Mittwoch war hier in Aachen Bildungsstreik und ich war nicht da, wegen Unipflichten. Nun kann man aber nicht immer meckern und nie demonstrieren und so war ich heute in Düsseldorf. Um zwei Uhr sollte es los gehen. Meiner Erfahrung nach sind Schüler und Studenten nie Pünktlich und so kam ich um kurz nach zwei in Düdo an und musste erst mal meine Demonstration suchen. Der Flugblattspur folgend ging ich durch die Stadt und fand lauter laute junge Leute. Meine Demo:
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Sprechchöre in diesem Jahr:
"Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Bildung klaut!"
"Bildung für alle und zwar umsonst"
Das Publikum war sehr gemischt, von normalen Schülern, z.T. mit ihren Eltern über ein breites Spektrum an Studenten, bis zu Autonomen. Der Demonstrationszug wanderte über die Königsalle, die Edeleinkaufsstraße und dann zum Marktplatz. Weil die jungen Menschen heute keine Kondition mehr haben (nur eine Stunde Sport in der Woche) musste an vielen Kreuzungen halt gemacht werden. Dabei hatten viele Verkehrsteilnehmer Gelegenheit sich mit den verschiedenen Spruchbändern und ihren Botschaften zu beschäftigen.
Gegen 16 Uhr fand die Abschlusskundgebung statt, auf dem Marktplatz, zumindest sah es so aus. Die Sprecherin wies wiederholt darauf hinn, das die Heinrich Heine Allee, eine von Düdos Hauptverkehrsadern weiterhin von einigen Demonstranten blockiert werde, ob man die nicht unterstützen wollte? Man wollte. Und so wurde der Platz schnell leer und Polizisten und innen versuchten Seitenstraßen zu verschließen, um den Zustrom von Demonstranten zur Blockade zu blockieren. Mit mäßigem Erfolg, an auf der Heinrich Heine Allee/Elberfelderstr. hatte sich eine Polizeikette um die Sitzenden gebildet, um diese Polizeikette bildete sich ein weiterer Ring aus Demonstranten.
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Die schönsten Sprechchöre welche an die Ordnungshüter gerichtet waren:
"Samstags frei, für die Polizei"
"Wer keine Meinung hat, der wird Polizist"
"Eure Kinder werden so wie wir"
"Eure Kinder sind auch unter uns"
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Zwar habe ich wenig Demoerfahrung und war auch sehr aufgeregt, doch hatte ich das gefühl, die Polizei wäre überfordert mit der Situation. Scheinbar sind viele Demonstranten vom Marktplatz schneller dorthin gekommen, als die Polizei erlaubt.
Irgendwann wurden Fahrzeuge zwischen die beiden Demonstrantengruppen gefahren. Die ersten eingekesselten wurden unter lautem Protest weggetragen, aber richtig durchzugreifen wagte offenbar niemand. Vielleicht hätte all die Beamten mit Kameras in der Hand mit anpacken sollen. Um kurz vor sechs zog man sich die Helme an. Autonome begannen gegen den Ring aus Polizisten anzurennen, niemand außerhalb des Kessels saß mehr. Die Polizei begann die Demonstranten zurückzudrängen. Da ich kein Feuerzeug hatte, um irgendetwas anzuzünden, bin ich zum Bahnhof gegangen und nach Hause gefahren. Auf dem Weg zum Bahnhof hörte ich, wie einige der Einkaufenden sich über die Parolen unterhielten. Außerdem schienen kleine Gruppen mit Bannern immer wieder Straßen zu blockieren, bis die Staatsmacht anrückte um sich dann schnell zu verteilen.
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Fragen bleiben:
Was ist ein Platzverweis? Gilt der auch, wenn alle so laut schreien, das man ihn nicht hört?
Ist es gut eine Kreuzung zu blockieren um seinem Anliegen mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen?
Läuft in Düdo immer soviel versnobbtes Pack herum?
Kommt noch mehr, oder wars das? Wie gesagt habe ich wenig Demoerfahrung. Aber die Stimmung war nicht krawallig (meistens und von den meisten) und mir schien, alle waren da, to make a point.
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Kommentare 108
Sag mal, merdeister, alter Kämpfer, wie kriegt man eigentlich die Bilder in den Beitrag rein? Kann man die einfach von der eigenen Festplatte aus hochladen?
Ne, das geht nicht. Die müssen im Netz sein. Dafür habe ich ein Picasa-Album eröffnet und die Grafik-Adresse eingefügt: fertig.
Aha.
Hallo merdeister,
ich kann dir nur eine Frage beantworten. In Düdo läuft immer soviel versnobtes Pack rum. (Was aber durch entsprechende Äußerungen leicht zu irritieren ist.)
Zuerst wurde ich ja sentimental, und auch ein wenig neidisch. Ein junger Mensch bei einer seiner ersten Demos. Hach..., ich schwärmte in wohligen Erinnerungen. Die ambivalenten Gefühle dabei, insbesondere hinsichtlich des Effekts und der Nützlichkeit, scheinen immer noch die gleichen zu sein.
Bißchen traurig wurde ich dann über deinen (einsamen?) Heimweg. Mit das Schönste waren doch immer die abendlichen "Nachüberlegungen" und "Aufarbeitungen", naja, und was eben danach noch kam, so schön aufgeputscht...
Hach, ich geb mich noch ein bißchen den Erinnerungen hin ...
Dir lieben Dank für den schönen, reflektiert-stimmungsvollen Bericht.
Alleine ja, einsam nein :-)
Ich studiere wohl in der falschen Stadt den falschen Studiengang, um nicht alleine zu so einer Demo fahren zu müssen.
Die STREIKEN für mehr Bildung? Wir haben früher noch dafür GELERNT!
Was sollen überhaupt derart aggressive Aktionen? Hier in Gö haben auch gleich mal einige 'nen Schwarzen Blog...nein, Block aufgemacht. Kloppen für dem Genitiv, oder was?
Da fällt mir noch ein: Zu einer Demo kann man doch in jedem Alter. Man muss sich ja nicht auf die Straße setzen, es reicht ja, wenn die Leute, die das machen sehen, das sie nicht alleine sind. Ich bin zu dieser Blockade gegangen mit der klaren Vorgabe nichts auf die Fresse zu bekommen, denn ich blute nicht gerne. Wobei das versnobte Pack (wirklich furchtbar) sicher geschockt gewesen wäre, so ein bisschen Fight Club mäßig.
