Pharmaconcern - Impfen

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Eine Gruppe kleiner Kinder wird von einem aggressiven Hund angegriffen, doch ein älterer Junge bewahrt sie, indem er sich schützend zwischen die Kinder und den Hund begibt, vor Schlimmerem. Der Hund beißt 15 mal zu. Zwar sind die Kinder gerettet und auch der Junge überlebt die Attacke, allerdings geht man davon aus, der Hund sei mit Tollwut infiziert gewesen.Da man das Jahr 1885 schreibt, bedeutete eine Tollwut-Infektion den sicheren Tod, denn eine Impfung gibt es nicht. Eine Therapie der Tollwut ist bis heute nicht möglich.

Das Tollwut- oder Rabiesvirus kommt mit regionalen Ausnahmen überall auf der Welt vor. Man unterscheidet eine silvatische, von Wildtieren übertragene und eine urbane, von streundenden Hunden übertragene Tollwut. In Europa tritt mittlerweile nur noch die silvatische Form auf. Viele Fälle von erkrankten Menschen in Deutschland gehören jedoch zur aus Indien importierten urbanen Form.

Wenn es in eine Wunde gelangt ist, bleibt es für 3 Tage an Ort und Stelle um dann entlang einer Nervenfaser in Richtung Gehirn zu wandern, wobei es 3mm am Tag zurücklegt. Wenn das Virus das Hirn erreicht führt es zu einer Entzündung und immer* zum Tod.

Ein Arzt rät der Mutter den Jungen nach Paris zu bringen, denn dort erforscht Louis Pasteur Impfstoffe, darunter einen für die Tollwut. Zwei Tage nach dem Biss kommt der Junge in Paris an und wird Pasteur vorgestellt. Pasteur hat tatsächlich einen Impfstoff gegen die Tollwut entwickelt und bereits erfolgreich getestet. Da diese Tests nur an Hunden stattgefunden haben, ist ein Kollege nicht begeistert von der Idee, einem Jungen, dessen Infektion nicht einmal sicher ist, einen kaum getesteten Impfstoff zu geben. Das Prinzip des Impfens war zwar schon bekannt und in beeindruckender Weise anhand des Milzbrands von Kühen und Schafen vorgeführt worden, jedoch noch sehr neu. Mögliche Folgen für einen Menschen waren nicht bekannt. Pasteur, von Haus aus Chemiker, setzt sich über die Bedenken hinweg und impft den Jungen mit seinem Impfstoff.

Bei einer (aktiven) Impfung werden dem Körper auf verschiedenen Wegen ( in der Regel mit einer Nadel in einen Muskel, Autsch!) Organismen zugeführt, die eine spezifische Reaktion des Immunsystems hervorrufen sollen. In Fall der Tollwut nimmt man tote Viren, einen Totimpfstoff. (B-)estimmte Zellen des Immunsystems erkennen, dass es sich bei dem Virus um etwas handelt, was nicht in den Körper gehört. Diese Zellen beginnen damit Antikörper zu produzieren. Antikörper sind kleine Gebilde in der Form eines Y, wobei der Fuß des Y immer gleich aussieht. Die Arme verschiedener Y unterscheiden sich allerdings sehr voneinander. Mit den Armen erkennt der Antikörper das Virus (oder andere Eindringlinge) und hält sich an ihnen fest. Der Fuß zeigt nach außen und wird von anderen Zellen erkannt, die dann das arme Y mitsammt Virus verschlucken und verdauen.

Der Junge entwickelt nie eine Tollwut, Pasteur wird als Held gefeiert. Ein paar Jahre später fängt der Junge als Pförtner im Institut von Louis Pasteur an.

Nachdem das Prinzip der Impfung entdeckt war, begann die Suche nach Impfstoffen gegen mehr Infektionskrankheiten. Ganz oben auf der Liste stand die Tuberkulose. Robert Koch verkündete 1890 im Tuberkulin einen Impfstoff gegen Tuberkulose gefunden zu haben, der sich jedoch als unwirksam herausstellte. Heute wird das Tuberkulin noch als Test auf die Tuberkulose benutzt.

Von der Impfung gegen das Humane Papilloma Virus (HPV) wird behauptet, sie sei die erste Impfung gegen Krebs. Zumindest, wenn man der Werbung des Herstellers glauben schenkt. Die meisten Fälle des Gebärmutterhalskrebs werden durch eine Infektion mit HPV verursacht. Es gibt viele verschiedene Typen von HPV und die meisten Fälle von Krebs werden den Typen 16 und 18 zugeschrieben. Die Impfung hilft zwar gegen die Infektion mit diesen Viren, ob sie aber auch hilft, die Zahl der Fälle von Gebärmutterhalskrebs zu senken, ist nicht klar. Es besteht zum Beispiel die Möglichkeit, dass einer der vielen anderen Typen, gegen die nicht geimpft wird, die Lücke füllt, die Typ 16 und 18 hinterlassen.

Die WHO erklärte 1980 die Welt für pockenfrei. Ein letztes Überbleibsel dieser grausamen Erkrankung sind neben den runden Narben auf unzähligen Armen, von heute meist über 30jährigen, nur noch Virenstämme in einem russischen und einem amerikanischen Labor. Im Moment debattiert man darüber, ob es sinnvoll ist die Viren zu behalten oder weiter daran zu forschen.

In dem meisten Ländern ausgerottet ist das Kinderlähmung hervorrufende Poliomyelitis-Virus. Die WHO hatte sich zum Ziel gesetzt, Polio bis zum Jahr 2005 auch Weltweit auszurotten. Man konnte die Zahlen auch innherhalb von 22 Jahren von 350 000 auf 2 000 Fälle reduzieren, gelangte dann jedoch an Grenzen.

Glaubte man 1980 noch, es sei möglich, alle Infektionskrankheiten durch Impfungen auszurotten, ist man heute realistischer. Dazu hat nicht nur der "Fehlschlag" bei der Polio geführt, sondern auch ein neuer Spieler auf dem Feld, der Mitte der 80 auftrat und neue Regeln aufstellte: HIV.

Bis heute gibt es weder eine Impfung, noch eine Heilung** gegen das HI-Virus und vor 130 Jahren ist zum ersten mal ein Junge nicht an einer Tollwutinfektion gestorben.

*der Link führt zum einzigen bekannten Fall, in dem ein Mensch eine Tollwuterkrankung überlebt hat.

**der Link führt zum einzigen bekannten Fall, in dem ein Mensch von einer HIV-Infektion geheilt wurde.

Weitere Texte zum Thema Infektion: Wie entsteht ein neues Grippevirus und was passiert, wenn es anfängt, sich auszubreiten.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

merdeister

Ein guter Charakter erzieht sich selbst. - Indigokind - Blogtherapeut

merdeister

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden