homöopathie wurde in den USA nicht verboten. Auch wenn sich das für Homöopathen fast so anfühlen mag. Die Food and Drug Administration (FDA) sowie die Federal Trade Commission (FTC) haben sich gegen eine weitere Sonderbehandlung homöopathischer Arzneimittel ausgesprochen. Das bedeutet zum einen, dass auf den Packungen in Zukunft ein Hinweis stehen muss, aus dem hervor geht, dass es keine wissenschaftlichen Belege dafür gibt, dass Homöopathie besser als ein Placebo funktioniert. Die FDA hat sich dazu, wie bereits Regierungskommissionen in Großbritannien, der Schweiz und Australien, die aktuelle Studienlage angesehen. Befürworter und Gegner konnten Stellung beziehen. Die „positiven“ Studien, die in Diskussionen so gerne angeführt werden, wurden also bei der Entscheidung, wie bereits in Großbritannien, der Schweiz und Australien, berücksichtigt.

Was meine ich mit Sonderbehandlung? Homöopathische Mittel gelten – das ist in den USA wie in Deutschland – aus historischen (nicht aus wissentschaftlichen) Gründen als Medikamente und werden von der FDA als solche behandelt. Medikamente dürfen in den USA nur dann für speziellen Erkrankungen auf den Markt kommen, wenn sich ihre Wirkung wissenschaftlich hat nachweisen lassen. Für die Homöopathie gilt diese Anforderung nicht. Wie in Deutschland müssen lediglich genug Homöopathen eine Wirkung behaupten und mittels Konsens in die „Materia Medica“, die Übersicht „offizieller“ homöopathischer Arzneimittel, übernehmen. Bei uns nennt man das Binnenkonsens. Die Wirkung muss wissenschaftlich nicht nachgewiesen werden. Das ist ein Vorteil für Homöopathie gegenüber echter Medizin – und ein Nachteil für Patienten.

„(…) The FTC will hold efficacy and safety claims for OTC homeopathic drugs to the same standard as other products making similar claims. That is, companies must have competent and reliable scientific evidence for health-related claims, including claims that a product can treat specific conditions. The statement describes the type of scientific evidence that the Commission requires of companies making such claims for their products.“

„Die FTC wir Behauptungen zu Wirksamkeit und Sicherheit von OTC (Over the Counter) homöopathischen Medikamenten an denselben Standards messen, die andere Produkte erfüllen müssen, die ähnliche Behauptungen machen. Das bedeutet, die Unternehmen müssen kompetent erhobene und verlässliche Belege für gesundheitsbezogene Behauptungen (…) nachweisen. (…)“

In den USA müssen Hersteller von homöopathischen Medikamenten in Zukunft auf der Packung eindeutig mitteilen, dass es keine Belege für ihre Wirkung gibt. Dabei geht es um Mittel, die man ohne Rezept direkt kaufen kann (Over The Counter, OTC). Ein Homöopath kann weiterhin seine Mittelchen verschreiben. Das liegt daran, dass in den USA die Praxis der Medizin von den einzelnen Staaten reguliert wird, die FDA und FTC jedoch Bundesbehörden sind.

Insofern müsste der Deutsche Zentralverein homöopathischer Ärzte (DZVhÄ) die Entscheidung begrüßen, stärkt sie doch die „ärztliche Homöopathie“. Auch sonstige Befürworter dürften sich eigentlich nicht allzu sehr beschweren, denn getroffen wird von der Entscheidung das Big Pharma der Homöopathie. Unter anderem das aus Entenleber gewonnene Oscillocinum dürfte es damit wieder schwerer haben.

Jetzt wird natürlich die Entscheidung von der Globuliindustrie kritisiert werden und man wird versuchen, sie politisch zu beeinflussen. Die Strategien könnten sich die Globulisten zum Beispiel bei den Klimawandelleugnern abschauen. Da es in der Trump-Adminstration mit der wissenschaftlichen Kenntnis, zumindest bisher, nicht weit her zu sein scheint, dürften die Chancen für das Nichts nicht schlecht stehen. Auch das Trump sicher bereits kritisch zur FDA geäußert hat, wird die Zuckermagier freuen.

Trump hatte sich im Wahlkampf dafür ausgesprochen, neue (echte) Medikamente schneller zuzulassen. Diese Aussage impliziert, die FDA würde den Patienten ohne gute Gründe Medikamente vorenthalten, die ihnen nützen könnten. Dabei sind Anforderungen an neue Medikamente nicht ohne Grund so hoch, wie sie sind. Und trotz dieser Anforderungen gelingt es Unternehmen der Pharmazeutischen Industrie immer wieder, fragwürdige Medikamente zuzulassen.

Über Avastin hatte ich bereits geschrieben. Ein Krebsmedikament, welches mit großen Hoffnungen vorzeitig zugelassen worden war, unter der Vorraussetzung, Daten bezüglich der Wirksamkeit nachzuliefern. Die nachgelieferten Daten bestätigten die Hoffnungen nicht und das Medikament wurde wieder vom Markt genommen. Der Hersteller versuchte daraufhin, politisch Druck aufzubauen und spannte ehemalige Patientinnen ein, die der Ansicht waren, Avastin habe ihnen das Leben gerettet. Mit Anekdoten versuchte man, Daten vergessen zu machen. Ein Klassiker aus dem Marketinghandbuch der Pseudomediziner.

Es wird interessant sein, wieviel Erfolg die Lobbyisten der pharmazeutischen Industrie (das schließt, auch wenn sich das nicht so anfühlt, die Hersteller homöopathischer Mittelchen mit ein) bei der Trump-Administration haben. Das wird ein weiteres Feld sein, auf dem ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin Trumps sein Chaos beseitigen muss. Allerdings, das muss ich sagen, ich freue mich bereits auf die Pressekonferenz zum Thema:

„Homeopathy. Great medicine. It’s unbelieveble how great this medicine is. Long tradition, very old. I know many people who where very sick, very sick, terrible. A little sugar pill, you think, what could it do? Just sugar. Tiny! But it works! Everyone says so. Unbelieveble how many people. The FDA has no business there. Telling people what works. We will stop that. You will have great medicine, really great. And cheap, really cheap. What do you have to lose?“


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Geschrieben von

merdeister

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