So einer von diesen Lerntypen war doch gestern/vorgestern in einem Tagesthemenbeitrag. Der hat auch so argumentiert. Streik bringt nix, nur Lernen bringt was, für den eigenen optimalen Abschluß, da die Konkurrenz ja groß sei.
Jetzt bin ich verwirrt. Was für aggressive Aktionen?
Da sage nochmal etwas über kritische Medien. Auf SPON kommt ein Bericht zum Bildungsstreik so weit unten vor, das man sich fragt, ob der Bericht überhaupt gefunden werden soll. Der ist dann recht neutral. Die Klitschko klopperei ist aber scheinbar wichtiger. Brot und Spiele
Da hast Du eine schöne Reportage verfaßt.
Zu Deinen Fragen:
Juristisch ist es bestimmt so, daß ein Platzverweis auch dann gilt, wenn man ihn nicht hören kann. Bei unserer absurden obrigkeitsstaatlichen Rechtsprechung kann ich mir eigentlich gar nichts anderes vorstellen.
Ja. Es ist sogar besonders gut, Autobahnen zu blockieren, weil nichts Dir soviel Aufmerksamkeit von Deinen deutschen Mitbürgern einbringen wird, wie wenn Du ihren ungestümen automobilen Vorwärtsdrang ('Freie Fahrt für freie Bürger!') hemmst.
Ja und nein. Im allgemeinen ja, aber manchmal ist es noch viel schlimmer, z.B. zu Zeiten von Messen, besonders 'boot' oder diversen Modemessen.
Das muß man abwarten. Manchmal verläuft sich Protest, weil den Leuten die Energie oder schlicht die Zeit ausgeht, manchmal auch, weil sie keine positiven Rückmeldungen bekommen.
Ich habe gerade eine DVD von den Göttinger Studenten-Protesten ab Mitte der 60er Jahre gesehen: Da gab's auch solche Sit-ins (und Go-ins und Teach-ins), weil die Bildung den Bach runterging. (Plakate mit "Stiefkind Bildung" oder "Je voller die Hochschule, desto leerer die Köpfe"). Das war dann die sogenannte "Bildungskatastrophe".
Allerdings waren die daraus entstehenden Proteste gegen die Notstandsgesetze, das verkrustet-miefige BRD-System und den Krieg in Vietnam nicht so extrem wie '67/'68 in Berlin oder Frankfurt, aber Rudi Dutschke hat wenigstens einmal im Januar '68 vorbeigeschaut.
Allgemein verlief hier alles friedlich, weil der Göttinger Polizeichef stets mit den verantwortlichen Studenten-Anführern sprach und das Motto ausgegeben hatte: "Meine Polizisten prügeln keine Studenten."
Doch als im Juni '69 Bundespräsident Heinrich Lübke in der Stadt vorbeischaute, da wurde (unter neuem Polizeichef) schließlich doch "dazwischengeknüppelt", weil tausende Studenten mit Stimmen, Fäusten, Tomaten, Eiern und Farbbeuteln gegen den ehemaligen "KZ-Baumeister" Lübke protestierten.
Es wurde vor über 40 Jahren im Verlauf der Studentenproteste also aus einer Bildungskrise eine Staatskrise. Heute haben wir eine Finanzkrise, eine Bildungskrise UND eine Politik-Krise und nichts passiert, weil kaum einer den Protest kanalisiert und sich mit den Studenten solidarisiert. Dutschke ist tot, Böll ist tot, Dahrendorf ist nun auch tot. Drei leere Paar Schuhe und nicht EIN würdiger Nachfolger in Sicht...
Schwarze Caps, Sonnenbrillen, Kaputzenpullis, der Dresscode des schwatzendes Blocks...
Auf was wartest du? Auf den nächsten großen Führer?
Wie schon Genosse Lenin sagte:
"Utschitsja, utschitsja i jeschtscho ras utschitsja!" (Lernen, lernen und noch einmal lernen!)
Ich glaube allerdings, er meinte: zum Segen der Revolution.
Wie sieht es eigentlich heutzutage damit aus, merdeister?
Ach, die in Düdo sind auch schon schockiert, wenn du nur irgendeinen Sums erzählst, von wg. sie kämen auf die Liste. Und du mußt nicht mal sagen, welche. Das reicht im allgemeinem schon für erschreckte Gesichter.
Aber so blasiertes Volk wie auf der Kö in Düdo habe ich bisher auch noch nicht erlebt. Als wenn die Persiflagen ihrer selbst wären.
@ Titta:
Die Konkurrenz wird in der Tat immer größer, und das ist gut so. Deshalb müssen die Rahmenbedingungen für Bildung auch schnellstens verbessert werden.
Doch was ist der Politik zurzeit wichtiger: Banken retten (Kapital), Opel retten (Arbeitsplätze), zur Wahl sich selbst retten (Pensionsansprüche). Bildung kostet Geld, keine Bildung kostet Zukunft.
Wann wird die Politik in D endlich verstehen, dass es vor allem auf Wissen und (Aus)Bildung der Bevölkerung ankommt?
Für die Revolution lerne ich in der Uni nix, da heißt es anpassen, mitmachen, Schnauze halten (ab morgen werde ich wieder weniger Kraftausdrücke benutzen, das muss der schlechte Einfluss der Autonomen sein). Dafür lerne ich hier viel für die Revolution, zum Beispiel euch kennen.
Die Jungs und Mädels in Schwarz haben halt eine Meise. Aber mir scheint als könne die Polizei das ganz gut unterscheiden. Als die in die Polizeikette rannten wurde gerufen "Keine Gewalt, keine Gewalt" und damit war in diesem Fall nicht die Polizei gemeint. Man hat ja gesehen, das man durch alleine durch die eigene Anwesenheit einen recht großen Effekt erreichen kann.
Ja die verkörpern ihre eigenen Karikaturen, ich war nur zu geschockt um sie auslachen zu können, vielleicht sollte ich nochmal hinfahren. Oder wir machen eine Exkursion.
@Friedland
Wäre es nicht effektiver, wenn sie Lobbyisten (schreibt man das so? sieht so komisch aus) das endlich mal kapieren würden?
Nein, im Gegenteil.
Ich warte auf Diskussionen, ich warte auf Erklärungen, ich warte auf Vermittler auf das Zusammenbringen und Artikulieren von Einzelinteressen zum gesamt Guten.
Die Studenten der 68er wollten mit den Arbeiter die Revolution diskutieren, sie hätten lieber über Arbeitsbedingungen reden sollen.
