Ökumene gescheitert

Globuli Die Hochschule für Homöopathie in Traunstein wurde zur dogmatischen Festung

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Betrübliches erreicht uns aus den Tiefen Bayerns. Die Gründung der “Homöo-Akademie” im sanften Traunstein zeigt wie tief der Graben sein muss, der die Gemeinde der Homöopathiejünger teilt. Sah es Anfang letzten Jahres noch so aus, als würde eine Kultur der Toleranz und Koextistenz die Gründung der neuen Akademie begleiten, haben sich nun die Dogmatiker durchgesetzt: Hahnemannfundamentalisten werden den Ton in der Akademie angeben.

Lehrinhalte werden sich auf die Vermittlung der klassischen Homöopathie nach Hahnemann beschränken. Hahnemann der Gründer der Homöopathie, hatte sich früh gegen Polypharmazie gewehrt. Für ihn stand fest, nur ein Mittel zur Zeit dürfe gegeben werden. Die Potenzierung sollte idealerweise auf einer Lederbibel stattfinden. Die Materia Medica ist voll mit Anweisungen Hahnemanns, die den Alltag vieler klassischer Homöopathen und ihrer Kunden bis heute bestimmen. Die Entscheidende für den aktuellen Konflikt: “Macht es nach aber macht es genau nach“. Einen Abfall von seinen Lehren duldete der Zausel aus Meißen nicht, damals nicht und heute noch viel weniger. Der Wunsch Hahnemanns wurde über die Zeit potenziert wie die Heilkraft seiner Arzneien. Doch nicht alle hat die Botschaft erreicht.

Svenja Sommer, Sprecherin der “Kongregation Komplexhomöopathie” gibt sich kämpferisch: “Vergleicht man komplexhomöopathische Medikamente (Anm. Red.: Verschiedene Homöopathika gemischt, meist in geringer Potenz) mit der Gabe von Placebo, ist die Wirkung vergleichbar mit der von klassischer Homöopathie.” Der Vorteil liege vor allem im besseren Preis-Leistungsverhältnis von Komplexhomöopathika.

Antje Wilhelm, Leiterin der neuen Akademie hält dagegen, die Studien seien meist von geringer Qualität. Die Komplexhomöopathie widerspreche außerdem dem Prinzip der Lebenskraft, diese sei es, die Hahnemanns Nachfolger bis heute zu beeinflussen suchen. “Wie soll dass den bitte gehen? Es gibt nur eine Lebenskraft im Körper und wenn ich dieser fünf verschiedene Mittel vorsetze, wird sie verwirrt und nimmt noch mehr Schaden. Das ist die Heute anerkannte Theorie zur Schädlichkeit von Komplexhomöoapthie. Mit solchen Scharlatanen werde ich nicht zusammenarbeiten.” Forschungsprojekte zur Schädlichkeit von Komplexhomöopathie seien geplant, um “diesen Unsinn ein für alle mal aus der Welt zu schaffen.” Sie hoffe auf eine Zusammenarbeit mit Physikern der LMU.

Über den Streit der beiden großen Glaubensgemeinschaften darf man auch die Splittergruppen nicht vergessen. Homöopathie nach Körbler kommt vollkommen ohne stoffliche Arzneien aus. Dabei werden Zeichen oder Worte vor ein Glas Wasser gehalten oder direkt auf den Körper gemalt. Die Schwingungen der Zeichen und Worte werden auf das Wasser übertragen und verleihen ihm heilende Kraft. Siggie Börstel, Vorsitzender der Gemeinde “Heilen mit Zeichen”, gibt sich erbost: “Das ist doch alles lächerlich! Es kommt auf die Information an und die ist nicht an einen Stoff gebunden. Hätte Hahnemann heutige Möglichkeiten gehabt, wäre er auch selbst darauf gekommen.” Börstel zufolge stand Hahnemann kurz vor der Entdeckung, die Masaru Emoto erst 200 Jahre später machte: Wasser reagiert auf gute oder schlechte Schwingungen aus der Umgebung: “Was Hahnemann fehlte war eine Heavy Metal Band oder das Wissen um Adolf Hitler”. Börstel ist sich sicher, die Worte “Adolf Hitler” hätte Wasser sogar zu Hahnemanns Zeiten schon verderben lassen. Am meisten jedoch ärgert ihn, dass Wilhelm das eigentlich selbst wissen könnte: “Die bezieht sich doch selbst auf Emoto, steht doch alles auf ihrer Website. Ich versteh das nicht, es ist als würde sie einfach willkürlich entscheiden, ob sie an etwas glaubt oder nicht.”

Wilhelm weist das entschieden zurück: “Natürlich beruht alles, was ich mache auf jahrelanger Erfahrung.” Auf die guten Erfahrung Börstels angesprochen erklärt sie: “Das ist doch Unsinn, heilen mit Zeichen, wie soll das denn gehen? Davon steht nichts in der Materia Medica und außerdem ist das wissenschaftlich vollkommen unplausibel.” Die Inhalte der Homöo-Akademie seien streng wissenschaftlich, da sei kein Platz für Aberglaube und Esoterik. “Dieses sektiererische Verhalten muss ein Ende haben.”

Verhärtete Fronten also am Chiemsee. Landrat Hermann Stainmaßl versteht die Aufregung nicht: “Traunstein ist eine weltoffene Stadt.” Zu den Querelen der Homöopathen fällt ihm schnell eine Lösung ein: “Im alten Verwaltungsgebäude ist noch viel Platz, ein Lehrbetrieb könnte dort zum nächsten Sommersemester aufgenommen werden. Wo Platz für eine Homöopathiehochschule ist, ist auch Platz für zwei oder drei.” Sollte sich dieses Vorhaben realisieren lassen, dürfte es in Traunstein zu einer akademischen Widergeburt längst vergessener Fächer kommen. Nach dem Erfolg der Homeo-Akademie hat der Verband für Säftelehre bereits angefragt. Der Deutsche Astrologenverband hat eine Delegation geschickt und die europäische Alchemistenvereinigung schreibt in der jüngsten Ausgabe ihrer Vereinszeitschrift:

“Ziel aller Mühen: Liegt in Traunstein der Stein der Weisen?”

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Geschrieben von

merdeister

Ein guter Charakter erzieht sich selbst. - Indigokind - Blogtherapeut

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