Ob es mir/uns gefällt oder nicht: Diese Menschen würde ich heute zuerst innerhalb der Linken vermuten, doch da gibt's dann nur Dr. Diether Dehms oder Sahra Wagenknechts...
@Friedland, wenn dann alle gelernt haben, hat sich strukturell nichts verändert.
Nur leider hat Bildung im Land der Dichter und Denker kaum mehr eine ernstzunehmende Lobby. Nur Lehrergewerkschaft, Philologenverband und andere Besitzstandswahrer...
"Bildung im Land der Dichter und Denker" ist ein Ammenmärchen. Die Realität sah uns sieht anders aus.
@ Streifzug:
Ja, man darf und muss auch mal laut werden und protestieren dürfen. Sogar noch viel mehr und öfter. Die Franzosen sind da mein Vorbild. Auch wenn hier wie dort zu viel "dagegen" und zu wenig "dafür" demonstriert wird. Deshalb braucht's auch mehr als "bloß" Studenten und Schüler für eine Veränderung der Strukturen...
Auf der Demo wurde dazu aufgerufen die Erfahrungen zu nutzen und sich weiter zu vernetzen und auch auf andere Missstände Aufmerksam zu machen.
Lobbyisten sind ja nicht zum kapieren da, wer als Lobbyist nicht eine Stahlbetonmeinung hat, hat den Beruf verfehlt.
@ Freidland:
Tja, so traurig das sein mag - es wird nie wieder so werden wie es mal war.
Die 'Achtundsechziger' und ihre Epigonnen sind auf ihrem langen Marsch durch die Institutionen dort hängengeblieben, oder sie haben das Ziel ihres Marsches erreicht, nämlich die Regierungsverantwortung, und haben sich dem dortigen Zirkus bis zur Unkenntlichkeit angepaßt.
Selbst wenn wir heute solche Leute hätten, die mit den Arbeitern über ihre Arbeitsbedingungen reden wollten - mit wem sollten sie reden?
Die einen betrachten sich ja gar nicht mehr als Arbeiter, die anderen haben keine Zeit zum Reden, weil sie von einem schlecht bezahlten Job zum nächsten rasen müssen, um über die Runden zu kommen.
Die lange Restauration von Adenauer bis zu Merkel hat die Arbeiterklasse eingfroren oder sogar ganz abgeschafft.
Woher soll das nächste revolutionäre Subjekt kommen?
Gut, machen wir, schöne Idee. Es gibt bzw. gab es früher, ich weiß nicht, ob das heute auch noch so ist, auf der Kö so ein Leih/Versteigerungshaus, die ihre Versteigerungen bis auf die Straße übertragen. Da kann man auch interessante Sozialstudien treiben. Ich bin nämlich bekennende Sozialspannerin. Da lernt man was bei!
Veränderung
1: Wir holen uns die Demokratie zurück.
2. Wir lernen mit ihr umzugehen
3. Wir wenden es an
Da gärt etwas, man weiß nur noch nicht, ob es Wein wird oder Essig. (nach G.C.Lichtenberg)
@Friedland
Ich wundere mich auch immer, auf wievielen Buttons und Flugblättern aus dem linken Spektrum es immer darum geht, irgendwas zu "verbieten". Das hört sich an, als hätte mein Opa den Slogan entworfen.
@ Streifzug:
Das ist ein Programm, das Sprengkraft hat.
@ merdeister:
Das 'linke Spektrum 'ist eben immer auch sehr preußisch.
Bei Lobbyisten mußt du bei der Wirtschaft ansetzen. Und die wird bald leiden, die ersten Ingenieure fehlen doch schon. Und wenn dann verstärkt auch nach weiblichen Fachkräften gesucht wird, dann klappt es auf einmal auch von wg. ausreichender Krippenplätze etc.
Dann hoffe ich, nicht von dieser Dame in der Hose mit dem Blumenmuster und der Monatsmietenfrisur zu träumen, denn ich gehe jetzt ins Bett.
Heute habe ich für meine Bildung gestreikt, morgen muss ich dafür wohl lernen (wie altmodisch würde Friedland sagen).
Gute Nacht und macht keinen Unsinn...
...oder eine Revolution ohne mich.
Ich verrat euch jetzt mal was (als Arbeiterkind): der Arbeiter ist konservativ. Das heißt, er will bewahrt haben, was er erreicht hat und ansonsten seine Ruhe haben.
Und ehrlich: ich finde das höchst menschlich und verständlich!
@ Idealist:
Es wird wohl in der Tat nie wieder eine Revolution geben, dafür sind die Kühlschränke zu voll und die Fernsehsender zu zahlreich...
Und "die Jugend" hängt schon so auf dem kapitalistischen Trip (Lebenslauf-Statussuche-Dauerkonsum), dass solche Lebens- und Gesellschaftsexperimente nie wieder gefordert, schon gar nicht probiert werden.
Eine Befreiung wie '68 ist ja auch gar nicht mehr nötig, die schweren Ketten der Piefigkeit wurden ja abgelegt. Dennoch kann man versuchen, den Dampfer BRD ein wenig vom Kurs abzubringen.
PS.
Dazu gibt es doch auch schon die entsprechenden Theorien bzw. historischen Untersuchungen. Für die unteren Schichten ändert sich meist doch so gut wie nix durch gesellschaftliche Veränderungen. Die viel größeren Veränderungen finden angeblich immer in den oberen Bevölkerungsschichten statt. Die Oligarchie der Herrschenden wechselt eben nur.
@ Titta:
Und wohl jeder möchte, dass es seinen Kindern besser geht. Und daher müssen Bildung und sogar ein Studium für jeden, der die geistige Kapazität (und nicht die finanzielle) hat, garantiert sein.
Und genau da kam es in den letzen Jahren zu einem Umschwung, der wieder rückgängig gemacht werden muss.
Stop, Friedland,
68 war keine Revolution, 68 war der Kulminationspunkt einer Entwicklung, die schon in 50ern begonnen hat.
Friedland, der Dampfer hat gerade ein Leck bekommen. Es wird sich in den nächsten drei Jahren recht viel ändern. Wenn ich lese, wie brav alles abläuft, ist das wohl die einzige Chance auf Veränderung.
Und die letzte Revolution in Deutschland war 1989!! Die wird, wie so einige Revolutionen in Deutschland, nur anders benannt.
Titta, du warst bestimmt mitten drin ;)
Was braucht eine Revolution?
Menschen auf der Straße, Blut auf dem Pflaster, Druck auf die Herrschenden, Veränderungen im Denken und Leben.
Das alles hatten die 60er Jahre.
UND '89!
Das hatten die 89er auch.
Was ich da gemacht habe?
Lacht nicht, kein Witz. Ich hab an meiner letzten großen Seminararbeit geschrieben, die mußte endlich fertig werden, damit ich danach mit der Diplomlernerei anfangen konnte. That's life.
@ Titta:
Ich bin zwar kein Arbeiter- sondern ein Angestelltenkind, aber ich finde eine konservative Haltung auch sehr menschlich und verständlich. Besitz oder sogar 'Reichtum', den man durch harte Arbeit gewonnen hat, möchte man natürlich bewahren.
Ich bin selbst sehr konservativ, d.h. ich bewahre gern, was sich mir als gut und brauchbar ewiesen hat.
@ Friedland:
Eine 'echte' Revolution ist ja auch ein blutiges, unansehniches Geschäft.
Ich fände es nicht erstrebenswert, in einer Gesellschaft zu leben, die durch Tod und Terror und Ströme von Blut gegründet wurde. Ich bin sicher, daß davon etwas hängenbleibt.
Die Piefigkeit ist aber wieder da. Schon lange. Seit der Ära Kohl und ihrer 'geistig-moralischen Wende'.
Und schau Dir unsere Politikerkaste an. Mich erinnern sie in vielerlei Hinsicht an das Politpersonal der DDR gegen das Ende jener Republik.
Ich fände es wunderbar, wenn wir noch so eine friedliche Revolution wie 1989 in Deutschland bekämen, um
1. die Einheit zu vollenden und
2. die Chance auf einen wirklichen Neuanfang zu haben, wie es ihn trotz allen Geredes auch nach dem Ende des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkrieges nicht gegeben hat.
Titta hat die Revolution verlernt :)
@Idealist
Das war jetzt wirklich ein ausgesprochen schönes Wort zum Sonntag, und ich meine das jetzt überhaupt nicht ironisch.
@Streifzug
Das war die Sottise des Abends.
I.D.A. Liszt, dein Optimismus in Ehren. Hat das überhaupt die geringste Chance?
PS.
Wo kommst du denn gerade her? Du hast doch bestimmt auf einer anderen Baustelle die ganze Zeit dampfgeplaudert.
@ Idealist:
Ich meine auch immer eine Revolution im Denken, kein Blut, keine Gewalt. Denn das Denken bestimmte das Sein...
@ Streifzug:
Warum soll das denn keine Chance haben?
Daß die DDR sich so sang- und klanglos von der Bühne der Weltpolitik verabschieden würde, haben damals die wnigsten geglaubt (ich auch nicht).
Seit dem 9.11.89 ist für mich im Grunde so ziemlich alles möglich, was ich mir (vorher) nie so vorstellen konnte.
@ Friedland:
Eine Revolution im Denken können wir doch noch bekommen.
Was ist, wenn die Welt, wie wir sie bisher gekannt haben, auflöst?
Wenn unsere Gewißheiten flöten gehen, an die wir uns so klammern?
Dann müssen wir einfach das Denken revolutionieren.
@ Idealist: Darüber werde ich nun nachdenken...
@ all: Gute Nacht.
Zum Platzverweis: Normalerweise hoerst du ihn. Zuerst nimmt die Polizei deine Personalien auf und dann hast du dich an den Platzverweis zu halten. Die Personalien nimmt die Polizei auf, wenn sie die Demonstranten von der Blockade wegtraegt. Die sind dafuer top ausgebildet und kennen die Stellen an deinem Koerper ( Gesicht ist sehr beliebt) an denen du schnell locker laesst. Sitzenbleiben und verketten ist unmoeglich. Nach und nach bekommen die jeden von der Strasse. Danach nehmen die vielleicht deine Personalien auf.
Ansonsten ist kesseln eine beliebte Taktik. Diese Kessel sind aber rechlich nicht verindlich als Absperrung. Wenn du es schaffst auszubrechen, dann hast du keine Straftat begangen solltest aber schnell rennen koennen. Das gilt auch fuer alle anderen Absperrungen der Polizei. Wer durchkommt oder es versucht der muss aber damit rechnen, dass Gewalt gegen ihn eingesetzt wird obwohl das nicht legitim ist. Interessieren tut das aber niemanden von der Polizei. Wenn du den Platzverweis ignorierst kannst du legitim mit Gewalt verhaftet werden. Das nennt man dann Ingewahrsamnahme. Die werden dich vermutlich bis zum naechsten Tag in den Knast stecken, aber dann darfst du wieder nach Hause. Ich glaube eine Anzeige droht nicht. Diese Ingewahrsamnahmen sind auch schon bei einem Verdacht legitim und daher auch sehr beliebt bei den Polizisten um mutmassliche (ich liebe dieses Wort) Gewalttaeter aus dem Verkehr zu ziehen. In den meissten Faellen geschieht das sehr willkuerlich um die Demonstranten einzuschuechtern.
Blockaden sind eine Demonstrationsform zivilen Ungehorsams und sehr wirkungsvoll. Der Antiislamkongress im Herbst wurde dadurch zum Beispiel verhindert und nicht wegen dem Buergerprotest, wie die koellner CDU behauptete. Leider sind sie eigentlich illegal und du kannst ein paar Tagessaetze dafuer kassieren. Wie viele weiss ich nicht mehr. In den meissten Faellen laesst die Polizei die Demonstraten aber einfach laufen oder nutzt den Platzverweis.
Zum schwarzen Block: Meinst du jetzt die schwarzen gepanzerten Polizisten( die schicke neue Uniform) mit Schlagstoecken, Traenengas und Wasserwerfern oder die Demonstranten?
Dazu koennte ich jetzt mindestens einen Blogbeitrag fuellen. Es gibt keine Organisation namens Black Block. Die Strategie in einem schwarzen Block ist eigentlich die Gesichter durch den Dresscode unkenntlich zu machen, da die Polizei durchgehen mit duzenden Kameras filmt. Man sollte so eng wie nur moeglich nebeneinander stehen, damit die Polizei niemanden herausziehen kann, um ihn festzunehmen. Der schwarze Block ist eine Demonstrationsform als Antwort auf die Polizeitaktiken der 80er und 90er. Demonstrationen gegen das Terroristen Gesetz 129a, G8 oder Kapitalismus sind ein rechtsfreier Raum fuer die Polizei. Da die Repression immer staerker wird neigen auch die Demonstraten zu mehr Gewaltbereitschaft. Einige wenige Chaoten sind immer dabei obwohl in den meissten Faellen die anderen Demonstraten versuchen diese von Gewalttaten abzuhalten. Man weiss auch nie ob es ein verdeckter Ermittler ist, der zu mehr Gewalt auffordert und den ersten Stein wirft. Ist alles schon mehrfach vorgekommen. Wenn es keine Polizei geben wuerde, dann wuerden die Demonstranten friedlich ihre Demoroute laufen und die Kundgebung abhalten. Wenn die Medien nicht den schwarzen Block haetten, dann koennte man die Antikapitalisten ja nicht mehr als Chaoten abstempeln und muesste sich damit auseinandersetzen.
Vielen Dank.
Gestern fand ich es auch nicht so schlimm. Nach Deinen Ausführungen über die nicht verbindliche Absperrung könnte man den Versuch diese zu durchbrechen ebenfalls als zivilen ungehorsam interpretieren.Gestern wurde auch mehr gerauft und sich gegenseitig angebrüllt. Ich fand das noch im Rahmen. Aber in anderen Städten sind die Jungs und Mädels in schwarz auch härter drauf als in Düdo.
Das mit dem Filmen ist natürlich ein Teufelskreis. Die wollen ja die Gewalttäter herauspicken (zumindest bilde ich mir das ein). Wenn es keine gibt, muss man auch nicht filmen (zugegeben ein etwas naiver Standpunkt.)
Demos sind eine Wissenschaft fuer sich. Es ist wie im Mittelalter. Die Organisatoren auf beiden Seiten gucken sich die Karten an und definieren auf der einen Seite die Demoroute und auf der anderen Seite wird nach geeigneten Stellen gesucht, um die Demonstraten an ihren Tun zu hindern. Da kommen dann Sachen bei raus, die kann man nicht glauben.
Anfang letztes Jahres gab es eine grosse Demo in Hamburg mit ca. 5000 Demonstraten, die meissten in Schwarz, gegen den Paragraphen 129a. Die Polizei war in groesserer Anzahl vorhanden und hat die Demonstraten vom Beginn der Demo an eingekesselt. Um den Block herum standen dann ca. 3 oder 4 Reihen von Polizisten. Niemand kam raus und niemand kam mehr rein. Zwischen den Demonstranten und der Polizei gab es eine Reihe von engagierten Rentnern, die die Demonstranten geschuetzt haben vor der Polizei, da diese keine Gewalt gegen Senioren einsetzt. Nach ca. 3 Stunden ist man ungefaehr 500 Meter weit gekommen.
Anderes Beispiel: Die Gipfelstuermer in Heiligendamm 2007 waeren ohne einen schwarzen Block niemals bis an den Zaun gekommen. Die Polizei hatte eine Art Wall einige Kilometer vor dem Zaun aufgebaut mit Einheiten. Da Hubschauber im Einsatz waren konnte man Truppenverschiebungen fruehzeitig planen.
Die Demonstranten haben in einigen Workshops in den Camps ihre Strategie besprochen. Man griff auf die besonders erfolgversprechende 5 Fingertaktik zurueck. Das kann man sich so vorstellen: Auf dem Feld befinden sich die Polizisten und bauen ihren Wall aus Menschen auf. Die Demonstranten sind bunt gekleidet und einige mit schwarzem Dresscode. Sie gehen zusammen in einem Block auf den Wall zu. Die Polizisten reagieren da drauf und konzentrieren sich mehr auf die vermutlichen Zone des Aufpralls, um die Demonstranten am weitergehen zu hindern. Ab einer bestimmten Distanz gibt jemand aus der Demo das Signal und die bunte Menge teil sich in fuenf Bloecke, die wie bei einem Finger auseinander gehen, um die Polizisten zu verwirren, da diese aufgrund der Konzentration auf einen Punkt den Wall aufgegeben haben. In der Mitte maschiert der schwarze Block, um den Polizisten zu signalisieren "Hier sind die Schlimmsten". Die Polizisten bleiben in ihrer Position, da sie nur den schwarzen Block am vorbeigehen hindern wollen. Zu diesem Zeitpunkt sind die anderen Demonstanten durch das flankieren ueber alle Berge und erreichen schliesslich den Zaun.
Das ist wirklich wie im Mittelalter.
Ein paar Bilder gibt es hier:
www.derwesten.de/nachrichten/2009/6/20/news-123241111/detail.html
www.rp-online.de/public/bildershowinline/regional/duesseldorf/duesseldorf-stadt/nachrichten/45408#
Da kann man sich überzeugen, welchen Quatsch dieser Satz darstellt:
"Trotz grauem Himmel tragen auffallend viele der Jugendlichen Sonnenbrille und Kapuzenpullis: die inoffizielle Uniform von Linksaktivisten"
www.wdr.de/themen/wissen/bildung/bildungsstreik_2009/090620.jhtml
Ach ja und die Polizei war auch dabei:
www.presseportal.de/polizeipresse/pm/13248/1426296/polizei_duesseldorf
Ritterspiele quasi.
bildung gibt es hier:
www.amazon.de/gp/reader/3442151473/ref=sib_dp_pt#reader-link
Cool, so einfach ist das und billig auch!
Dann bin ich mal gespannt auf Dein nächstes Blog. Vielleicht ein paar Bilder von einer Ausfahrt?
@ liszt
Ob das bei den Linken schon immer so war weiß ich nicht. Man sieht allerdings immer wieder, wie Menschen die Methoden anwenden, die sie selber bekämpfen. So habe ich ein hübsches Bild, wie drei Jungs ihre Handys über die Köpfe halten, und die "Polizei bei der Arbeit" filmt, nach dem Motto: Ab heute wird zurückgefilmt. Jetzt frage ich mich gerade, ob das demokratisches filmen ist, weil es ja wahrscheinlich der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Oder ist es so undemokratisch wie echte Überwachungskameras?
Exakt. Es ist wie Ritterspielen oder Räuber-und-Gendarm.
Allerdings würde ich Dattel in einem Punkt widersprechen. "Wenn es keine Polizei geben wuerde, dann wuerden die Demonstranten friedlich ihre Demoroute laufen und die Kundgebung abhalten." Das glaube ich nicht. Das "männliche Balzgehabe" würde weitergehen, da ist der Schwarze Block nicht besser als die staatliche Ordnungsmacht.
Außerdem hab ich es erlebt, daß die "Chaoten" ihre Aktionen über Monate hinweg aufs Präziseste vorbereiteten, und zwar bundesweit vernetzt. Und das zu Zeiten, als es noch gar kein Internet gab.
Wann gab es denn mal KEIN Internet? Lustige Idee.
Der Krawall gehört wohl einfach dazu. Und ich denke, solange er in einem Gewissen Rahmen bleibt, ist das auch keine Problem. Man muss nur aufpassen, das klar bleibt, was für Forderungen man hat und das man aus einem bestimmten Grund auf der Straße sitzt und nicht nur zum Spaß.
Morgen zum Frühstück. Aber wünsch Dir lieber keine Bilder...
Moinsen.
Die Fotostrecken von derwesten und rp-online sind ja komplett unterschiedlich. Waren die auf derselben Veranstaltung?
Wider Erwarten zeigt rp-online den bunten, frohen, klugen und nötigen Protest der Schüler und Studenten, wohingegen derwesten das Martialische der Polizisten und die Rangeleien und Konfrontationen mit den Sitzblockierern (laut Polizeiangaben 5% der Teilnehmer) hervorhebt.
So kann man auch Meinung gegen vermeintliche "Chaoten" machen. Deshalb sind viele, viele Blogs und private Bildstrecken wichtig, um einen Gesamteindruck zu bekommen.
Ja, und dann sitzt du da auf der Straße, und irgendwann kommt der Punkt, an dem dir aufgeht: Das sogenannte demokratische System ist so angelegt, daß dein ganzer Protest, dein ganzer Widerstand nur kanalisiert wird (im Demonstrationsrecht z.B.), weil er so das System am wenigsten stört und folgenlos verpufft. Du hast deiner Wut, deinem Protest Ausdruck gegeben, aber es ändert sich nichts. Die Herrschenden bleiben die Herrschenden, und haben dich prima ausgeknockt. (In "meinen Zeiten" waren es eben nicht nur "ein paar Schüler und Studenten", die demonstriert haben.) Ja, die verkaufen dir deine Machtlosigkeit sogar noch als demokratisches Grundrecht.
Das war der Punkt, an dem ich mich "ins Private" zurückgezogen habe, für viele Jahre. Aber irgendwann hältst du das auch nicht mehr aus. Der Freitagsblog ist für mich wieder ein Anfang. Mal sehen, wo's hinführt.
LG
Titta
Titta, einerseits hast Du recht. Andererseits:
Als ich gestern auf dem Markplatz in der Sonne lag und die Abschlusskundgebung um mich herum stattfand, dachte ich: Und jetzt? Zwei Stunden haben wir das Pack beim shoppen (!!!) gestört und sicher auch bespaßt aber nun ist alles beim alten.
Dann kam die Durchsage mit der immer noch blockierten Kreuzung. Ich bin dort hingegangen, weil ich die Hoffnung hatte, diese Blockade würde Auswirkungen auf die ganze Stadt haben, im besten Fall Menschen daran hindern zum shoppen (!!!) zu fahren und somit Geld zu kosten. Denn Geld ist ja das einzig wichtige in dieser Welt und nur wenn etwas teuer wird, wird man gehört.
Es ist die neue Kunstform der Demokratie:
Polizisten filmen Demonstranten, die Polizisten filmen die Demonstranten filmen.
Ich bin einiges gewohnt...gewöhnt (?)
DSDSD: Deutschland sucht den Super-Demonstranten...
Und was sagt Dieter:
Ja 'ne Du bis ja ganz gut sitzen geblieben aber als se dich weggetragen haben, has Du ganich gezabbelt, das war keine gute Show. EY WER HAT MEIN AUDDO ANGEZÜNDET!?
Das passt ja auch zum Wahrheitsministeriumsblog vom Idealisten. Mal sehen, was man morgen auf den Nachdenkseiten finden kann.
Ich frage mich immer: Wenn ich friedlich FÜR etwas demonstriere, warum sollte ich mich dann bis zur Unerkennbarkeit maskieren und dann auch noch auf ein Abfilmverbot bestehen (im Bewusstsein meiner Rechte, die mir dieser Sch...staat immer noch gewährt)?
Ich war schon mehrfach (in Göttingen) bei Demos als Beobachter zwischen dem "Schwarzen Block" und den Polizeiketten. Aggressiv kam mir dabei oft die vermummten Demonstranten vor - und die ansonsten braven (?) Bürger, die mal ihren angestauten Frust verbal gegen schlecht bezahlte Menschen in Uniform loswerden wollten...
Mein Guda, inhaltlich war die Message da, aber performance-mäßig is da noch Luft nach oben, sach ich ma. Dennoch biste im Recall...
@merdeister
Das hab ich hier schon an falscher Stelle eingefügt.
Es ist die neue Kunstform der Demokratie:
Polizisten filmen Demonstranten, die Polizisten filmen die Demonstranten filmen.
Leute in Düsseldorf lassen sich nicht am Shoppen hindern.
Nie!
Die einen wohnen da, die anderen fahren extra zu diesem Zweck dahin. Die ersten kochen sich derweil in der Küche eienen Kaffee, die anderen nehmen ihn in einem schicken Café zu sich. Man wartet ab, schüttelt den Kopf über diese Chaoten, und danach geht man zur Tagesordnung über: Shoppen, essen, fernsehen, wo man sich Bilder davon zeigen läßt, wie schrecklich alles war.
Streifzug, schon gelesen, gefallen, pointiert kommentiert und von Friedland verfeinert.
Es gibt doch nicht nur Enttaeuschungen bei einer Demo. Bei den meissten schon. Da stimme ich zu, aber wie bei meinem Beispiel dem Antiislamkongress kann man sehen, dass Aktionen zivilen Ungehorsams sinnvoll sind. Wenn da nicht 10000 Demonstranten gesessen haetten, sondern nur 1000 oder 2000 haette die Polizei vermutlich geraeumt und den Weg frei gemacht fuer die Rassisten.
Man sollte es auch mal von der anderen Seite sehen. Wenn es keinen Protest in den letzten Jahrzehnten gegeben haette wo staenden wir denn dann heute? Der Ueberwachungsstaat waere vollends ausgebaut,Deutschland an forderster Front in Afghanistan und im Amazonas wuerde kein Baum mehr stehen. Protest hilft auch das Schlimmste zu verhindern. Man hat zwar nach Jahren und Jahren das Gefuehl, dass sich nichts aendert, aber Einfluss hatte man doch.
Da hast Du recht. Es ändert sich schon etwas. Manchmal. Wie immer, wenn man ein Ziel hat, muß man sich klar sein, daß man verdammt dicke Bretter zu bohren hat.
Aber wnn Du scheibst: >Der Ueberwachungsstaat waere vollends ausgebaut,Deutschland an forderster Front in Afghanistan und im Amazonas wuerde kein Baum mehr stehen., wundere ich mich, wo Du lebst.
Was haben wir denn heute? Jeder unserer Schritte kann jederzeit von interessierten Kräften überwacht werden (Kameras, Internet, RFID-Chips in Personalausweis und Reisepass, etc.).
Die Bundeswehr ist sicher nicht zum Kegeln nach Afghanistan entsandt worden.
Der Regenwald in Amazoniern wird weiterhin massiv geplündert.
Da hat Titta eben doch recht.
Ich denke auch an die massiven Proteste in den frühen fünfziger Jahren gegen Wiederbewaffnung Westdeutschlands. Die wurden einfach ignoriert. Die ehemalige BRD bekam doch wieder ein Militär.
...aufm Revier!
Sprechchöre in diesem Jahr:
"Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Bildung klaut!"
"Bildung für alle und zwar umsonst"
Kleine Reflexionsstunde für Bildungsstreikende wäre sicher angeraten:
a) Was meinen wir eigentlich, wenn wir das fordern?
b) An wenn stellen wir diese Forderungen und warum?
c) Haben wir die Bedeutungen unserer Parolen selbst verstanden?
d) Wenn ja, was folgt daraus für unsere eigene kulturelle Praxis?
e) Setze deine eigene Frage ein - Eigensinn muss gespürt werden
Gruß Bildungswirt
Gedanken zum Sonntag:
Ich bin bei der Demo in Berlin mitgelaufen und kam nicht umher zu merken, dass die Polizei in der Haupstadt gut im Training ist.
Was denkt so ein Kopf dessen Brust kaum noch atmen kann vor schusssicherheit? Diese Abgebrühheit Mag an den alljährigen Mai -Kravallen liegen, ich weiß es nicht - nur frage ich mich (natürlich durch diese aktuellen Ereignisse geprägt) ob demonstrieren heute einfach mehr mit der Aufklärung der Bevölkerung zu tun hat als mit effektiven Protest gegen das 'System'. Besonders da selbst unsere Bildungsministerin noch nie gerafft hat was eigentlich unten los ist (und DIE hat sogar studiert)...
Als ich so gröhlend durch die Friedrichstraße lief kamen mir die neugierigen Blicke aus den vollverglasten Bürohäusern fast amüsiert vor. Es wurde das Blackberry gezückt und das Geschehen dokumentiert. Was machen diese geglätteten Menschen mit den Bilder und vorallem was denken und sagen sie dazu? Weiß eigentlich überhaupt noch jemand in diesem Land, dass Bildung nicht nur was für Schüler und Studenten ist? Hätte es einen Unterschied gemacht wenn jeder Student und Schüler geschlossen letzte Woche auf die Straße gegangen wäre?
Hätte dann das Polizeiaufgebot nicht gereicht - und was hätten wir strategisch am besten besetzen sollen? Ein Ministerium? Ein Wirtschaftsunternehmen? Oder lieber eine Bank? Oder doch einfach alles?
Alt-68ger Profs haben uns für unsere Planlosigkeit und mangelnde Nachhaltigkeit kritisiert. Da kann ich nur sagen: Ich bin verdammt froh, dass wir überhaupt mal wieder laut waren! Denn da draußen scheint ja keiner mehr darüber nachzudenken was überhaupt abgeht!
Mehr Schüler und Studenten als Polizisten auf die Straße? Das hieße also, aus der jetzigen Streikwoche zu lernen und in vier Wochen erneut auf die Straßen zu gehen, und dann aber wirklich alle!
Doch halt, da sind ja schon Semesterferien, Seminararbeiten zu schreiben, Praktika zu absolvieren, der Lebenslauf zu polieren. Dann eben wieder im Herbst, wenn das Wetter mitmacht und keine Klausuren anstehen und alle aus dem Urlaub zurück sind...
a) Der Erfolg in der Schule darf nicht von der Herkunft abhängen sondern vom Talent des einzelnen.
b) Geht es nicht darum ein Thema der Öffentlichkeit als solches vorzustellen?
c) Das denke ich nicht, allerdings kann ich jetzt auf die Frage nicht antworten, weil ich nicht genau weiß, worauf Du hinaus willst.
d) Mehr lesen? ;)
e) Fragen stelle ich immer wieder, wenn sie passen und mir einfallen.
Der Spiegel weist auf ein Gespräch mit Professor Dr. Ralf Dahrendorf (Universität Konstanz) über die Hochschulreform hin - von 1967!
www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,631521,00.html
Deshalb fehlt (mir) eine Stimme wie die des verstorbenen Lord Dahrendorf in der aktuellen Bildungsdiskussion.
Und es sieht or allem gut aus!
"Gnädige Frau, was haben Sie da für eine ungemein kleidsame Bildutng! Wo lassen Sie denn bilden?"
Einbildung ist ja auch ne Bildung.
Hallo Emu,
was du beschreibst, deine Gefühle, Fragen, Beobachtungen, deckt sich, abgesehen vom Thema/Anlaß, genau mit dem, was mich/uns vor 20, 25 Jahren auf den Demos bewegt hat.
Vor zwei Monaten habe ich mich mit einem dieser Bundespolizisten ausführlich unterhalten können, wir waren fast im gleichen Alter. Er saß im gleichen ICE wie ich, wg. randalierender Fußballfans. Wir sind ins Gespräch gekommen, haben uns erzählt von unseren damaligen Feindbildern und wie wir heute darüber denken.
Ich habe ihm erzählt von meinen Erfahrungen mit den SEK-Kräften von damals (O-Ton: Wenn's soweit ist, werde ich dir meinen Schlagstock zwischen die Beine rammen) und mit denen im Schwarzen Block. Und er hat mir erzählt, wie früher die Ausbildung war und was sich heute geändert hat. Wie er und seine KollegInnen sich fühlen bei Einsätzen, auch und gerade bei solchen, die sie selber kritisieren. Wie der Berufsalltag aussieht, u.a. wenig beziehungsförderlich.
Ich hatte einen sehr reflektierten, liebenswerten Menschen neben mir sitzen, der an den gleichen Dingen leidet wie ich. So eine Szene wäre mir vor 20 Jahren undenkbar gewesen.
Vielleicht ist das ja einer der Schlüssel. Die Kräfte zu bündeln. Die verschiedenen Seiten in ihren Gemeinsamkeiten zu erkennen und daraus gemeinsam etwas zu entwickeln.
Ach Emu, ich bin genauso ratlos wie du. Und wie alle anderen. Oder auch nicht. Vielleicht sind wir schon längst auf dem Weg und merken es nur noch nicht.
LG
Titta
Die gibt es nicht. Keine Generalisten mehr, sondern Atomisten - eben mit sehr begrenztem Blick ausgestattet, dazu mutlos und taktisch interessensgeleitet vermint.
@Titta
Wenn ich die da so stehen sehe frage ich mich auch was in so einem Kopf vorgeht. Deswegen haben mir die Sprechchöre wie "Samstags frei für die Polizei" auch wesentlich besser gefallen, als "Ihr seit nur gut bezahlte Hooligaans". Man muss also einen Weg finden, die Polizisten mit einzubinden oder zumindest ohne Gewalt mit ihr umzugehen. Die Fünf-Finger-Taktik ist da sicher ein Weg.
Am Rand habe ich auch einen älteren Beamten gehört, wie er Verständnis äußerte aber der Meinung war, die Blockade brächte die Aktion in Misskredit. Ein Feindbild sieht anders aus.
@ merdeister:
Wie immer, gibt es auf beiden Seiten die 'Guten' und die 'Bösen', nämlich die, die auf Randale aus sind, und die , die die Situation und die agierenden Menschen wirklich verstehen, vielleicht sogar unterstützen, und durch Freundlichkeit und Offenheit (die auch ruig witzig sein kann) die Lage zu entschärfen.
Nicht alle Polizisten sind reaktionär; es gibt sogar eine Gewerkschaft der Polizei.
Ach so, und natürlich sind nicht alle Demonstranten libral und/oder progressiv.
"Kleine Reflexionsstunde für Bildungsstreikende wäre sicher angeraten"
Da hast Du sicher recht. Eine Demo ist aber eher keine Gelegenheit zur Reflexion.
Ich finde es erstaunlich wer sich im Moment überhaupt an der 'Bildungsdiskussion' beteiligt und wer nicht. Ich hatte mir bisher eingebildet das ginge jeden in dieser Republik was an...
Einige Fragen an die Polemik:
Können ungebildete Menschen eine Bildungsdiskussion führen? Bzw. müssen die das wollen?
Ab wann wäre man dann ungebildet genug sich um sich dem Ganzen erleichtert zu entziehen?
Und warum reden vermeintlich hochgebildete immer noch nicht über darüber?
Das Problem sind noch nicht die intelligenten Menschen die fehlen, sondern die Medien, die suggerieren es gaebe sie nicht mehr. Wer kann sich denn heute noch eine Talkshow im Fernsehen vorstellen, wie damals Dutschke bei Guenter Gaus? Robert Kurz erklaert Krisentheorie bei Anne Will? Wenn ein Lafontaine sagt er koennte sich eine Post in Staatshaenden vorstellen gilt das schon als Tabubruch und die mainstream Medien wuerden ihm am liebsten auch noch das dritte Reich, Klimawandel und Hiroschima in die Schuhe schieben.
Hallo Emu,
auf einem leicht anderen Hintergrund haben der Idealist, Friedland und ich das schon andiskutiert. Vgl. unter:
www.freitag.de/community/blogs/roberto-j--de-lapuente/es-eskaliert#comments
Liebe Grüße
Titta
Lieber Merdeister,
gut, dass es überhaupt zu Bildungsstreiks kommt und nicht Grabensruhe herrscht. Jede "Bewegung" sollte sich aber selbst reflektieren und zwar in der Spanne und Tiefe.
Die Kommentarfunktion ist hier zu umständlich - wir treffen uns gern mal bei mir im "öffentlichen Wohnzimmer, Aachen ist nicht so weit und besprechen das ausführlich mündlich.
Nur soviel:
a) Wer von Talent oder Begabung spricht, ist dem naturalistischen Gesäusel (und der darüber begründeten Selektion) schon auf den Leim gegangen.Bildungstheoretisch bedeutet das ein Rückfall in die 50er Jahre. Eine Abiturientenquote von 75% bis 2020 wäre bei einer konsequenten Umsteuerung der Bildungspolitik möglich. Das Gymnasium ist die moderne Volksschule ....
b) Man stellt nicht das Thema als solches in der Öffentlichkeit vor, sondern es geht um Definitionsmacht, was Bildung ist bzw. sein könnte. Die Studenten überlassen das viel zu sehr den Medien.(Großes Lob: Die You-tube-Videos zum Auftakt des geplanten Streiks waren gelungen -dann kam kaum noch etwas)
c) Bildung umsonst? meint weitgehend kostenfrei, also keine Studiengebühren. Ansonsten ist Bildung glücklicherweise nicht
"umsonst" zu haben. Sie erfordert Eigensinn, Zeit und Arbeit/Selbstdisziplin.
d) Stelle auch unpassende Fragen!
Noch ein aktueller Lesehinweis in der Sache:
www.freitag.de/community/blogs/bildungswirt/hochschulen-als-quadenfabriken
Gruß BW
@DAttel
Stimme deiner Korrektur/Akzentverschiebung zu. Die Medienpräsenz ist aber nur ein Tiel der komplexen Problematik.
Natuerlich. Damals gehoerte es zur Allgemeinbildung sich mit solchen Themen und politischen Einstellungen auseinanderzusetzen. Auch wenn das Publikum reaktionaer und konservativ war konnte es dennoch die Diskussion auf diesem Niveau mitverfolgen und kritisieren. Die Kritik mag dann egoistisch und kapitalistisch ausgefallen sein, aber es kam noch eine Kritik. Die Menschen waren noch politisiert und sich ueber die Veraenderungen im Lande bewusst. Man kann sich das heute gar nicht mehr vorstellen. Das so etwas vor 30/40 Jahren existiert hat und dann guckt man sich die Menschen in Deutschland heute an. Der Konsumismus hat das alles weggefegt und nun tragen die Medien symbolisch die letzten Intellektuellen zu Grabe, um sich auch diese gesellschaftliche Funktion vollends anzueignen.